Chronik der Hüter 3: Hüte sich wer kann
Mit freundlicher Genehmigung von: |
Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
"Hüte sich wer kann" ist Tanya Huffs dritter Schlag wider allen Klischees und Schubladen in Horror, Fantasy und Alltag im Zuge ihrer Reihe "Chroniken der Hüter".
Diana Hansen ist Hüterin - Hüterin, Schülerin und Teenager, um genau zu sein. So freut sie sich unbändig auf den letzten Schultag, denn dann kann ihr erster Ruf kommen. Hüterinnen beschützen die Welt vor den Handlangern des Bösen und verfolgen Rufe, Störungen in der Realität, auf die eine Hüterin aufmerksam wird. An ihrer Seite stehen als weise Ratgeber Katzen. So konnte man in Band eins verfolgen, wie Dianas große Schwester Claire erfolgreich die Hölle aus dem Hotel Elysium verband, während in Band zwei zu erfahren war, wie Diana zu ihrem Kater kommt: Sam.
Und so ist es auch schon eine Minute nach dem letzten Bimmeln der Schulglocke so weit, ein Ruf ereilt Diana. Etwas stimmt in einem Kaufhaus nicht; kurz gesagt, wenn wahnsinnige Preise tatsächlich wahnsinnig machen, ist das Böse auf dem Vormarsch. Dabei befindet sich das Center ganz in der Nähe von Claires alter und neuer Wirkungsstätte: dem Hotel Elysium. Wenn das kein Wink ist, in dieser Sache gemeinsam vorzugehen, dann wär die Hölle wohl nicht schizophren und würde nicht in Großbuchstaben sprechen...
Dummerweise müssen die beiden Schwestern feststellen, dass der Übergang im Kaufhaus nur für sie und den Jungkater Sam funktioniert, nicht aber für Claires erfahrene Katze Austin, der so mit Claires Freund Dean zurückbleiben und das Hotel Elysium behüten muss. Das Kaufhaus ist auf der Gegenseite ganz vom Bösen verzehrt. Wirklich ganz? Nein, ein kleines Nest von Elfen leistet erbitterten Widerstand gegen die Schergen des Bösen und solange diese nicht vertrieben werden, kann das Kaufhaus aus dem Jenseits nicht komplett ins Diesseits wechseln. Und so bleibt es an den Hüterinnen und natürlich an Sam kleben, die Elfen und ihren Anführer Arthur zu unterstützen.
Dean und Austin haben ganz eigene Probleme. Zu Gast im Hotel ist ein skurilles Päarchen, Dr. Rebik und seine Freundin Meryat. Nur ist Dr. Rebik Ägyptologe und seine Freundin eine rund 3.000 Jahre alte Mumie. Zu allem Überfluß ist da noch der Doktorand vom Doktor - Lance - der einfach nicht an die Liebe zwischen zweien glauben will, deren Alter so weit auseinanderliegt...
Tanya Huff eröffnert erneut einen, genauer gesagt zwei, wilde Plots, bei dem sie gekonnt mit Klischees spielt, beide Stränge an Stellen verbindet, an denen man es sicher nicht erwarten würde und einleuchtene Erklärung dafür parat hat, warum Dinge so sind, wie sie sind. Beispielsweise ist das Teleportieren wesentlich schwieriger geworden ist, seit man Gefahr läuft, in einem Programmkino zu landen, wo noch "Angriff der Klonkrieger" läuft...
Beim ersten Ausflug in eine andere Realität macht Huff den Leser auch mit zahlreichen Aspekten ihres Universum vertraut und arbeitet mit frischen Ideen. Ein interessanter Ansatz ist beispielsweise, dass der Wille die jenseitige Welt formt und man entsprechend vorsichtig umgehen sollte mit Aussprüchen und Flüchen wie "Zum Teufel!" oder vor Scham in den Boden sinken zu wollen...
Ihre Welt präsentiert sich als ironische Variante der Unserigen irgendwo zwischen der Welt der Dunkelheit, Buffy und Sabrina. Im Jenseits erlaubt sie sich einige neue Regeln, die etwas absurder geraten als in den Vorbänden. Aber gerade die Bereitschaft auch neue Facetten einzuführen, macht den Band wieder lesenswert. Statt einen alten Plott nochmal an- und aufzuwärmen, wird konsequent eine neue Geschichte erzählt.
An Preis und Umfang hat sich nichts geändert und auch nicht am fantastischen Cover und Buchrücken. Auf mattschwarzem Hintergrund stürzt ein Basilisk ins Bild, edel in hochglanzschwarz aufgeprägt sind Tatzenabdrücke, die sich auch auf dem Buchrücken wiederfinden. Im Regal ein echter Augenschmaus. Etwas verwundert darf man über den Titel "Hüte sich wer kann" sein. Im Vorwort hebt die Autorin nämlich hervor, auf welch ungewöhnlichen Weg die Autorin den Namen gefundet hat und dankt der namenlosen Person für den "perfekten Titel". Allerdings ist der Originaltitel "A long, hot summoning", was weit entfernt scheint von "Hüte sich wer kann"...
Fazit: Zum dritten Mal legt die Autorin einen anspruchsvollen, humorvollen und vor allem unabhängigen Roman vor, der gelungen auf den ersten beiden Teilen aufbaut und konsequent neue Aspekte einführt. Auch das Äußere ist wieder von außergewöhnlicher Qualität, was man für knapp 12 Euro auch erwarten kann.
Eine Rezension von: Ingo 'Greifenklaue' Schulze https://greifenklaue.wordpress.com/