Camp Concentration
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
CAMP CONCENTRATION erschien zuerst als eine Serie im Magazin NEW WORLDS. Manch einer der damaligen Kritiker meinte¸ Thomas M. Disch würde damit der britischen New Wave näher stehen als der amerikanischen SF. Das Buch erzählt die Geschichte des Kriegsdienstverweigerers Louis Sachetti¸ der im Lager Archimedes inhaftiert wurde. (Es könnte aber auch Thomas M. Disch selbst gewesen sein¸ dessen Militärlaufbahn mit einem dreimonatigen Aufenthalt in der Psychiatrie endete). Zunächst in einem normalen Gefängnis inhaftiert wird er bald in ein Konzentrationslager überführt. Die Lagerärzte des unterirdischen Komplexes experimentieren an ihm und seinen Mitgefangenen mit einem mutierten Erreger namens Pallidin. Pallidin ist eine Syphillis-Abart. Der Erreger steigert bei den Inhaftierten¸ die sowieso schon zu den Intellektuellen gehören¸ die geistigen Fähigkeiten. Dies scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv zu sein. Die Nebenwirkung ist es jedoch¸ die die Wissenschaftler im Auge haben. Die Lebensdauer der Versuchsobjekte sinkt auf einige¸ wenige Monate.
Louis Sachetti erlebt die Höhen und Tiefen einer gesteigerten Intelligenz. Damit einher geht eine Todesangst¸ die in reine Verzweiflung umschlägt. Dies schlägt sich vor allem in den Tagebucheintragungen nieder.
Im letzten Moment überlebt Louis seinen sicheren Tod. Dieser vollkommen unlogische Schluss des Romans hat Thomas M. Disch bei den Kritikern viele Sympathien gekostet¸ die er durch eine wachsende Leserschaft aber wett machen konnte.
CAMP CONCENTRATION ist ein sehr eindringlich geschriebenes Buch ein bedeutendes Werk der Science Fiction. Ganz deutlich zeigt Thomas M. Disch auf¸ wie Regierungen mit der eigenen Opposition umgehen. Unbequeme Menschen werden aus dem Weg geräumt¸ den Mahnern kein Gehör geschenkt¸ sondern mundtot gemacht. Trotz seines glücklichen Endes für den Haupthandlungsträger bleibt der Roman düster und sehr pessimistisch. Und weil seine Handlungsträger als Mahner sehr stimmlos sind¸ wird der Autor selbst dazu. Er fordert mit seinem Buch eine kritische Betrachtung der Regierung heraus¸ wird geradezu zu einem intellektuellen Duellanten¸ dessen Gegner¸ die Regierung¸ nicht antritt. Diesen Bezug von Fiction zur Wirklichkeit war damals nicht üblich. Der literarisch mahnende Tastendruck der Schreibmaschine zeigt deutlich¸ zu welchen Mitteln eine Regierung greifen kann und welch schmaler Grat es ist¸ sie auch anzuwenden. Ein kritischer Roman¸ der auch in der deutschen Übersetzung Gertrud Baruch nichts an seiner Eindringlichkeit verliert.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355