Atlantis 1: Der Turm der Göttin
Göttliche Irrfahrt nach Atlantis
Der fünfbändige Atlantis-Zyklus der damals jungen Jane Gaskell entstand bereits 1966 ff und wurde bei Heyne bereits dreimal aufgelegt¸ zuletzt 2002. Heyne legte in den letzten Jahren neuerdings alte Pukallus-Übersetzungen wieder auf¸ wegen ihrer guten Qualität. Derzeit wird von ihm der Demon-Child-Zyklus von Jennifer Fallon ins Deutsche übertragen.
Handlung
In den ersten beiden Teilen des Zyklus macht sich das Heer des Nordlandes auf¸ Atlantis zu erobern. Auf dem Weg zum Südland¸ von dessen Küste aus zum Inselkontinent gesegelt werden soll¸ nimmt Feldherr Zerd¸ genannt "Der Drache"¸ einige Geiseln. Darunter befindet sich auch Cija¸ die von den Göttern abstammt. Cija führte¸ so die Fiktion¸ ein minutiöses Tagebuch¸ dank dessen die Autorin¸ die somit als Herausgeberin fungiert¸ die damaligen Ereignisse rekonstruieren konnte.
Cija¸ die ihre bisherigen 16 Lebensjahre völlig abgeschieden von der Welt verbracht hat¸ erhält den Auftrag¸ sich an Zerd heranzumachen¸ ihn zu heiraten und/oder zu töten. Von Anfang an besteht zwischen den beiden eine merkwürdige¸ von Hassliebe geprägte Beziehung.
Cija fällt auf dem Weg nach Süden einem lüsternen Statthalter in die Hände¸ tötet ihn und flieht vor dessen Mannen¸ dem Heer hinterher. In der Hauptstadt des Südens kommt es zu häufigen¸ meist blutigen Zusammenstößen zwischen den beiden Heeren¸ die sich einfach nicht ausstehen können.
Cija wechselt mehrmals¸ mehr oder weniger gezwungen¸ die Seiten und beschließt schließlich mehr oder weniger freiwillig¸ Atlantis vor der drohenden Invasion zu warnen¸ obwohl die Insel durch einen Gürtel luftleeren Raums geschützt ist. Zerd jedoch kennt die Formel¸ um diesen Gürtel zu sprengen. Wie sich zeigt¸ braucht sie sein Geheimnis nicht einmal.
Am Ende des zweiten Buches dieses Bandes landet Zerd auf Einladung der Atlanter ohne Gewaltanwendung auf der Insel. Cija fügt sich in ihr Schicksal und schließt sich Zerd an¸ der sie an seiner Seite zur Herrscherin über Atlantis macht.
Mein Eindruck
Das klingt wie eine an sich spannende Handlung¸ reich an Action und Erotik. Allerdings ist dem Leser kein Überblick gewährt¸ denn er erfährt nur so viel wie Cija¸ und die stolpert meist recht rat- und hilflos durch die Handlung - so scheint es zumindest. In Wahrheit orientiert sie sich stets an gewissen Werten in den ihr mehr oder wenig zufällig begegnenden Menschen¸ Werten wie etwa Prinzipientreue¸ Ehrlichkeit¸ Unschuld usw. Nun ja¸ das hat sie wohl aus ihren Büchern - sie war ja bislang von der Welt ausgesperrt.
Allerdings wäre sie mit ihrer Dominiertheit durch die männlichen Wesen (allen voran Zerd) einer Feministin ein richtiggehender Dorn im Auge. Den Verstand eines neugeborenen Kätzchen (nichts gegen Kätzchen!) paart sie mit den Instinkten eines solchen¸ ganz unterwürfiges Weibchen¸ das den Wünschen ihres Herrn und Meisters (wer auch immer das gerade ist) gehorcht. Das bisschen Eigeninitiative¸ das sie tatsächlich mal entwickelt¸ wird immer von Männern angestoßen und beendet. Von persönlicher Entwicklung irgendwelcher Art während ihrer Irrfahrten ist jedenfalls nichts zu bemerken: Sie wurschtelt sich so durch. Daher überrascht es auch keineswegs¸ dass sie Inzest begeht: einer ihrer Lover ist ihr Halbbruder ...
Die Übersetzung durch Horst Pukallus ist zwar erste Sahne¸ kann aber hin und wieder ins Altertümelnde verfallen. Das trägt durchaus zum Lokal- und Zeitkolorit bei.
Originaltitel: The Serpent 1+2¸ 1966
Aus dem Englischen übertragen von Horst Pukallus
Eine Rezension von: Michael Matzer http://www.buchwurm.info/