Gefährten
Schon bevor auch nur die ersten Aufnahmen über die Leinwand flackerten¸ wußten die meisten Tolkien-Fans¸ daß nach diesem Film Mittelerde nicht mehr so sein würde¸ wie sie bislang war. Ein Projekt wie den Herrn der Ringe anzunehmen¸ hat ebensoviel Respekt vor dem Mut von Peter Jackson verdient¸ wie die Änderung von Teilen der Romanhandlung. Das sich der Regisseur seinen Rücken auch heute noch mit ruhigem Gewissen den nicht gerade wenigen Tolkinisten (fundamentalistische Tolkien-Fans) zuwenden kann¸ liegt daran¸ daß er ein Meisterwerk geschaffen hat¸ das für die massenmarkverträglichen Änderungen¸ Straffungen und Ergänzungen entschuldigt.
Wer wie ich beim Herr der Ringe bei der letzten Seite bereits nicht mehr rezitieren kann¸ was im ersten Kapitel stand¸ steht - trotz all seiner Begeisterung - auf einer Art spielleiterischem Schlauch. Am heimischen Spieltisch oder auch auf einer Convention können dem mutigen Spielleiter nämlich nun drei Spielertypen begegnen: die Unbedarften¸ die Kinofilm-Fans und die Roman-Fans. Da kann es durchaus vorkommen - mehr noch als bei jedem anderen Rollenspiel - daß man mit ganz konkreten Vorstellungen konfrontiert wird¸ was Mittelerde ist und wie man in ihr spielt.
Ein Umstand¸ der die Notwendigkeit des vorliegenden Bandes mehr als rechtfertigt - einmal davon abgesehen¸ daß er technisch hervorragend aufbereitet und stilistisch einwandfrei geschrieben ist. Der Quellenband Die Gefährten beschäftigt sich ausgiebig mit dem ersten Teil des Herr der Ringe - Roman und Film. Der Band ersetzt auf unterhaltsame weise einen Tolkien-Veteran¸ der einen mit viel Leseerfahrung¸ Hintergrundwissen und analytischem Verstand ans Händchen nimmt und um all die Stolpersteine herumführt¸ die typischerweise aus dem Halbwissen¸ irgendwo zwischen Romanvorlage¸ Hörspiel und Kinofilm geboren wurden.
Den Auftakt macht eine Zusammenfassung der Handlung¸ zuerst Roman¸ dann Film¸ wobei auf die Unterschiede eingegangen wird und auch Hinweise gegeben werden¸ die Verbindungen zu den beiden folgenden Teilen herstellen. Und ich war mehr als einmal über die Abweichungen überrascht¸ die einen mit einem Gewissen Abstand¸ zwischen Roman und Film¸ ggf. gar nicht so bewußt sind.
Der zweites Teil des Bandes ist den zentralen Personen und Dingen gewidmet - und bei Tolkien hat ja manches Ding eine Persönlichkeit. Nicht nur die Gefährten werden hier näher betrachtet¸ sondern auch die anderen zentralen Figuren wie Arwen¸ Bilbo¸ Elrond¸ Elendil¸ Gwaihir¸ Lurtz¸ und und und. Bei den Dingen werden nicht nur die Ringe mitsamt den ihnen zugesprochenen Fähigkeiten aufgeführt¸ sondern z.B. auch das Horn von Gondor¸ Sarumans Stab¸ Galadriels Phiole und anderes.
Das dritte und letzte Kapitel beschreibt die wichtigsten Schauplätze des ersten Teils. Leute¸ die nur den Film kennen¸ erfahren hier einmal mehr essentielle Dinge¸ die für (Roman-) Tolkinisten von Wichtigkeit sind¸ wie zum Beispiel etwas über den Alten Wald. Aber auch das Kartenmaterial zu den anderen Wegpunkten¸ kann beim Spielleiten hilfreich sein. Da zur Zwergenfestung Moria ein eigener Band erscheint¸ sollte man hier von diesem Band nicht zu viel erwarten.
Dafür gibt es zu jedem Schauplatz reichlich Anregungen oder sogar konkrete Abenteuerideen.
Technisches
Ein durchgehend farbiges Layout¸ bei dem wieder einmal sehr viel Gebrauch von Filmaufnahmen gemacht wurde - und das Gesamtbild durch einige gezeichnete Illustrationen ergänzt wurde. Die Texte sind sehr ordentlich und auch die - wohl unvermeidlichen - Rechtschreibfehler halten sich in Grenzen. Die Informationen in den jeweiligen Kapiteln sind alphabetisch sortiert¸ was zwar nicht dem Handlungsverlauf Rechnung trägt¸ aber das Auffinden etwas erleichtert - was auch notwendig ist¸ da der Band über keinerlei Index verfügt.
Fazit:
Den vorliegenden Quellenband kann man mühelos in einem Zug durchlesen¸ was an den gut geschriebenen¸ informativen und zugleich unterhaltsamen Texten liegt. Die großzügigen und vor allem gut ausgewählten Illustrationen lockern den Textfluß wirkungsvoll auf.
Das Weglassen des Index kann ich nicht ganz nachvollziehen¸ weil man doch meist zwei Chancen hat¸ z.B. die Beschreibung zu einem Gegenstand zu finden: beim Besitzer oder beim passenden Schauplatz (Abzug bei der Text-Wertung).
Insgesamt ein empfehlenswerter Band¸ der aufgrund seiner guten Informationen und luxuriösen Aufmachung auch dem stolzen Preis gerecht wird.
Abschließend sei gesagt¸ daß man den Band auch tolkienbegeisterten Leuten sehr empfehlen kann¸ die mit Rollenspielen nichts am Hut haben.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de