Dies ist eine Rezension aus dem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Der zweite Band des Comics Barracuda ist wieder ein optischer Leckerbissen. Allein¸ wenn man die erste Seite aufschlägt¸ befindet sich der Leser in einem himmelhohen¸ reich verzierten Gotteshaus wieder. In aller Pracht zeigt uns Jean Dufaux den spanischen König vor einem Altar. Dabei bleibt das Augenmerk nicht nur auf dem üppigen Bild hängen¸ sondern zeigt gleichzeitig¸ wie das Königshaus untereinander umgeht. So verlangt der König von seiner Königin¸ sie solle aufhören zu atmen¸ solange er betet. Dann trifft der spanische König auf den Kapitän de la Loya¸ der im letzten Band die adlige Dame Dona del Scuebo verloren hat. Dieser soll sich an ein Totenbett begeben¸ wo ein Priester langsam dahin siecht und an nichts anderes denkt als einen wertvollen Edelstein¸ den Diamant von Kashar und nicht an die entführte Adlige¸ der der Edelstein gehört. Danach wird wieder in die Karibik umgeblendet. Mit der Landung des Piraten-Kapitäns Morkam wird die Geschichte fortgeführt und es setzt sich eine Ereignisreihe in Gang¸ die in einem vorläufigen Höhepunkt explodiert. Jean Dufaux stellt einige Einzelschicksale vor¸ die eines gemeinsam haben: Rachegeschichten. Wichtig scheint ihm zu sein¸ dass er mehrere Handlungsstränge aufbaut. Jeder Strang hat seine eigene Geschichte und Hintergrund an politischen Ränkespielen. Während der Leser den grossen Überblick noch nicht sein eigen nennt¸ verstricken sich die handelnden Figuren in ihren eigenen Plänen. Selbst einige der Charaktere¸ die aufgebaut werden¸ ahnen nichts von den Verstrickungen. Und jene¸ die die Verstrickungen in die Wege leiten¸ erzählen nichts darüber.Die Bilder von Jérémy sind eindringlich fangen die Welt der Piraten und all ihre Hässlichkeit mit Leichtigkeit ein. Sie besitzen romantische Elemente¸ eine sexuelle Komponente und natürlich auch wieder viel Gewalt. Hinzu kommt eine gewaltige Bildsprache¸ die sich auch in Vergleichen ergeht¸ etwa als ein Rotweinglas auf dem Sitz von Mr. Flynn zerbricht¸ während dieser gerade weit ab von diesem Ort erstochen wird. Die Bilder leben von der sehr wirklichkeitsnahen Darstellung von Menschen. Dazu kommen die Schauplätze¸ die nicht einfach nur Schauplätze sind. Allein schon das erste Bild¸ eine volle Seite in dem Comic¸ zeigt immenses Können und Detailverliebtheit.
Betrachtet man den Comic¸ die Bilder und die Texte¸ so haben sich hier zwei Männer gefunden¸ die in der Lage sind¸ eine spannende Geschichte zu erzählen. Warten wir nun auf den dritten Band¸ denn obwohl es so aussieht¸ als sei die Geschichte zuende¸ bleibt noch der Handlungsstrang um Hauptmann de la Loya¸ der seit dem Beginn des Comics nicht mehr auftrat¸ die Geschichte um Morkham¸ der einfach verschwindet¸ steht auch noch aus und andere Dinge mehr.