Ascheherz
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Das Mädchen Summer kennt weder ihren wirklichen Namen¸ noch weiss sie über ihre Vergangenheit bescheid. Sie kann sich nur noch erinnern¸ dass sie während eines Erdbebens von den einstürzenden Mauern eines Gebäudes begraben wurde. Wie sie von den Mauern sind ihre Erinnerungen verschüttet. Seit einem Unfall steht ihr Leben Kopf¸ und seit dieser Zeit wird Summer jede Nacht von Alpträumen über den sie verfolgenden Blutmann mit seinem tödlichen Schwert geplagt. Diese Verfolgungsangst sorgt dafür¸ dass sie ständig umzieht¸ um die Verfolger abzuschütteln. In der Stadt Maymar baut sie sich ein neues Leben auf und schließt sich einer Gruppe Schauspieler an. Finn ist ein Kollege¸ den sie näher an sich heranlässt und eine Beziehung aufbaut. Zum ersten Mal seit langer Zeit fasst sie vertrauen zu Jemanden. Während einer Vorführung in dem kleinen Zirkus versagt sie. Ihr Auftritt gerät zu einem Desaster¸ weil sie der Meinung war¸ den Blutmann aus ihren Träumen im Publikum entdeckt zu haben. Die Panik kann sie nur mühsam niederringen¸ bis sie sich endlich wieder in den Griff bekommt. Natürlich hat der Patzer auch Auswirkungen auf ihre Stellung. Der Blutmann schlug Finn nieder und verfolgt er Summer¸ die ihm gerade noch entkommen kann. Ein nächtlicher Überfall auf sie lässt in Summers Entschluss reifen¸ wieder einmal mehr zu fliehen. Sie versteckt sich in der leerstehenden Wohnung eines Hochhauses¸ um am nächsten Morgen mit dem Zug die Stadt zu verlassen. Am nächsten Morgen findet Summer eine schlanke Gestalt auf ihrem Balkon sitzend vor. Unbekleidet¸ nur mit einer grauen Schmutzschicht überzogen¸ wirkt er¸ was recht klar erkenntlich ist¸ nicht wie eine Bedrohung. Im Gegenteil¸ er behandelt sie sehr freundlich¸ so als wäre er ein vertrauter Freund. Er weicht nicht von ihrer Seite weicht und versucht¸ sie vor dem Blutmann zu retten. Die Sprache¸ die er benutzt¸ versteht Summer nicht¸ deswegen kann sie ihn nicht dazu bringen¸ mehr über sich zu erzählen. Dennoch gibt er sich mühe und Anzej¸ wie er sich nennt¸ lernt ihre Sprache. Gemeinsam fliehen sie vor ihrem aus dem Alptraum entsprungenen¸ bedrohlichen Verfolger. Das weite Land der Fjorde ist Andzejs Heimat¸ in das sie sich schliesslich mit einem Segler flüchten wollen. Hier jedoch tobtt ein Krieg. Ein Bündnis aus Baronen stellt sich Lady Tod entgegen. Die Totengöttin ohne Reich kann nur über ihre Diener Macht ausüben und will ihre Macht durch Landnahme demonstrieren. Summer und Andzej treffen im Hafenviertel auf Anwerber für den Feldzug gegen die dunkle Lady. Summer weigert sich¸ sie will nicht an einem Kriegszug teilnehmen. Egal gegen wen. Doch dann muss sie sich entscheiden.
Ascheherz ist der Nachfolger von Faunblut. Der Beginn des Buches mit einem Traum ist nicht neu und spätestens mit Bobby Ewing unter der der Dusche ein viel zu oft benutztes Mittel. Die Frage die sich den Leserinnen stellt ist¸ wer ist die junge¸ abweisende junge Frau? Die Leserinnen sind genauso uninformiert über Summer wie sie selbst. Und aus diesem Grund ist es eine fesselnde Geschichte¸ denn mit jedem Hinweis auf ihre Vergangenheit sind der Spekulation darüber Tür und Tor geöffnet. Im Verlauf der Handlung werden immer wieder Bilder aus ihren Träumen eingestreut. Die Erinnerungen daran helfen ihr aber auch nicht viel weiter¸ denn es sind ausschliesslich Träume und diese müssen nicht wahr¸ sondern können trügerisch sein.
Nina Blazon beschreibt die Erzählung aus der Sicht von Summer¸ auf diese Weise können sich die Leserinnen sofort mit der Hauptfigur identifizieren. Mit viel Feingefühl werden die einzelnen Begebenheiten beschrieben. Sie erkennt nicht¸ wer Freund und Feind ist¸ weiss nur¸ instinktiv¸ der Blutmann ist der Feind. Er will Sie oder etwas von ihr. Summer zweifelt an sich¸ weiss sich nicht zu helfen und manches Mal sind ihre Handlungen in Frage gestellt. Nach und nach wird die Atmosphäre im Buch immer dichter und man will es gar nicht mehr aus der Hand legen. Wie in einem grossen Puzzle fallen die Informationen an ihren Platz¸ die Geschichte wird klarer. Der Vorhang des Vergessens lüftet sich und sorgt für Überraschungen.
Ascheherz spielt wie Faunblut in einer Welt¸ etwa neuen Jahre später¸ die der unsrigen zu Beginn des 20sten Jahrhunderts gleicht. Die Dampfeisenbahn fährt¸ Segler fahren über das Meer¸ die Höhe der Häuser ist begrenzt. Nina Blazon erschuf eine bis zum Ende durchdachte Welt.
Ascheherz ist eine Liebesgeschichte¸ die nicht so einfach zu verstehen ist. Düster¸ romantisch¸ mit fantasievollen Schauplätzen und glaubwürdigen Charakteren. Nina Blazon schreibt mit viel Fantasie und viel Spannung. Der feinfühlige Schreibstil liest sich flüssig und die Autorin lässt den Leser am Anfang noch recht unbedarft im Dunkeln stehen. Stilistisch benutzt sie meistens treffende¸ bildhafte Beschreibungen. Sie schreibt über Gefühle¸ beschreibt Abenteuer¸ stellt faszinierend Landschaften und ungewöhnliche Bewohner ihrer Welt vor. Dabei greift sie Märchenmotive und alte Mythen und Sagen auf.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355