Der Herr der Ringe TMG
Vorbemalte Tabletopfiguren konnte man schon immer kaufen¸ aber erst durch den Trend der "Sammel- und Tauschbaren Miniaturenspiele" wurden diese auch wirklich bezahlbar. Erfolg¸ vor allem kommerzieller Erfolg¸ zieht Nachahmer an. Im momentanen Herr der Ringe-Hype der vor allem durch den im Dezember erscheinenden dritten Teil des Kinofilms angeheizt und durch die Veröffentlichung diverser DVD Special-Editionen am Leben gehalten wird¸ bot sich die Kreuzung eines intelligenten Spielprinzips mit einem populären Thema geradezu an.
Sabertooth Games konnte die heißbegehrte Herr der Ringe-Lizenz für dien Bereich Sammelbares Miniaturenspiel erringen und die aus Mittelerde bekannten Helden und Gegenspieler auf 4cm Höhe in bemaltes Plastik gebannt.
Eine "entliehene" Besonderheit dieses Tabletops ist es¸ daß sich alle relevanten Spielwerte einer Spielfigur auf seiner Basis befinden. Um jedoch dem Vorwurf eines Plagiats von vornherein aus dem Weg zu gehen¸ wurde diese Basis sechseckig gestaltet und verfügt zudem über zwei Schieber (anstelle einer drehbaren Basis mit Wertefenstern).
Die Basis
Sicherlich das wichtigste Element an jeder Figur ist die Spielbasis. Im Prinzip ließe sich das Spiel auch nur mit "Basen" spielen¸ wenn die Figuren denn nicht den wesentlichen optischen Reiz darstellen würden.
Jede Basis enthält eine Vielzahl von Spielwerten¸ von denen sich zwei durch den Einsatz von Schieberegler variieren lassen. Besonderer Vorteil dieser Methode: eine Spielfigur muß zum Ändern eines Wertes nicht vom Spielfeld angehoben werden. Die beiden veränderlichen Spielwerte sind Lebenspunkte (Null Punkte = Tod) und Aktionspunkte (begrenzen die Spezialaktionen dieser Spielfigur).
Die nicht veränderlichen Spielwerte einer Figur sind: Bewegungspunkte¸ Fernkampfattacke¸ Nachkampfattacke¸ Widerstand¸ Spezialfertigkeiten¸ Fraktion und Punktekosten. Um dem Aspekt eines sammelbaren Spiels gerecht zu werden findet man auch noch die Sammelnummer und Seltenheit der Figur aufgedruckt.
Die Armee
Wer Mittelerde kennt¸ wei߸ auf welche Fraktionen er stoßen kann¸ gute wie böse. Prinzipiell handelt dieses Spiel natürlich vom epischen Kampf "Gut gegen Böse"¸ d.h. die freien Völker Mittelerdes gegen Saurons und Sarumans dunkle Armeen.
Je nach Szenario wird man aber vielleicht davon Abstand nehmen¸ verschiedene Fraktionen der "guten" Seite (Gefährten¸ Rohan¸ Gondor¸ Elfen¸ Zwerge) bzw. "bösen" Seite (Nazgul¸ Orks¸ Goblins¸ Uruk-Hai) miteinander antreten zu lassen. Hier sind den Ideen der Spieler oder Szenarioschreiber keine Grenzen gesetzt.
Durch eine dunklere Grünfärbung der Basis lassen sich die Heldenfiguren leicht herauspicken. Dazu gehören natürlich die Gefährten¸ aber auch herausragende Anführer auf beiden Seiten (z.B. Lutz der Uruk-Hai). Jeder einmalige Held läßt sich nur einmal in das Spiel einbringen¸ auch wenn man Figuren unterschiedlicher Erfahrungsstufen besitzt (z.B. kann es nur einen "Aragorn" geben).
