Obsidian: The Age of Judgement
Die Welt
Obsidian spielt im Nordamerika des Jahres 2299. Normalerweise erwartet man in so ferner Zukunft¸ daß die Menschheit zu den Sternen reist¸ Hunger und Krieg auf der Erde unbekannt sind und jedermann glücklich ist. Und fliegende Autos. Obsidian ist anders. 95% der Menschheit sind tot¸ ein Großteil der Erde is verwüstet und unbewohnbar. Schuld daran waren die Dämonen aus der Hölle. Nachdem die neun Kreise der Hölle jahrtausendelang die Menschheit eher indirekt beeinflußt haben¸ waren sie 2029 das erste Mal in der Lage¸ ein Portal zwischen der Erde und einem Kreis der Hölle zu öffnen und sich so auf der Erde zu manifestieren. Ein Krieg zwischen der Menschheit und den Dämonen (und ihren menschlichen Helfern) begann¸ in dem die Menschheit schnell den Kürzeren zog. Die Waffen der Menschen waren gegen die Dämonen beinahe wirkungslos¸ so daß die Dämonen ungestört wüten konnten. Die Menschen gaben ihre Städte auf und zogen in kleinen Trupps über das Land¸ daß mehr und mehr den Kreisen der Hölle ähnelte. Eines Nachts erschien 45 Soldaten eine Erscheinung¸ die sehr einem Engel ähnelte und die ihnen Hilfe im Kampf gegen die Ausgeburten der Hölle versprach. Die Erscheinung verschwand und zurück blieben die 45 Soldaten¸ allerdings mit Kräften gesegnet¸ die ihnen im Kampf große Hilfe leisten würden. Sie nannten sich fortan die Mystiker und begannen¸ die Reste der Menschheit in einem massiven Bauwerk¸ der Zone¸ zu sammeln. Nach Jahrzehnten Bauzeit war das Gebäude fertig. Acht Kilometer hoch¸ fünfzig Kilometer im Durchmesser. Ein beeindruckendes Gebäude¸ von dem aus die Menschen nun ihren Kampf gegen die Dämonen und für die Rückeroberung der Erde fortsetzen. In der Zone leben knapp sechzig Millionen Menschen¸ die Reste der Menschheit auf dem amerikanischen Kontinent. Die Zone ist laut¸ dreckig und überfüllt. Jedes Stockwerk ist in vier Sektionen angefangen¸ wobei Sektion 1 die unterste und Slumebene ist¸ während Sektion 4 die oberste und wohlhabendste.
Polizei und Mystiker überwachen die Menschen¸ immer auf der Hut vor Dämonen und Kultisten. Polizisten erinnern ein wenig an Judgre Dredd¸ nur daß sie keine Richter sind.
Kulte der Hölle¸ Mystiker¸ große und weniger große Firmen¸ eine allgegenwärtige Polizei¸ dazu die konstante Bedrohung durch die Dämonen¸ daß alles schafft ein Endzeitgemäßes Feeling¸ daß durch die Kurzgeschichten¸ die jedes Kapitel einleiten¸ sehr gut transportiert wird. Ein Menschenleben bedeutet nichts¸ Verluste sind immer einkalkuliert.
Das System
Obsidian hat ein recht einfaches Spielsystem. Jeder Charakter wird mit einem Punktesystem erschaffen und kann wählen¸ ob er einer Firma angehört¸ ein Mystiker oder ein Kultist ist. Als Mystiker und Kultisten haben sie Kräfte¸ die an Zaubersprüche erinnern¸ wobei Kultisten andauern Menschen opfern müssen¸ um ihre Seele einzufangen. Firmenangehörige sind weltlich¸ haben aber die (mehr oder wenige) große Macht ihres Arbeitgebers im Rücken. Daneben kann man auch Soldaten¸ Kopfgeldjäger¸ Voll-Cyborgs¸ Fahrer¸ Mafiosi und ähnliches spielen¸ der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
Mit den Punkten kauft man sich Attribute und Fertigkeiten. Modifiziert wird das Ganze noch durch den Ethos und den Social des Charakters. Das sind Einstellungen und Wesenszüge¸ die Boni und Mali auf verschiedene Eigenschaften geben.
