Avalon: Projekt
Da hab ich mir ja mal wieder einen geleistet... Einen Gelegenheitskauf¸ und dann auch noch einen mit vielen Seiten... Und dann noch einen Hohlbein ... aber der Reihe nach...
Das Avalon-Projekt ist ein weiterer Roman aus der Feder der Schreibmaschine Wolfgang Hohlbein und gehört wohl grob in die Romanreihe rund um Hohlbeins Druiden¸ wie auch das Coverdesign suggeriert. Allerdings gibt es keinen entsprechenden Vermerk auf dem Buch¸ insofern sollte es auch ohne Vorkenntnisse zu verstehen sein und das war auch nötig¸ besagte Druidenbücher nenne ich nämlich nicht mein Eigen.
Hohlbein allgemein ist ja immer so eine Sache. Die einen feiern ihn als den neuen¸ deutschen J.R.R. Tolkien¸ aber das ist er sicher nicht. Andere verdammen ihn als miserabelsten Autor des Jahrzehnts¸ das ist er sicher auch nicht. Die Wahrheit ist wohl generell die Mitte: er ist ein recht guter Trivialliteraturautor mit einem riesigen Ausstoß und daher sehr wankender und schwankender Qualität¸ von sehr gut bis katastrophal.
Das Avalon-Projekt sticht da eigentlich aus der Masse der Werke nicht hervor¸ erregte nur aufgrund der mir an sich sympathischen Thematik meine Aufmerksamkeit: der Klappentext verkündet bereits¸ dass es um seltsame Vorgänge auf der Ölbohrplattform 'Avalon II' geht¸ und da ich Closed Room Mystery gerne lese¸ griff ich doch mal zu.
Im Detail: Protagonist des Werks ist der Versicherungsagent Rutger Harm (Deutscher¸ ich vermute¸ der zweideutige Name soll dennoch Englisch und somit 'cool' gedeutet werden)¸ der eben auf besagte Avalon gerufen wird¸ der Grund wird nicht näher genannt¸ lüftet sich dann aber irgendwann. Vor der Avalon II gab es¸ Überraschung¸ auch eine Avalon I¸ und die ist schon vor Jahren mysteriös verschwunden. Nun ist auch auf der Avalon II etwas sehr Seltsames geschehen¸ denn die komplette Besatzung ist verschwunden. Und wie man Rutger dann mehr oder weniger nachvollziehbar demonstriert¸ liegt das daran¸ dass die jetzige Ölbohrplattform wieder die Avalon I ist¸ als sei sie quer durch die Zeit ausgetauscht worden. Damit nicht genug: in einem der Stützpfeiler findet man eine junge Ökoterroristin von bedenklichem Gesundheitszustand und ein riesiger Sturm zieht auf. Tapfer macht sich Rutger auf¸ die Frau noch an Land zu bringen¸ gerät natürlich in den Sturm und wird darin von einem mysteriösen¸ mittelalterlichen Boot geentert¸ die Frau entführt. Als er letztlich aus dem Sturm wieder auftaucht¸ kehrt er zur Plattform zurück ... und die ist nun wieder die Avalon II. Und weil in dem Sturm auch noch der Sohn des Financiers verloren ging¸ beginnen seine Probleme nun erst recht ... wie auch die des Lesers¸ der nach dem wirren Auftakt wohl noch eine Steigerung erhoffte...
Hohlbeins Schreibe ist geübt und soweit auch bekannt. Er schreibt detailliert und generell wortgewandt¸ aber zugleich ohne erkennbar eigene Signatur. Er zeichnet sich durch nichts besonders aus¸ begeht¸ rein stilistisch¸ auch keine groben Fehler. Im Gegenteil¸ seine Schilderung der Avalon ist durchaus sehr stimmungsvoll geraten und gerade zu Beginn¸ als Rutger auf der Plattform eintrifft¸ ist man durchaus frohen Mutes und kann sich eine spannende Lektüre erhoffen.