Heldenfiguren haben im Spiel - neben ihren herausragenden Fähigkeiten - auch besondere Anführerfertigkeiten und bestimmen durch die Höhe ihrer Aktionspunkte die maximale Truppenstärke. Jeder Punkt ermöglicht die Führung eines Gefolgsmannes.
Beide Spieler eignen sich auf eine Armeestärke¸ indem sie die maximal verwendbaren Punkte festlegen¸ z.B. 1000. Während Gefolgsleute zwischen 20 und 100 Punkte "wert" sind¸ können Helden bis zu 500 Punkte (z.B. Elfen-Superheld Legolas mit 485!) kosten. Man sollte sich also je nach Szenario gut überlegen¸ ob man eher auf Masse oder auf Klasse wert legt. Die Punkte spiegeln zwar die Macht einer Spielfigur wieder¸ aber letzten Endes entscheidet das Szenario darüber¸ ob diese Macht überhaupt ausgespielt werden kann.
Nachdem beide Seiten ihre Armee aufgestellt haben¸ wird der beiliegende Hexfel-Spielplan ausgebreitet¸ der beidseitig bedruckt ist und jeweils eine farbige Landschaft zeigt. Eine Seite stellt eine Landschaft mit Weg und Bach dar¸ während die andere den Teil einer Stadtruine oder verfallenen Festungsanlage zeigt.
Die Spieler positionieren ihre Armeen an gegenüberliegenden Seiten des Spielfelds.
Der Kampf
Ein Kampf wird in Runden ausgetragen¸ die wiederum in sich wiederholende vier Phasen unterteilt sind. In der Strategiephase legen die Spieler durch einen vergleichenden Wurf fest¸ wer in dieser Runde Angreifer und wer Verteidiger ist. Dann darf der Angreifer seine Figuren Bewegen oder Fernkämpfen lassen. Die Länge der Bewegung wird durch die Bewegungspunkte des Helden und das Gelände bestimmt. Schwieriges Gelände kann die Bewegung erschweren oder sogar verhindern. Während die Bewegung durch eigene Figuren erlaubt ist¸ bedeuten Schwarze Linien (z.B. Mauern) und Gegner ein unüberwindbares Hindernis. Die Bewegung stoppt auch¸ wenn man die Kontrollzone einer Spielfigur betritt - das sind die drei vorne angrenzenden Felder der Basis. Drehungen der Basis zählen nicht als Aktion und sind auch vor dem Schießen erlaubt.
Der Ferkampfwert besteht aus zwei Zahlen¸ die die Menge der Attackewürfel und die Reichweite in Hex-Feldern angeben. Ein mögliches Ziel muß sich in Reichweite und freier Sichtlinie befinden¸ die nicht durch Hindernisse (z.B. schwarze Linien oder Figuren) versperrt wird. Hindernisse kann der Schütze ignorieren¸ wenn er sich auf einer Anhöhe befindet und die Hindernisse nicht.
Hier zeigt sich auch warum der liebe Legolas so teuer ist. Mit 4 Würfeln und 10 Feldern Reichweite ist er ein tödlich wie ein Balrog¸ sobald er eine Anhöhe erreicht hat. Er hat theoretisch die Chance einen normalen Gegner (4 Bewegungsweite¸ 4 Lebenspunkte und 3 Widerstand) mit nur einem Fernkampfangriff zu erschießen...
Dazu muß ihm jedoch mit allen vier Angriffswürfeln mindestens 5 oder 6 gelingen und anschließend muß jeder der vier Schadenswürfel 3 oder mehr zeigen. Aktionspunkte können in brenzligen Situationen dazu verwendet werden¸ eine gewürfelte 1 in eine 6 zu verwandeln.
Beim Angriffswurf sind dafür 1 AP aufzubringen¸ beim Schadenswurf 2 AP.
Nach dem Angreifer wickelt der Verteidiger Bewegung und Fernkampf ab.
