Infernalism: The Path of Screams
Worum geht es eigentlich? Genau¸ um die Teufelsanbetung in all seinen Variationen des 15. Jahrhunderts. Dämonen waren schon immer Teil eines Rollenspiels ‐ als Widersacher und Erzfeinde¸ eben weil sie das Böse verkörpern¸ über immense Macht verfügen und mit unendlichen Möglichkeiten zuschlagen können ‐ kurzum¸ Dämonen ziehen immer. Auf der anderen Seite aber fasziniert das Böse selbst immer wieder wagemutige¸ verrückte oder unvorsichtige Charaktere von Spielern¸ die meinen¸ ausreichend hohe Werte zu haben¸ um locker mit den ganzen Unannehmlichkeiten¸ die ein Pakt mit Dämonen so mit sich bringt¸ fertig werden zu können. Für diese und für gehässige Erzähler ist dieses Buch hier gedacht. Ein 127 Seiten starker Führer durch gängige wie ungewöhnliche Praktiken der Teufelsanbetung und der schwarzen Magie. Aber alles fauler Zauber...
Dabei fängt alles doch so gut an in diesem Buch. Eine gute Geschichte gleich zu Beginn¸ dann die Einleitung mit der Erklärung der wichtigsten Fachausdrücke¸ die reichen sollten¸ um beim Hobbysatanisten Eindruck schinden zu können und die halbseitige Bemerkung des Autoren¸ Phil Brucato¸ zu diesem Buch¸ indem er groß und deutlich noch einmal für die mit etwas weniger gesundem Menschenverstand ausgestatteten amerikanischen Rollenspieler klarmacht¸ dass dieses Buch keinen wahren Satanismus beschreibt. Das gehört zu einem Buch¸ das von so viel Ur-Bösem handelt¸ eben dazu.
Doch schon nach den ersten paar Seiten wird klar¸ dass es eben nicht so berauschend ist¸ was uns der Autor da serviert. Selten habe ich solche einfallslosen und mittelmäßigen Illustrationen gesehen wie in diesem Buch ‐ klar¸ dass da John Cobbs Verschandelungen¸ die er Bilder nennt¸ nicht fehlen dürfen. Die Arbeiten von Arthaus wussten mich bis jetzt nicht zu begeistern¸ und bei diesem Buch bekomme ich meine Haltung bestätigt.
"Lieber in der Hölle regieren!" ist das Motto des ersten Abschnitts. "Als noch so ein schlechtes Kapitel!" hätte der Untertitel lauten müssen. Denn es werden hier einige Grundansätze und Herkünfte des Teufelshandwerk zusammengeschustert¸ um vierzehn Seiten voll zukriegen. So tummelt sich neben Zarathustra und dem Hexenwahn auch die Erklärung¸ dass "der Dunkelheit die Treue zu schwören das Licht zu spotten bedeutet".
"The Devilīs Own"¸ das zweite Kapitel¸ sieht dann schon wieder besser aus. Hier erfährt man alles¸ was jemanden dazu treiben kann¸ seine Seele dem Teufel zu vermachen¸ und natürlich die Verführungstechniken der Dämonen. Auf dreizehn Seiten (Zufall?) werden dann Archetypen des Bösen vorgestellt¸ wie der Katakombenratte¸ des Teufels Hure¸ dem "Freak-Maker"¸ dem Nekromanten und der satanischen Hexe. Gut¸ es sind ziemlich viele¸ da man auf die platzraubenden Werte verzichtet hat ‐ aber da sind teilweise richtig schlechte Stereotypen dabei¸ die man sich auch selber hätte zurechtzimmern können. Dann folgen namhafte sterbliche Handlanger der Finsternis ‐ unser allseits geliebter Faust (ja¸ genau der!) und Gilles de Rais sind da noch diejenigen¸ von denen man am ehesten was gehört hat.
"Ars Maleficarum"¸ das dritte Kapitel¸ wendet sich nun wieder den Regeln zu ‐ welche Geschenke man für wie viel Punkte bei den Dämonen "einkaufen" kann¸ neue Vorzüge und Schwächen und natürlich die eine Seite zum Thema "Teufelsanbeter als Spielercharaktere" (und zwar die offizielle Bemerkung¸ wie angegeben) ‐ und es wird klar¸ dass das nicht immer eine so gute Idee ist. Zu anderen Ergänzungen gehört entsprechende Magie¸ ein Querverweis zur Dunklen Thaumaturgie und natürlich Artefakte¸ alles¸ was der Verdammte für seine Schandtaten braucht. Noch im selben Kapitel geht es weiter zur Beschreibung einiger Sekten und der Nephandi. Sehr viel dunkle Saat für den bitterbösen Erzähler.
"The Devil Sends The Beast" wiederum geht auf die Dämonen and und für sich ein. Es werden einige bekannte wie auch exotische Dämonen nebst Werten angegeben¸ auf die man als Erzähler zurückgreifen kann. Da gibt es viele alte Gesichter ‐ das lebende Skelett¸ die Hobgoblins ("die kleinen Satans"¸ so ihr Beiname)¸ Inccubi und Succubi und natürlich der riesige¸ insektenähnliche Kriegsdämon und der gehörnte Verführer. Wenn man sich schon bei anderen Systemen orientiert¸ dann wenigstens bei Call of Cthulhu und nicht bei AD&D....
Im Appendix erhält man auf sechs Seiten eine Aufzählung verschiedenster Dämonen aus unterschiedlichsten Kulturen¸ so aus dem Assyrischen¸ Christlichen und Heidnischen. Unter den Exoten findet sich gar Kojote als Dämon wieder. Interessant¸ was man alles als Dämon oder zumindest sinistre Gottheit im 15.Jahrhundert angesehen hat. Zum Abschluß gibt es einige Quellen außerhalb dieses Buches zu diesem einschlägigen Thema ‐ klar¸ die Bibel¸ Nietzsche¸ Lovecraft und GURPS (hat ohnehin für alles und jeden ein Buch)¸ und natürlich viele andere Bücher von White Wolf¸ aber spätestens bei den Musikvorschlägen scheiden sich die Geister¸ wenn sich neben Dead Can Dance die ersten vier Black Sabbath-Alben und Cradle Of Filth tummeln. "Go in peace" sind die letzten Worte in diesem Buch ‐ und treffender konnte man keine Worte wählen.
"Infernalism ‐ The Path Of Screams" ist bislang das schlechteste¸ was für Sorcerers Crusade erschienen ist. Aus Sicht des Erzählers findet man hier zuviel Altbekanntes¸ was man sich auch ohne weiteres selbst hätte ausdenken können. Spieler wiederum finden einige Ansätze¸ wie man einen Dämonenjunger spielen kann ‐ aber gleichzeitig wird dem Erzähler diese Option ausgeredet¸ wo es nur geht¸ beziehungsweise es wird wie ein heißes Eisen dargestellt¸ mit welchem nur charakterfeste Erzähler fertig werden können. Nach dem Lesen dieses Buches springt jedenfalls nicht der Funken über¸ da haben sich andere Werke wie das eingangs erwähnte "Cainite Heresy" oder das "Clanbuch Baali" besser bewährt. Es fehlt eben das Fesselnde¸ Begeisternde¸ das¸ was so ein Buch braucht¸ um Sinn zu machen.
Und so ist es nur fauler Zauber ‐ für achtzehn Dollar. Lieber im Regal stehen lassen.
Eine Rezension von: Rosztavili (Schreck-Net)