Schwarzbart (5e)
Midgard: Schwarzbart
Autor: Frank Heller System: Midgard Erschienen: 2015 Umfang: normal (ca. 25 Stunden Spielzeit, aber je nach Spielstil auch sehr viel mehr)
Warum habe ich das AB gelesen?
Piraten! Versunkene Schätze! Alte Geheimisse! Das ist verdammt noch mal, warum ich Fantasy spiele. Mal schauen, was Midgard dazu zu sagen hat.
Plot
Die Helden machen sich auf die Jagd nach dem gefürchteten Piraten Schwarzbart. Dabei landen sie irgendwann auch auf einer einsamen Insel und dürfen eine Weile Robinson spielen, bevor sie sich in Begleitung von Schwarzbart höchstselbst auf die Suche nach nichts geringerem als dem midgardischen Atlantis machen.
Eindruck
Für mich hat das Abenteuer Licht und Schatten. Und das kann man fast direkt an den einzelnen Abschnitten festmachen: Der Auftakt in Estoleo ist eine Art Mini-Krimi und bis hin zur Erstürmung des Geheimverstecks recht stimmungsvoll umgesetzt. Den kann ich mir richtig gut in einer netten Spielsitzung vorstellen. Auch wenn die Spieler am Ende unerwartet eins über die metaphorische Rübe bekommen und man ihnen mitteilt, dass alles, was sie gemacht haben, eigentlich egal war (mehr will ich hier nicht spoilern). Für die Seereise ist einiges an Material bereitgestellt, trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass sie am Spieltisch wirklich funktioniert. So etwas ist eher was für Runden, die gerne stundenlang Lagerfeuergespräche ausspielen. Ich würde die wohl einfach erzählerisch abhandeln. Zumal auch hier am Ende herauskommt, dass es eigentlich egal ist, was die Gruppe macht - sie können letztlich weder Schiff noch Mannschaft retten. Auf der einsamen Insel (die dann so einsam doch nicht ist) entdecken wir viele Dinge wieder, die direkt aus Robinson Crusoe abgeschrieben sind. Nun finde ich persönlich, dass Robinson Crusoe ein entsetzlich ödes Buch ist (ich habe es im Original gelesen und kaum ertragen), und auch hier auf der Insel passiert sehr wenig. Nur die anwesenden Wilden und die Suche nach einer geheimen Karte peppen die Sache etwas auf. Zu guter Letzt endet die Gruppe auf Schwarzbarts Schiff und macht sich auf die Suche nach Celastia (denkt einfach: Atlantis). Die versunkene Insel ist ganz cool gemacht und bietet der Gruppe Gelegenheit zum Rollenspielen, Rätseln, Unfassbar-reich-werden und Hammerharte-Gegner-bekämpfen. Und das ganze Midgard-typisch auch noch in sich ziemlich logisch. Schade nur, dass es am Ende mal wieder gar keinen großen Unterschied macht, was die Gruppe macht - es gibt eigentlich nur einen Weg, und auf dem ist nicht mal Sterben wirklich eine Option. Man merkt schon, dass in dem Abenteuer ziemlich starke Schienen verlegt sind. Allerdings habe ich als Spielleiter keine Probleme damit, solche Schienen auszubauen, so dass es mich nicht wirklich stört, solange coole Ideen vorhanden sind. Und ja, das Abenteuer enthält genug an reizvollem Material, um den Aufwand zu rechtfertigen. Man kriegt dafür ein klassisches Piraten- und Schatzsucherabenteuer, in dem die Abenteuer es mit Herrschern, Pfeffersäcken, Piraten, Kannibalen und untoten Wasserleichen zu tun kriegen, die Pläne des Roten Herrn persönlich durchkreuzen dürfen, einen Blick in die Vorzeit Midgards werfen und nicht zuletzt stinkend reich werden können. Ich zumindest mag sowas.
Bedauerlich finde ich allerdings, dass das Abenteuer ab der Landung in Celastia seinen Namen komplett vergisst: Schwarzbart spielt ab jetzt schlicht überhaupt keine Rolle mehr. Was schade ist, weil eine marodierende Piratenhorde dem betulichen Celastia einen ganz besonderen Reiz geben würde. Und glaubt im Ernst jemand, die Meute beutegeiler Seeräuber würde in Ruhe an Bord auf die SC warten, während diese die Insel erkunden? Hier würde ich dem SpL empfehlen, das Abenteuer anzupassen und dynamischer zu gestalten mit Piraten, die wechselweise zurückgehalten, verscheucht oder gerettet werden müssen. Dazu wäre es übrigens auch hilfreich, wenn die Piratenbesatzung ausgearbeitet wäre (eine Arbeit, die sich das Abenteuer seltsamerweise mit der Marinebesatzung der ereignislosen Überfahrt macht, aber nicht mit den so viel spannenderen Schurken).
Wer die entsprechende Arbeit investiert, kriegt ein klassisches, "midgardtypisch-bodennah" gehaltenes Seeräuberabenteuer, das viele typische Elemente des Genres abklappert und sich ohne große Probleme auf die meisten Settings (Aventurien, Lorakis, Golarion,...) anpassen lässt. Wenn es das gegeben hätte, als meine "Wunder des Südens"-Kampagne noch lief, hätte ich das ohne zu zögern adaptiert. So aber wird es wohl noch eine Weile auf einen Einsatz warten müssen.
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Eine Rezension von: Weltengeist https://www.tanelorn.net/index.php/topic,116559.0.html