Bruderschaft vom Heiligen Gral 1: Der Fall von Akkon
Die Hafenstadt Akkon im Jahr 1291: Die letzte Bastion der christlichen Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land steht vor dem Fall. Jerusalem ging bereits im Jahr 1244 unwiderruflich an die Mamelucken verloren¸ die Belagerung Akkons stellt nur noch das letzte Kapitel der unvermeidbaren Vertreibung der Kreuzfahrer aus Outremer dar.
Doch Templergroßmeister Guillaume de Beaujeu hält eisern die Stellung¸ obwohl er wei߸ dass kein nennenswerter Entsatz aus Europa zu erwarten ist. Man hat das Heilige Land bereits aufgegeben. Bei einem der letzten trotzigen und vergeblichen Ausfälle der Templer werden Gerolt von Weißenfels und drei weitere Ordensbrüder im Chaos der hastigen Flucht von ihren Abteilungen getrennt und drohen den wütenden Sarazenen in die Hände zu fallen. Ein geheimnisvoller¸ uralter Mann im Habit der Templer rettet sie auf wundersame Weise: Staubböen blasen den Verfolgern ins Gesicht¸ die Erde tut sich vor ihnen auf und lässt sie stürzen.
Der alte Mann offenbart den vier verblüfften Templern ihre Bestimmung: Er gehört zur geheimen Bruderschaft der Arimathäer¸ deren Existenz sonst nur noch dem Großmeister der Templer bekannt ist. Sie sollen das größte Geheimnis der Christenheit vor den Ungläubigen bewahren: den Heiligen Gral.
Während Akkon untergeht¸ erhalten die Vier ihre Weihe zu Gralsrittern. Doch die Schergen des Bösen sind bereits in Akkon eingedrungen und keineswegs mit den Moslems identisch …
Der Autor
Rainer M. Schröder (* 1951) beschreibt sich selbst als Mann mit vielen Neigungen und Talenten. Bevor er im Jahr 1977 zum Schriftsteller wurde¸ studierte er Gesang¸ später Jura und Theaterwissenschaften¸ arbeitete als Lokalreporter für rheinische Lokalzeitungen und den Rundfunk. Beeinflusst von Autoren wie Jack London und Joseph Conrad¸ unternahm er zusammen mit seiner Frau abenteuerliche Reisen¸ von den Everglades über den stürmischen Nordatlantik bis in die australische Wildnis. Zusammen mit dem berühmten Schatztaucher Mel Fisher tauchte er nach der spanischen Schatzgaleone Atocha¸ diese Erlebnisse verarbeitete er in seinem Abenteuerroman "Das Goldriff". Heute lebt er in Palm Coast¸ Florida.
Während Rainer M. Schröder in Deutschland vor allem als Jugendbuchautor mit Schwerpunkt auf historischen Themen bekannt ist¸ veröffentlichte er unter dem Pseudonym Ashley Carrington umfangreiche historische Gesellschaftsromane für ein erwachsenes Publikum. "Der Fall von Akkon" stellt den ersten Band der Trilogie "Die Bruderschaft vom Heiligen Gral" dar¸ mit der Rainer M. Schröder sowohl jugendliches als auch erwachsenes Publikum erreichen will.
Historie mit Indiana-Jones-Einschlag
Geballtes Recherchewissen und Detailreichtum erwarten den Leser von der ersten Seite an: Von Organisation und Tagesablauf der Templer¸ dem Verhältnis der Ritterorden untereinander und der politischen Situation zu dieser Zeit bis hin zur Bauweise von Belagerungsmaschinen sowie der Befestigungsanlagen Akkons trumpft Schröder auf. Dabei geizt er nicht mit hilfreichen Fußnoten und Erklärungen: So ist zum Beispiel "Outremer" nichts anderes als eine altfranzösische Bezeichnung für das Heilige Land¸ die ganz einfach und nachvollziehbar als "Übersee" übersetzt werden kann. Ebenso wird erklärt¸ warum die Tore Akkons in einem rechten Winkel hinter den Mauern liegen: So wird der Einsatz schwerer Rammböcke durch den Knick und Platzmangel verhindert¸ die Schwachstelle Tor lässt sich so auch besser verteidigen.
Am Beispiel der vier zu Gralsrittern aufsteigenden Templer wird auch plastisch dargestellt¸ wer damals in der Regel dem Orden angehörte: Sehr viele Templer stammten wie Gerolts übermäßig stolzer und spöttelnder Freund Maurice von Montfontaine und der Gründer Hugo von Payens aus Frankreich¸ nachgeborene Söhne aus Adelsfamilien wie Gerolt von Weißenfels wählten oft den militärisch organisierten Orden anstelle des Klosterlebens. Ein armer Ritter Christi war gewiss keiner der Ritter des Ordens¸ denn man musste mindestens das Vermögen haben¸ um drei Pferde und seine Ausrüstung selbst zu stellen. Als "Sergeanten" wurden dienende Brüder ohne den nötigen Stand oder materielle Güter bezeichnet¸ sie trugen einen schwarzen oder braunen Mantel anstelle des weißen Habits mit dem Beausant (rotes Templerkreuz). Woher der Ausdruck "Saufen wie ein Templer" stammt¸ demonstriert vor allem der Schotte McIvor von Conneleagh. Ungewöhnlich¸ wenn auch nicht unmöglich¸ ist Schröders vierter Templer¸ Tarik el-Kharim¸ ein Nachfahre christlicher Beduinen.