Dennoch liest der Roman sich aus zweierlei Gründen zäh. Der eine ist eben genau in dem Detailgrad begraben¸ denn der Roman enthält auch so manche Actionszene und genau diese denen sich durch die enorme Beschreibungswut Hohlbeins oft unmenschlich in die Länge.
Der andere Grund ist die eigentliche Geschwindigkeit¸ mit der Hohlbein vorgeht. Eines seiner Kapitel geht ruhig mal 40 Seiten¸ enthält aber auch nicht mehr¸ als andere auf einem Viertel der Seiten zu sagen wissen.
Das¸ kombiniert mit der Länge des Romans¸ spannt die Nerven des Lesers schon auf eine nicht zu unterschätzende Folter¸ doch die eigentliche Handlung weiß das noch einmal zu toppen - sie ist oft schlicht Blödsinn. Die Charaktere sind platt¸ handeln vorhersehbar und das¸ obwohl die Handlung selbst keinem logischen Schema folgen will¸ außer vielleicht der stillschweigenden Unlogik eines Groschenheftes.
Die Mythologie¸ die Hohlbein zu spannen versucht¸ manifestiert sich lange nur in Unmengen von vierblättrigen Kleeblättern und das ist¸ gelinde gesagt¸ für einen doch eher auf 'reißerisch' angelegten Roman beileibe nicht genug. Die Repräsentanten der Mythologie drehen dem Leser auch oft den Magen um¸ wenn sie von Klischee zu Klischee taumeln und dabei geschickt jegliche Vernunft umschiffen. Das dann noch auf Gedeih und Verderb Namen und Situationen aus der Artusmythologie in die Handlung geprügelt wurden (so nennt man den Besitzer der Bohrplattformen gemeinhin auch 'King Arthur'...) gibt dem ganzen noch einen kaltherzigen Gnadenstoß.
Doch nicht nur im mythologischen Rahmen begeht der Roman seine Fehltritte¸ auch die technischen Details taumeln von Fettnäpfen zu Fettnäpfen. Seien es Glühbirnenfassungen¸ die eindeutig seit zwanzig Jahren nicht mehr hergestellt werden (?)¸ hohle¸ begehbare Stützpfeiler¸ auf denen die Avalon ruht (??) oder seine geniale Hacking-Software¸ die nicht nur alles per Mausklick hackt¸ sondern gleich auch noch Beweisrechner physisch (!) zerstören kann (???) ... Hohlbein lässt nichts aus¸ um selbst die Stirn eines bisher noch geneigten Lesers in Falten zu legen.
Fazit:
Was bleibt also? Eine an sich passable¸ nicht herausragende Schreibe¸ eine lange¸ langatmige¸ langweilig und bisweilen regelrecht schwachsinnige Handlung¸ die von einer schlecht durchdachten Mythologie (deren selbstbeweihräuchernde Peinlichkeit sich erst recht darin entlädt¸ dass der entscheidende Tag aller Ereignisse exakt Hohlbeins Geburtstag entspricht) und einer augenscheinlich nicht gerade herausragend recherchierte Umgebung getragen werden soll¸ lässt eigentlich nur einen Schluss zu: meidet diesen Roman! Wer einen guten phantastischen Thriller sucht¸ der sollte weiterhin zum 'Jesus-Video' von Andreas Eschbach greifen (dem Buch¸ keinesfalls dem Film)¸ und wenn es denn dann schon Hohlbein sein muss¸ erscheinen 'Azrael' oder 'Der Widersacher' weiterhin die besseren Alternativen zu sein. Aber 'Das Avalon-Projekt' bietet eigentlich schlicht nichts¸ was einen anreizen könnte¸ zuzugreifen ... außer vielleicht für Hohlbein-Druidenfans¸ aber das¸ wie gesagt¸ vermag ich nicht zu sagen...
Eine Rezension von: Thomas Michalski http://www.thomas-michalski.de/