Crystal Yorkshire Alpha 1: Angriff der Flukes
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Bei dem Buch von André Linke war ich vorbereitet. Schon auf dem Klappentext wird auf Brüche¸ Verstöße gegen Literaturregeln und viel Nonsens hingewiesen. Ich war gewappnet. Dachte ich. Das Leben ist hart¸ brutal¸ gemein¸ grausam und ungerecht¸ um nur die positiven Seiten aufzuzählen. Das Buch auch. Zumindest in der Hinsicht¸ es einfach durchlesen zu wollen. Also versuchte ich anders an das Buch heran zu gehen. Ich lümmelte mich also auf die Rückbank des menschlichen Taxifliegers Dennis Stevens und seines Begleiters. Dennis war auf dem Weg zu einer Oma¸ die ein Taxi bestellt. Während ich mich auf dem enger werdenden Rücksitz herumlümmelte¸ weil einige zusätzliche Leser einstiegen¸ hörte ich dem belanglosen Geplapper des Taxifahrers und seines Aliens¸ einem Lurder zuhörte. Wobei Alien ist ja falsch¸ wie wir als Mitfahrer bald erfahren. Die Erde gibt es nicht mehr und damit auch keine außerirdische Lebensform. Es gibt noch ein paar Menschen im Weltall (in dem es ständig still ist¸ was mir nach der fünften Wiederholung mächtig auf den Sack ging) aber eben ohne Erde. Damit könnte man der Meinung sein¸ sie sind eine aussterbende Spezies. Das Taxi kommt aber nie dort an¸ wo es soll¸ sondern landet auf dem Wuchamond. Zwangsläufig und ziemlich verbeult. Man stelle sich einen landenden Albatross vor. So ungefähr. Man wird dabei auf der gedachten Rückbank im Taxi heftigst durchgeschüttelt. Nicht nur wegen einer Handlung¸ die noch nie einen Faden gesehen hat¸ oder wegen den Stilbrüchen¸ sondern ganz allgemein. Vor allem aber weil zwei 16jährige Mädles mit einem Raumschiff durch die Gegend juckeln und eigentlich nach Crystal Yorkshire Alpha wollen. Das Taxi von Dennis ist Schrott und so werden er und sein Begleiter kurzerhand mitgenommen. Crystal Yorkshire ist eine Agentenschule und man heuert bereits sehr junge Leute an¸ um sie entsprechend auszubilden. Das haben Jugendbücher so an sich. Ab und zu kommen Erwachsene vorbei¸ brüllen und gehen wieder. Das haben Erwachsene so an sich.
Ich würde ja gern so etwas schreiben wie: André Linke baut einen ihr eigenen Stil auf. Vielleicht hätte sie Legosteine nehmen sollen¸ die hätten gehalten. Normalerweise fahre ich über literarische Autobahnen¸ es werden sich an Literaturregeln gehalten¸ Abfahrten und Kreuze werden rechtzeitig genannt und man liest bequem. Aber hier habe ich einen Feldweg gefunden¸ auf dem es ruckelt und ein stilistisches Schlagloch in das nächste führt¸ so dass selbst ein verbaler Gipsverband einen Stilbruch nicht mehr heilen kann.
Aber ich war ja vorgewarnt. Dachte ich. Also was haben wir hier? Einen SF-Roman? Ja¸ es kommt Weltraum¸ angreifende Flotten und Weltraumtaxis drin vor. Einen Krimi? Ja¸ es kommt eine Entführung vor und natürlich gibt es die Geheimagenten. Eines Liebesschmonzette? Aber natürlich¸ schließlich gibt es jede Menge Mädchen. Und was noch? Ein Monolog¸ eine Biographie¸ ein philosophisches Werk. Von jedem ein wenig. Nur keine Technik und keine Naturwissenschaften.
André Linke schrieb ein Buch¸ dass man nicht so einfach durchlesen kann. Das Buch erfordert die ganze Aufmerksamkeit oder man überblättert Seiten. Etwa die¸ wo sie dem Leser einen Disput darüber aufzwingen will¸ warum er das Buch liest. Die Gegenfrage¸ die ich stelle ist¸ warum hat sie es geschrieben?
Ihre Personen haben einen Vorteil¸ sie sind richtig lebensecht. Ein saublöder Dennis¸ eine zickige Ashley¸ eine pubertierende Kessie¸ nervende Lehrer¸ ekelhafte Fremdintelligenzen¸ arbeitslose Götter (weil niemand mehr an sie glaubt) und anderes mehr.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355