Die Schilderung der Belagerung und der Zustände in der Stadt ist sehr überzeugend gelungen¸ das fantastische Element stellt der vorerst namenlose uralte Gralshüter dar¸ der die Vier zu Gralsrittern weiht und ihnen die Segnungen des Grals demonstriert ‐ langes Leben¸ die Fähigkeit in allen Zungen (Sprachen) zu sprechen und für jeden der vier Ritter eine besondere individuelle Gabe …
Hier zeigt sich ein anfangs netter Indiana-Jones-Einschlag; der alte Gralshüter erinnert von seiner Erscheinung und seiner Geschichte frappierend an Steven Spielbergs "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug". Dieses Mal sind die bösen Feinde des Grals jedoch keine Nazis¸ sondern so genannte "Iskaris"; Menschen¸ die sich unter ihrem Anführer Sjadú (Judas-Anagramm) dem Fürsten der Hölle verschworen und sich nach dem Gottesverräter Judas Ischariot benannt haben. Ihr Ziel ist es¸ den Gral zu stehlen und zu entweihen; wie die Gralshüter besitzen sie übermenschliche Fähigkeiten. So sind sie fast nur durch Enthaupten¸ In-Stücke-schlagen oder einen Stich ins Herz zu töten. In Gegensatz zu den Gralsrittern riechen die Bösewichter aber lustigerweise leicht mufflig und verrottet; insbesondere für die geschärften Sinne eines Gralshütern sind sie so relativ leicht zu erkennen.
Bedenken habe ich hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Trilogie; zwar wird ausdrücklich darauf hingewiesen¸ dass die Fähigkeiten¸ die der Gral verleiht¸ sich nur langsam entfalten¸ aber wenn die Vier bereits in diesem Band Macht über Feuer¸ Wasser¸ Luft und Erde besitzen und Maurice bereits jetzt mit der Hand in einen Marmorblock eindringen kann¸ befürchte ich eine Mutation der vier Gralshüter zu Marvel-Superhelden nach Art der "Fantastischen Vier". In diesem Band halten sie sich jedoch glücklicherweise noch zurück.
Dieser Fakt¸ der bei Indiana Jones mit einem Augenzwinkern und Humor übergangen werden kann¸ passt hier leider nicht so Recht zur Geschichte¸ die zwar humorvoll geschrieben wurde¸ aber ernster und realistischer ist¸ sich an historischen Fakten stärker orientiert und besonders auf diesem Gebiet auch auftrumpfen kann. Der Schreibstil und die Sprache Rainer M. Schröders sind zwar relativ neutral und gehoben¸ dennoch dringt der Jugendbuchautor des Öfteren durch. Das zeigt sich auch in der Charakterisierung der vier sympathischen Helden: Gerolt ist ein ernster und pflichtbewusster Templer¸ der es mit Ehre und Pflicht oft etwas zu genau nimmt. Der Franzose Maurice ist dagegen eitel¸ standesbewusst und oft etwas vorlaut. Der schottische Hüne McIvor sowie Tarik¸ der die Weisheit der Wüste scheinbar mit Löffeln gefressen hat¸ runden so die recht stereotype Heldentruppe ab¸ was nicht heißt¸ dass sie nicht überzeugen könnte¸ ganz im Gegenteil. Die Abenteuer dürften auch abenteuerlustige Erwachsene mehr als zufrieden stellen; wer Jack London und Joseph Conrad liebt¸ wird Rainer M. Schröders Romane ebenso verschlingen. Die abenteuerliche Flucht der Templer aus Akkon quer über das Mittelmeer verschlägt sie schließlich bis nach Kairo und in höchste Gefahr für Leben und Gral …
Spannende Abenteuerliteratur in glänzender Aufmachung
Rainer M. Schröder hat den Bogen raus: Sein Roman ist nicht nur spannend und unterhaltsam¸ er ist auch exzellent recherchiert¸ sein Literaturverzeichnis im Anhang des Romans füllt sechs Seiten. So ist der Roman weitaus lehrreicher und gehaltvoller als gewöhnliche Abenteuerliteratur. Auch hebt er sich in seiner hochwertigen Aufmachung weit von der Masse ab: Bereits der Schutzumschlag mit dem silber glänzenden Schwertheft¸ dessen Hintergrund rautenförmig ausgestanzt ist und einen Blick auf drei Templer in typischer Ordenstracht zeigt¸ ist ungewöhnlich wertig und ansprechend. Ein silbernes Lesebändchen sowie der vorzügliche Druck und der mit schwarzen Ornamenten auf roten Grund verzierte Qualitätseinband laden geradezu ein¸ dieses hochdekorative Buch ins Bücherregal zu stellen. Hochwertiges Kartenmaterial rundet die positive Erscheinung noch weiter ab. Der Inhalt muss sich ebenfalls nicht verstecken und macht Lust auf mehr: Von 1291 bis zum Untergang des Templerordens im Jahr 1314 könnte sich die Trilogie erstrecken¸ mehr als genug Stoff für weitere packende Abenteuer der vier Gralshüter.
Der nächste Band der Trilogie scheint in Ägypten zu spielen¸ er trägt den Titel "Das Amulett der Wüstenkrieger" und wird voraussichtlich im Juni 2006 erscheinen.
Offizielle Homepage von Rainer M. Schröder: http://www.rainermschroeder.com/
Eine Rezension von: Michael Birke http://www.buchwurm.info/