Dies ist eine Rezension aus dem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Das Buch Alif der Unsichtbare ist ein interessanter und abwechslungsreicher Erzählband¸ der an die Cyberpunk- / Shadowrun-Romane 1980er¸ 1990er Jahre anschliesst. Das scheint gerade wieder Thema zu werden¸ denn auch andere Autoren greifen das Thema wieder auf. Der Roman erhielt den “World Fantasy Award”¸ aber ich weiss nicht warum¸ denn sonst hätte man viele andere Bücher ebenfalls mit diesem Preis auszeichnen müssen. Klar ist¸ dass die arabische Welt im Westen nicht sonderlich häufig als Ort der Abenteuer und Geschehnisse auftritt. Vielleicht liegt es daran¸ der quasi exotische Schauplatz¸ als Preiswürdig zu empfinden. Dabei greift die Autorin durchaus auch auf das Tagesgeschehen zurück. G. Willow Wilson nimmt Bezug auf den sogenannten Arabischen Frühling. Im Mittelpunkt des Geschehens steht das Schicksal des jungen Computerhackers Alif (übrigens¸ das Alif¸ ألف alif ¸ ist der erste Buchstabe des arabischen Alphabets. Er lebt in den Arabischen Emiraten und seine Hauptbeschäftigung ist das virtuelle Verbergen von Landsleuten. Deren Seiten und Meinungen sollen zwar im Internet erreichbar sein und veröffentlicht werden¸ doch sollen sie gleichzeitig vor der Geheimpolizei und ihren fragwürdigen Befragungsmethoden wie Folter oder gar Tod¸ im schlimmsten Fall beides¸ geschützt werden. Wer bereit ist zu zahlen¸ egal welcher religiösen Konfession oder politischen Richtung er oder sie angehört¸ Alif bietet ihnen Sicherheit im Internet. Die amerikanische Autorin¸ selbst zum islamischen Glauben übergetreten lässt nichts anbrennen. Die Erzählung besteht aus einer Mischung von Märchen¸ Science Fiction¸ Krimi und Liebesgeschichte. Letztere ist zwar wichtig und hält sich einigermassen im Hintergrund¸ aber war für mich nicht Zielführend. Alif ist unsterblich in die reiche Tochter des Nachbarn verliebt. Jene möchte standesgemäß heiraten und auserkoren wird ausgerechnet der mächtigste Geheimpolizist des Landes. Natürlich erfährt er¸ dass er einen unschicklichen und vor allem unerwünschten Nebenbuhler hat. Schnell steht Alif auf der Abschussliste des Geheimdienstes. Auf der Flucht wird ihm ein wertvolles Buch mit dem Titel „Tausend und ein Tag“ überlassen. Nicht von Menschenhand geschrieben erfährt er bald von der Welt der Dschinn und Fabelwesen. Auf der Flucht lernt er Vikram den Vampir kennen¸ sowie einige andere Wesen. Vikram (ein Hindu-Name und bedeutet der Weise erweist sich zwar als Hilfe¸ aber im Vordergrund steht doch Alif und als Eminen im Hintergrund eine unscheinbare Konvertitin.Mir persönlich war das Buch zu lang¸ die Seitenzahl hätte durchaus gekürzt werden können¸ wenn man belangloses ersatzlos gestrichen hätte. Es geht nicht um die Seitenzahl an sich¸ sondern überflüssige Satzwüsten. Als gelungen kann man jedoch die glaubhafte Beschreibungen der Umgebung bezeichnen. Gerade die sozialen Kriterien wie Klassen¸ soziale Position etc werden von mir dementsprechend honoriert. Allerdings lässt die Beschreibung der tatsächlichen Gegenwart etwas vernachlässigt. ich bin zu der Überzeugung gekommen¸ diese Beschreibungen sind das Ergebniis von TV-Nachrichtensendungen.
Was auf den mässig sympathischen Helden zukommt¸ kann man nur erahnen¸ ein Plus der Erzählung ist¸ dass man als Leser nie weiss¸ was auf der nächsten Seite passiert. Als der Roman 2012 geschrieben wurde¸ lief der Arabische Frühling¸ der jedoch schon lange wieder zu Ende ist¸ da die alten Machthaber und Militärs noch grausamer wieder herrschen. Mit diesem Buch sollte wohl auch ein wenig Sozialkritik geübt werden¸ die jedoch nicht ganz zum Tragen kommt.
Wer etwas Ähnliches lesen möchte sei auf Sergej Lukianenko mit seinen Büchern um TRIX verwiesen. Als Zusammenfassung ist das ein abenteuerliches Buch¸ gut zu lesen. Schöne Unterhaltungslektüre.