Hobbit
Ein Konsolenspiel auf dem PC - nicht unbedingt etwas Unmögliches (siehe Hulk!) aber durchaus noch etwas Seltenes.
Ein typisches Konsolenspiel zeichnet sich meist durch aufwendige 3D-Grafiken und die Bedienung mit einem Joypad (Joystick) aus¸ das über alle Tasten verfügt¸ die man zum Spielen benötigt. Auch ist ein Konsolenspiel meist eher action-bezogener und gradliniger als die typischen PC-Titel (z.B. Kampfsport¸ Autorennen¸ Jump&Run).
Der Hobbit ist ein typischer Jump&Run-Vertreter vor dem Hintergrund des aktuellen Herr der Ringe-Hypes. Die Zielgruppe würde ich dabei auf Kinder und Junggebliebene einstufen¸ was weniger mit dem Schwierigkeitsgrad zu tun hat¸ sondern mit dem kinderfreundlichen¸ comicartigen Stil der Grafik.
Man übernimmt die Rolle des Hobbits Bilbo Beutlin¸ der unter Weisung von Gandalf dem Magier¸ eine Zwergengruppe auf ein Abenteuer begleiten soll. Den roten Faden des Spiels kennt natürlich jeder¸ der den Roman Der kleine Hobbit schon einmal gelesen hat.
Zu meiner Freude wurden ein gerenderter Einleitungsfilm (trickfilreife Qualität) und zahlreiche Zwischenfilmchen implementiert¸ die die Handlung des Romans recht frei und stark gekürzt nacherzählen.
Bei den Zwischensequenzen wird entweder die gute 3D-Engine des Spiels benutzt oder eine Art Bilderbuch überflogen¸ das der Sprecher kommentiert. Insgesamt sollte man aber qualitativ nicht erwarten¸ eine Filmvorschau auf Peter Jacksons nächstes Meisterwerk zu erhalten. Trotzdem auch hier: alles schön gemacht und für die ganze Familien geeignet (FSK ab 12 Jahre).
Einmal abgesehen davon¸ daß ich zu einem Joypad raten möchte¸ kann man das Spiel auch per Tastatur (und Maus) spielen - mit frei definierbarer Tastenbelegung. Neben den vier Bewegungsrichtungen und zwei Drehrichtungen¸ gibt es Ducken/Schleichen¸ Springen¸ Angreifen (Schlagen/Werfen)¸ Waffe Wechseln und Aktion. Gegenstände werden durch Drüberlaufen aufgesammelt¸ so lange der Platz im Rucksack reicht.
Aktion ist recht universell und kann zum Reden¸ Tragen/Bewegen und zur Übergabe von Dingen verwendet werden¸ zum Öffnen von Truhen (umgesetzt als Reaktionsspiel) usw. Das Schlösser Öffnen Reaktionsspiel verlangt dummerweise eine Unterscheidung einer rot/grün Färbung¸ was das Spiel für Farbenblinde ungeeignet macht!
Es gibt einige Spezialkombinationen. Z.B. kann man den Wanderstab auch als Sprungstab benutzen¸ was ein bißchen Fingerspitzengefühl verlangt¸ weil in der richtigen Kombination Rennen/Ducken/Springen gedrückt werden muß. Kinderhände haben das aber in der Regel sehr schnell raus.
Die Einführung wurde als Traumsequenz realisiert bei der - für meinen Geschmack als Einleitung etwas zu düster - eine Schlacht zwischen Menschen¸ Elfen und Orks im Gange ist. Hier läßt sich erst einmal alles ausprobieren (Bewegung¸ Waffeneinsatz usw.)¸ ohne daß man viel falsch machen oder ableben kann.
Danach geht es aber mit dem ersten Akt eher blumig weiter. Hobbingen im Auenland ist grasgrün¸ kunterbunt und voller netter Leute. Hier kann man einige Zeit rumtollen¸ um all die kleinen Questen zu lösen und auch wirklich alle aufsammelbaren Edelsteine¸ Silberlinge und Questen-Gegenstände zu finden. Bilbo kann sich recht frei durch die Landschaft bewegen und auf viele Häuser¸ Hügel usw. hinaufspringen und die Geschicklichkeit des Spielers auf die Feinheiten der Steuerung einstimmen. Die Questen sind von eher niedrigem Schwierigkeitsgrad und erfordern eigentlich nur¸ daß man die Landschaft mehr als einmal komplett absucht und alle Personen anspricht.
Im zweiten Akt geht es dann weiter zu den Trollen und hier kommt es schon weit mehr auf Kampfgeschick¸ Beobachtung und gutes Timing an. Der Schwierigkeitsgrad nimm hier zu¸ so daß in manchen Passagen schon einige Versuche notwendig sein werden¸ bis man erfolgreich ist.
Die in regelmäßigen Abständen auftauchenden "Speichersäulen" sind sehr hilfreich¸ denn so ist die Frustration nicht allzu hoch¸ wenn man versehentlich in einen Troll läuft¸ eine fleischfressende Pflanze verfehlt oder zu weit in einen Abgrund herunterspringt. Auch im ersten Akt gibt es schon Augenblicke¸ die Bilbo "den Hals kosten" können¸ auch wenn das hier nicht unbedingt den Tod bedeutet¸ sondern z.B. von einem Hobbit beim Obstklau erwischt zu werden. Die Speichersäulen ersparen einem nicht alles¸ aber zumindest viel. Die Lade- und Speicherzeiten sind zudem relativ fix.
Technisches
Auf meinem inzwischen weit verbreiteten Rechner mit 2Ghz Leitung und Geforce 4 MX Grafikkarte läuft das Spiel und alle Animationen einwandfrei (Auflösung 1024x768). Als Minimum werden P3 500 MHz angegeben. Die 3D-Grafik ist opulent¸ und die vielen beweglichen Elemente¸ wie Wasseroberflächen¸ nasse Fußspuren im Sand¸ Schmetterlinge uvm. erwecken die Märchenwelt Mittelerde zum Leben.
Neben jeweils passenden Musikstücken und Soundeffekten als Hintermalung¸ hat jede Bewegung ihre Soundeffekte und gefundene Gegenständen werden sowohl mit einer "Flieg-in-den-Sack" Animation¸ sowie einem Klimpern in den Sack gesteckt. Die gut verständlichen Sprecher und Bastian Pastewka (Wochenshow) als professioneller Synchronsprecher von Bilbo Beutlin sorgen für eine sehr gute Stimmung.
Insgesamt eine durchgängig gute Qualität.
Fazit:
Wer auf seinem PC ein eher unkompliziertes aber technisch hochwertiges Jump&Run-Spielchen vermißt und den Herrn der Ringe mag¸ findet hier die passende Unterhaltung. Ein gutes Joypad ist zu empfehlen¸ auch wenn Tastaturartisten gut zurecht kommen dürften.
Da man den Schwierigkeitsgrad nicht variieren kann und es sich um einen Einzelspieler-Titel handelt¸ ist die Langzeitmotivation des Spiels nur von der Geschicklichkeit und Koordination des Spielers abhängig.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de