Camouflage
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Die Erde¸ ein abseits gelegener Dreckklumpen im Orion-Arm der Milchstrasse wird für eine ausserirdische Raumkapsel mit ihrem Piloten zum unfreiwilligen Exil. Um zu überleben muss der Pilot seine Fähigkeit als Gestaltwandler einsetzen. In der Gestalt eines Hais¸ einer Fischart¸ die sich seit Millionen Jahren auf der Erde kaum veränderten¸ durchstreift er das Meer. Der Nachteil¸ in der Gestalt des Hais die Ozeane zu durchstreifen¸ ist das Vergessen. So weiss er bald nicht mehr¸ wer er ist und woher er kam. Erst viel später beginnt er wieder sich seines Wesens zu erinnern¸ doch könnte es bereits zu spät für ihn sein. Denn im Jahr 2019 herrscht schon lange der Mensch auf der Erde¸ erobert das Land¸ ganz langsam den Weltraum und noch langsamer die Meere. In einem Tiefseegraben vor Tonga havariert ein amerikanisches U-Boot. Offizier Jack Halliburton wird mit der Bergung des U-Bootes beauftragt¸ was ihm auch gelingt. Offizier Halliburton findet bei seiner Suche jedoch mehr als das havarierte U-Boot. In der Nähe findet er ein Artefakt¸ dass nicht von dieser Welt stammt. Er verschweigt sein um es selbst zu bergen und damit nicht nur berühmt zu werden¸ sondern es in jeder Art und Weise zu Geld zu machen. Aus diesem Grund kündigt Jack Halliburton seinen Dienst bei den amerikanischen Streitkräften. Gemeinsam mit dem Ingenieur Russel Sutton macht er sich auf¸ das Artefakt zu bergen. Die Sache ist ein finanzielles Risiko¸ dass er ganz bewusst eingeht. Denn wenn es ihm gelang¸ ein U-Boot aus der Tiefe zu retten¸ wird es ihm mit diesem Artefakt ebenfalls gelingen. Sein Plan geht auf. Vor der Küste von Samoa wird das Artefakt platziert¸ damit ein Team der NASA ihre Spezialisten hinschicken und das ungewöhnliche Objekt untersuchen kann. So ein Fund spricht sich schnell herum. Zuerst in der Fachpresse¸ dann auch in der Boulevard-Presse. Wen wunderts¸ dass sich dann der Besitzer des UFOs einfindet und Besitzansprüche stellt. Etwas verquer wird es¸ wenn dann ein zweiter Gestaltwandler auftaucht und ebenfalls Ansprüche stellt. Die an diesem Unternehmen Beteiligten sind relativ perplex ob der Ansprüche¸ die erhoben werden.
Die beiden Geschichten der Gestaltwandler werden jedoch relativ spät angesiedelt. So ist der erste der beiden Gestaltwandler erst ab den 1930er Jahren als Mensch auf der Erde¸ in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen. Auch der zweite spielt Mensch und doch sind die Ausrichtungen sehr unterschiedlich und sie sind nicht vom selben Volk. Das führt zu Missverständnissen und entsprechenden Handlungen. Der eine ist bereit aus Lust und Laune zu töten¸ der andere nur aus der Notwendigkeit heraus. So wird der Wechselbalg sehr viel menschlicher und als Frau und Geliebte des Ingenieurs Russel Sutton sehr menschlich¸ was ihn aber auch wiederum angreifbar macht.
Die Idee von nichtmenschlichen Besuchern auf der Erde ist nicht neu. Angefangen von Mikrowesen bis hin zu hochenntwickelten Ausserirdischen mit ebensolcher Technologie und / oder Ethik setzten bereits viele namhafte Autoren um. Gerade im Golden Age der Science Fiction war dieses Thema Gang und Gäbe. Joe Haldeman greift dieses Thema wieder auf und verhilft so den Lesern wieder zu dem Sense of Wonder¸ wie er von den Lesern vor Jahrzehnten als wissenschaftlichen Schauer über den Rücken lief. Nicht immer waren die Fremden aus dem All kriegerisch¸ wollten die Welt unterjochen. So auch hier¸ handelt es sich doch um die beiden Fremden¸ dem Chamäleon und dem Wechselbalg¸ eigentlich nur um Gestrandete. Hier erzählt Joe Haldeman sehr ausführlich von den beiden Fremden¸ beschreibt sie haargenau¸ soweit es bei Gestaltwandlern möglich ist¸ denn die Wesen lebten auf der Erde nicht nur als Fremde¸ sondern auch als Mensch¸ Tier oder Gegenstand.
Wer also eine Geschichte erwartet¸ die vor schnell und rasant ist¸ hauptsächlich um die Jagd auf die Ausserirdischen geprägt ist¸ wird herb enttäuscht. Im Gegenteil. Joe Haldeman schreibt in seinem Roman ruhig sachlich und ohne grosse Höhepunkte. Die Spannung fehlt¸ reizt aber gerade deswegen. Bis zum Ende des Buches hofft man praktisch darauf¸ jetzt¸ genau jetzt¸ passiert etwas. Leider ist das in manchen Bereichen nur der Wunschgedanke des Lesers. Und manches wird gar nicht erklärt. Etwa wenn es darum geht¸ warum das abgestürzte UFO doch noch abfliegen kann und der Pilot vor Jahrmillionen nicht in der Lage war¸ mit ihm durchzustarten. Auch an anderer Stelle bleibt Haldeman Erklärungen schuldig. Das Buch hat den Staub der letzten Jahrzehnte gleich mit im Gepäck. Denn der Autor schreibt so wie zu der Zeit¸ als sein Ewiger Krieg erschien. So als sei die Entwicklung an ihm vorübergegangen.
Das Buch selbst hat mir gefallen¸ es wurde mir nicht langweilig und war eine gute Unterhaltung. Der Stil ist ein wenig antiquiert¸ aber das gestatte ich dem Autor¸ wurde er doch 1943 geboren.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355