Bannwald
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Sie können nicht töten – als Anhänger der weißen Magie erschaffen sie nur. Seit Generationen lebt der friedliche Stamm der Leonen gefangen im Wald¸ gewaltsam unterdrückt vom Stamm der mörderischen Tauren.
Als die 17-jährige Robin auf den jungen Tauren Emilian trifft¸ ist sie sich sicher¸ dass er sie töten wird. Doch Robin gelingt es zu fliehen – scheinbar. Erst später wird ihr bewusst: er hat sie laufen lassen. Warum?
Als Robin dann ein Reh mit der bloßen Kraft ihrer Gedanken tötet¸ ist sie zutiefst erschüttert. Was ist mit ihr?
Robin trägt ein Geheimnis in sich¸ und es gibt nur einen¸ der davon weiß – ihr größter Feind.
Wie es dazu gekommen ist? Wie es immer zu so etwas kommt. Die Starken wittern die Macht und bezwingen die Schwachen. Wir¸ der Stamm der Leonen¸ sind Anhänger der weißen Magie. Die Magie der Natur. Wir heilen¸ wir erschaffen¸ wir tun Gutes.
Die anderen¸ der Stamm der Tauren¸ haben sich der schwarzen Magie verschworen. Sie herrschen kaltblütig¸ sie vernichten¸ sie töten. Auch uns. Aber das werde ich nicht länger zulassen.
Verlagstext
Julie Heiland hat Journalistik studiert. Parallel dazu hat sie eine Schauspiel- und Rhetorikausbildung absolviert und schon in einigen Fernsehfilmen mitgespielt. Julie Heiland¸ 1991 geboren¸ ist ein Multitalent. Ihre große Leidenschaft ist das Schreiben und hier ist sie ganz nah an ihren Leserinnen. Nach Bannwald ist Blutwald ihr zweiter Roman.
Bannwald ist ein Roman¸ in dem es mehrheitlich um gnadenlose Unter-drückung¸ Gewaltherrschaft¸ gemischt mit arroganten Machtansprüchen und Herren-rassendenken geht. Gleichzeitig auf der gegenüberliegenden Seite ein Gemein-schafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl. Mit dieser kurzen Einschätzung ist die kurze Inhaltsangabe sicherlich verständlicher.
Im Mittelpunkt steht die Ich-Erzählerin Robin¸ die zu den von den Tauren unterdrückten Leonen gehört.
Die von der Autorin Julie Heiland erschaffene Hauptperson ist ein sympathischer Charakter¸ in den sich die Leserinnen sehr gut hineinversetzen können. Sie ist stark¸ doch durchaus ihre Ängste¸ die sie zu beherrschen versucht und das spürt man. Sie besitzt ein grosses Herz¸ in das sie aber niemanden hineinsehen lässt. Auch ihre Gedanken sind verschlossen¸ lediglich die Leserin weiss¸ worum es geht und vor allem worum es Robin geht. So ist man immer auf der Höhe der Information und weiss genau Bescheid.
Die Leonen sind fast so etwas wie Sklaven oder Leibeigene der Tauren. Sie werden unterdrückt¸ und ihr kleiner Waldabschnitt wirkt wie ein Ghetto. Übertreten sie die Grenze sind sie auch schon der Willkür der Tauren ausgeliefert¸ was in den meisten Fällen mit dem Tod gleichzusetzen ist. Die Tauren sind Monster¸ oder zumindest werden sie so aus der Sicht der Leonen beschrieben¸ sie töten kaltblütig¸ handeln scheinbar ohne jedes Gewissen¸ verhalten sich grausam und sind definitiv eine tödliche Bedrohung. Der Stamm der Leonen ist ein friedliches VVolk und im Umgang miteinander sehr liebevoll. Allerdings müssen sie den Tauren Abgaben leisten¸ was dazu führt¸ dass sie selbst eine Art Hartz IV-Empfänger sind¸ so knapp leben sie am Existenzminimum. Bis zum Ende des Buches¸ es folgen noch zwei Teile¸ ist es nicht geklärt¸ warum die Stämme¸ denn es gibt auch noch andere Waldbewohner¸ nicht miteinander leben können. Völlig klar ist¸ dass die Leonen diese Situation nicht hinnehmen und sich gegen die Unterdrückung wehren werden. Dabei spielen die anderen Waldbewohner¸ allesamt den Sternzeichen angelehnt¸ sowie die nichtsahnenden¸ technisch hochentwickelten Menschen¸ erst einmal keine Rolle.
Zurück zur Hauptdarstellerin und ihren Nebencharakteren. Robin hat mir als Teenagerin gut gefallen und ihr tollpatschiger¸ manchmal etwas aufdringlicher Freund Laurin¸ ist ein guter Gegenpart. Gerade weil er ihr gegenüber Emilian helfen will¸ stellt er sich unbewusst gegen sie. Bei ihrem kleinen Stamm hat sie auch etwas Familie. Ihre leibliche Mutter wurde von Tauren getötet¸ der Vater ist nicht bekannt. So besitzt sie in der Pflegefamilie einen Vater und eine Mutter und zwei Schwestern.
Dann kommt es zur schicksalshaften Begegnung mit dem jungen Tauren Emilian. Diese Begegnung lässt Robin an ihrem bisherigen Weltbild zweifeln. Denn er lässt Robin laufen¸ als sie in seinem Gebiet landet und nicht nur das¸ er redet mit ihr¸ möchte sie kennenlernen. Robin wagt das gefährliche Abenteuer¸ denn sie weiss nicht¸ was er wirklich von ihr will und seine Stimmung könnte wieder umschlagen¸ ihr Tod wäre unausweichlich.
Emilian der offensichtliche Gegenpart zu Robin und wie bei Edward und Bella der gefährliche Teil wird zum Liebhaber. Erst nicht direkt¸ aber in den Folgebänden bestimmt. Ich habe ihn von Anfang an gemocht. Er ist einer der liebenswürdigsten Mörder¸ den ich in der Literatur finden kann. Wie alle Tauren ist er stolz und von sich eingenommen¸ ein wahrer Krieger mit Muskeln und Waschbrettbauch¸ einfach eine Augenweide. Aber auch scheinbar mit Hirn¸ denn er stellt sich nicht sonderlich doof an. In seinem Innern scheint sich ein guter Kern zu finden¸ ähnlich wie bei Yin und Yang. Denn auch Robin besitzt einen Kern¸ der gegen ihre Natur gerichtet ist. Sie kann töten. Das überrascht die Leser nicht¸ aber Robin¸ den Gutmensch¸ umso mehr. Durch die Begegnung mit Emilian¸ wird sie dazu angeregt umzudenken und anders zu handeln. Mit dem Lüften des Geheimnisses ihrer Geburt wird alles anders.
Der Schreibstil der Autorin war spannend¸ berührend¸ überraschend¸ die Sprache jugendlich und modern¸ die Charakter gut aufgebaut und abwechslungsreich. Dennoch gibt es Kritikpunkte. Für mich wirkt der Schreibstil oft etwas abgehackt. Viele kurze Sätze sind gut¸ machen eine Geschichte schnell und doch hat man manchmal den Eindruck eines Wettrennens. Wer ist zuerst fertig? Der Satz oder die Leserin. Manche Beschreibungen sind mir nicht ausführlich genug¸ andere wiederholen sich. Da hätte ich als Lektor/in doch ein verstärktes Augenmerk darauf geworfen.
Die Mischung aus Fantasy und Dystopie kam bei mir gut an.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355