Der Nahkampf erfolgt nach Abschluß der Aktionsphasen und verläuft zwischen allen verfeindeten Figuren die Basenkontakt haben (Feind befindet sich im Kontrollbereich¸ d.h. in den drei angrenzenden vorderen Feldern des Angreifers). Hier muß auf sogenannte "Schadensketten" geachtet werden¸ die durch überlappende Kontrollbereiche entstehen und mehrere Gemetzel zu einem einzigen Nahkampf verbinden.
Ein Nahkampf verläuft analog zum Fernkampf¸ aufgeteilt in Angriffs- und Schadenswurf. Alle Krieger einer Schadenskette addieren ihre Angriffswürfel in einem Wurf. Anschließend werden die ermittelten Schadenswürfel geworfen und diese auf die gegnerische Gruppe aufgeteilt. Auch hier kann ein Würfel nur dann den Gegner verletzten¸ wenn sei Wert den Widerstand der Figur übersteigt.
Besondere Fähigkeiten
Die meisten Anführer sowie auch einige Gefolgsleute haben Spezialfähigkeiten¸ die durch ein Symbol repräsentiert werden. Manche sind permanent¸ andere müssen mit Aktionspunkten für die Dauer einer Runde aktiviert werden.
Es gibt 26 Fertigkeiten¸ die den Rubriken Bewegung¸ Nahkampf¸ Schaden¸ Schießen und Verschiedenes zugeordnet wurden. Zu Verschiedenes zählt z.B. auch Frodos Ring¸ der sich dazu eignet Nazgul von anderen Zielen abzulenken. Die Referenzkarte (nur eine DIN-A5-Seite) ist sehr übersichtlich und die Symbole recht aussagekräftig¸ was den Umgang mit ihnen erleichtert.
Um das Bild von Legolas mal fertig zu zeichnen (er kostet schließlich fast 500 Punkte!)¸ muß man sich seine Spezialfertigkeiten anschauen: Meisterschütze - 0 AP (andere Figuren behindern nicht die Schußlinie)¸ Pfeilhagel - 0 AP (doppelte Schußfrequenz¸ freie Verteilung von Schadenswürfeln im Sichtbereich)¸ Schnellschuß - 1 AP (Schießen trotz Bewegung)¸ Zielauswahl - 1 AP (Bonus auf befreundete Schützen mit demselben Ziel). Dieser Elf ist definitiv ein Fernkampf-Monstrum!
Technisches
Unkomplizierte Regeln¸ übersichtliches Schlachtfeld - auch dank schön gezeichneter Hex-Landkarten¸ sehr schöne Modelle und gute detaillierte Bemalung. Wie schon oben geschrieben¸ lassen sich die Schieber gut bewegen - und vor allem auch ohne die Figur vom Spielfeld zu heben. Die Werte auf den Basen sind kontrastreich genug und gut lesbar.
Netter Nebeneffekt: die Starterbox ist sehr gro߸ wiederverschließbar und durch das Fester auch sehr übersichtlich¸ so daß es sich gut zur Lagerung und zum Transport der eigenen Figuren anbietet.
Fazit:
Ich werde mir noch das ein oder andere Testspiel gönnen¸ aber das Lord of the Rings - Tradeable Miniature Game macht auf mich schon jetzt einen sehr guten Eindruck. Edle Aufmachung¸ schöne detaillierte Figuren¸ verständliche Regeln¸ kompakte Übersicht über die Sonderfertigkeiten.
Einzige Wehrmutstropfen sind der zweischichtige Kampfwurf (Angriff und zusätzlicher Schadenswurf) und natürlich der Preis¸ den man für die Booster bezahlen muß. 12.5 Euro für vier Figuren unbekannten Typs und einen Würfel auszugeben ist schon heftig.
Die von Sabertooth Games empfohlene Startkombination für ein angenehmes Spielvergnügen sind ein Starter und zwei Booster was Einstiegskosten von 50 Euro bedeutet.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de