Millenium's End v2.0
Kurzinfo: Gut recherchiertes Material und Regelwerk¸ welches Abenteuer von 'Sneakers' über 'Mission: Impossible' bis hin zum 'A-Team' halten kann. Grundsätzliche Nutzung des W% und (anfänglich) leicht komplizierte Schadensregeln¸ die großen Realismus wiedergeben. Das Szenario spielt auf der Erde im Jahre 1999 in einer durch Terrorismus zerrütteten Welt¸ die sich vom Kuwait-Krieg noch nicht erholt hat (ja¸ es sind Nuklearwaffen eingesetzt worden!).
Millenium's End für Nicht-Millenium's End-Spieler
Chameleon Eclectic¸ in neuerer Zeit eher durch das Rollenspiel 'Babylon Project' bekannt¸ hat bereits 1990 die erste Auflage eines modernen Rollenspiels im Genre des High-Tech-Thriller herausgegeben. Im Jahre 1993 folgte schließlich die zweite Edition von Millenium's End (ME). Übrigens sind alle Produkte der ersten Edition (an der Bestellnummer 011-xxx zu erkennen)¸ voll zur zweiten Edition kompatibel.
Zuersteinmal ein paar Worte über den Hintergrund. In diesem Spiel ist jeder Charakter Teil eines Konzerns namens Blackeagle/Blackeagle Inc.¸ benannt nach den beiden Gründern Sheppard und Clifton Blackeagle. Diese Firma führt Missionen in den Bereichen Spionage¸ Gegenspionage¸ Ermittlung usw. durch. Nicht selten wird die militärische Ausbildung der Charaktere benötigt¸ um Fälle zu lösen oder zumindest unbeschadet daraus hervorzugehen. Die Ermittlungsgruppen des Konzerns sind in 'Cells' organisiert. Der 'Cell Leader' ist verantwortlich für die Aktionen der drei bis sieben 'Operatives'. Die Auftragsgeber rangieren von Privatpersonen über Gangsterbosse bis hin zu den Vereinigten Staaten von Amerika.
Doch nun zum Regelsystem. Grundsätzlich ist das System auf dem Prozentwürfel aufgebaut. Die Fertigkeiten sind relativ weit gefächert und falls doch einmal eine gebrauchte Fertigkeit nicht vorhanden sein sollte¸ so kann ein Attributswurf verlangt werden. Diese zehn Grundattribute sollten dann keine weiteren Wünsche offen lassen. Ansonsten zählen die Attribute im Spiel übrigens relativ wenig. Sie werden nur vor der ersten Spielrunde zum Errechnen einiger wichtiger Sekundärattribute (z.B. Geschwindigkeit) gebraucht und zum Ermitteln der Boni für die Fertigkeitsgruppen (z.B. kreative oder soziale Fertigkeiten). 'Abenteuerpunkte' gibt es nur im Sinne der Steigerungspunkte für die Fertigkeiten. Diese bekommt man nach dem 'Übung macht den Meister'-Prinzip zugewiesen. Wer sein Bodybuilding erhöhen will¸ der muß eben mehrere Stunden täglich trainieren¸ um außer der Reihe ein paar Steigerungspunkte zu verdienen.
Der wohl interessanteste Teil an diesem Rollenspiel ist wohl der der Kampfregeln. Hier werden sogenannte Body Maps und Overlays benutzt¸ um die Treffer zu lokalisieren. Eine Body Map zeigt einen menschlichen Umriß in einer bestimmten Körperhaltung¸ der mit den Zahlen der 25 Körperzonen gefüllt ist. Im Grundregelbuch gibt es sieben menschliche Body Maps und die eines Hundes (Wachhunde sind eben nicht selten). Nun kommen die Overlays. Ein Overlay ist eine durchsichtige Folie¸ auf der ein Kreis mit vielen Punkten und Zahlen zu sehen ist. In der Mitte ist der Zielpunkt¸ also der Punkt¸ der auf der Body Map den Punkt anzeigt¸ auf den der Schütze zielt. Je nach Entfernung wird eine der sechs Overlays gewählt. Der einzige Unterschied zwischen den Overlays stellen die Zahlen dar. Nun wird gewürfelt. Der Schütze muß seinen Wurf mit dem Overlay vergleichen. Hat er seinen Wurf (abzüglich eventueller Mali) geschafft¸ so trifft er seinen Zielpunkt. Falls nicht¸ so muß er auf dem Overlay nachsehen¸ wo er stattdessen getroffen hat. Hierzu vergleicht er die Zahl¸ um den er seinen Wurf nicht geschafft hat mit den Zahlen auf dem Overlay. So kann es passieren¸ daß ein Schuß auf die Hand aus Versehen den Kopf trifft. Was hier sehr verwirrend klingt¸ ist in der Spielpraxis relativ schnell durchgeführt und bringt zufriedenstellende Resultate. Nur gibt es jetzt noch ein Problem: Wieviel Schaden haben ich den gemacht? Das ist bei Schußwaffen zwar festgelegt¸ muß aber mit der Trefferzone verrechnet werden. Ein Handtreffer ist eben nicht so tödlich wie ein Torsotreffer. Auf einer doppelseitigen Tabelle findet man alle Trefferzonen zusammen mit einer Menge Zahlen. Es wird der Schadenstyp ermittelt¸ der Schaden mit dem Trefferzonenmodifikator und dem Massefaktor verrechnet. Übrig bleibt der endgültige Schaden. Auf der Tabelle erfährt man Wurfmodifikationen für Ohnmachtswürfe¸ Blutungszeiten (wann das Ziel verblutet)¸ Modifikationen für alle weiteren Würfe¸ Knochenbrüche¸ eventuell fatale Wunden und Schockzeiten. Auch hier sieht es sehr kompliziert aus¸ und das ist es anfänglich auch. Erst mit einiger Spielpraxis lernt man den kompletten Umgang mit der Tabelle. Und dann steht dem Realismus nichts mehr in Wege. Es gibt wohl kaum ein Rollenspiel¸ welches so akkurate und realistische Ergebnisse auf einer Tabelle zusammenfaßt.
Man könnte noch Seiten füllen über die Themen Heilungszeiten¸ Computerbenutzung¸ Hacking¸ Hintergrund des Konzerns usw.¸ aber der Platz ist begrenzt.
Eine Rezension von: Timo Lemburg