Das Ganze ist recht einfach und nach kurzer Zeit erschafft man sich ziemlich schnell einen neuen Charakter. Bei den Zaubern¸ die hier Anrufungen genannt werden¸ braucht es einige Zeit¸ bis man einen Überblick bekommt¸ aber das ist normal.
Gewürfelt wird mit W6¸ je nach Fertigkeit verschieden viele. Der Mindestwurf reicht von einfach bis unmöglich¸ wobei man die gewürfelten Augen zusammenrechnet und den Mindestwurf so schaffen muß. Das System ist schnell und einigermaßen fair.
Der Inhalt
Das Buch ist sehr schön aufgemacht¸ viele Illustrationen sind einfach nur klasse. Leider sind viel zu wenig Dämonen in dem Buch abgebildet¸ da hätte ich mir schon mehr Auswahl gewünscht.
Die Vorgeschichte wird in guter Form erzählt¸ als fiktiver Text eines Historikers¸ der so manche Überraschung parat hält. Wer hätte z.B. gedacht¸ daß beinahe jede große historische Persönlichkeit der Menschheit auf die eine oder andere Weise mit der Hölle zu tun hat?
Im weiteren Verlauf des Buches wird"s dann aber arg unübersichtlich. Ständig wird auf Dinge Bezug genommen¸ die erst in späteren Kapiteln erklärt werden und man wird so mit Fremdworten nur so erschlagen. Das Kapitel mit der Charaktererschaffung ist recht unübersichtlich und bedarf schon mehrerer Durchläufe¸ um die eigentlich simple Erschaffung zu verstehen. Leider gibt es keine Beispiel-Erschaffung eines Charakters¸ die doch einige Fragen lösen könnte. Bis ich z.B. wußte¸ mit welchen Attributswerten jeder Charakter startet¸ mußte ich das Kapitel dreimal genau lesen.....
Die Spielmechanismen werden im nächsten Kapitel erklärt und sind recht einfach zu verstehen¸ wobei das Kampfsystem mit seinen genauen Trefferlokalisationen sehr mühsam zu spielen war und schon bald von uns über Bord geworfen worden.
Kapitel vier widmet sich dann den verschiedenen Kulten der Hölle¸ den Mystiker¸ Polizei etc. Jede vorgestellte Organisation wird hier aber nur am Rande gestriffen und ein wenig zu oberflächlich abgehandelt. Erschlagen wird man dann von den Anrufungen¸ die jeder Kult hat. Sehr vielfältig und jeweils auf den Kult abgestimmt¸ aber in der schieren Masse umwerfend. Leider hatte ich in meinen beiden Testrunden keinen Kultisten¸ so daß ich nicht sagen kann¸ wie praktikabel es ist¸ einen solchen zu spielen. Um Anrufungen durchführen zu können¸ muß er nämlich Spirit Points ausgeben¸ lies: Seelen von im getöteter Menschen.....
Nachdem man das Kapitel geschafft hat¸ kommen die Ausrüstungs- und Waffenlisten dran. Hier ist alles ok¸ es gibt nur zu wenig Illustrationen¸ was gerade bei den doch recht futuristischen Waffen und der Cyberware schade ist.
Kapitel sechs widmet sich den verschiedenen Religionen und Charakteren¸ denen die Spieler über den Weg laufen können.
Das letzte Kapitel ist ein Anhang und handelt die magischen Artefakte ab (von denen in den vorherigen sechs Kapiteln andauern gesprochen wird....)¸ sowie mächtigere Rituale und Anrufungen.
Fazit:
Obsidian ließ mich mit einem zwiespältigen Gefühl zurück. Das Setting ist ziemlich gelungen¸ auch wenn es manchen Leuten als viel zu negativ vorkommen könnte¸ aber die inhaltliche Konfusion im Buch ist sehr nervtötend. Wenn man bedenkt¸ daß es bereits in der second edition vorliegt¸ hätte ich mehr erwartet. Das System an sich ist recht einfach und tödlich¸ bei beiden Testrunden starben durchschnittlich zwei Drittel der Charaktere. Für eine Kampagne ist Obsidian wohl gut¸ für längeres spielen ist es mir persönlich allerdings viel zu düster und für die Charaktere sehr schwer¸ länger am Leben zu bleiben und mächtiger zu werden. Fans von Shadowrun¸ Endland oder Vampire sollten aber mal einen Blick riskieren.
Eine Rezension von: Lars Heitmann