Shapeshifters
Shapeshifters oder in deutsch Gestaltwandler sind das bestimmende Thema dieses universellen GURPS Quellenbandes. Universelle Quellenbände haben bei GURPS eine lange Tradition und auch einen ziemlich guten Ruf. Selbst wenn man nicht das GURPS-System verwendet¸ findet man hier häufig aufwendig zusammengestellte Ideensammlungen¸ die Ihresgleichen suchen. Dennoch sollte man keine völlig in sich geschlossene Informationsquelle erwarten¸ da an vielen Stellen auf Regeln und weiterführende Informationen in anderen GURPS Bänden hingewiesen wird¸ um diese Inhalte (aus Sicht eines GURPS-Spielers) nicht unnötig zu wiederholen. Auch gibt es immer wieder Hinweise wie sich konkrete Ideen in eine bestehende GURPS Spielwelt einbinden lassen¸ aber diese Informationen sind sehr einfach auf vergleichbare Welten umsetzbar.
GURPS Shapeshifters umfaßt 130 Seiten - und wer jetzt mal selbst überlegt¸ wieviel ihm als Spielleiter zu diesem Thema einfällt¸ der dürfte recht schnell erkennen¸ daß hier einiges an Recherche drinsteckt. Federführender Autor war Robert M. Schroeck¸ der nicht zuletzt auch für dir Umsetzung von GURPS Werewolf: The Apocalypse verantwortlich war (aber auch noch einige andere Werke verbrochen hat).
Weiterhin haben sich eingebracht: Chris W. McCubbin (z.B. GURPS Space Bestiary und GURPS Fantasy Folk)¸ David Pulver (u.a. Transhuman Space¸ Big Eyes Small Mouth uvm.) und weiter ebenfalls nicht ganz unbedarfte Autoren.
Der Band verfolgt viele verschiedene Informationsrichtungen und bleibt so allgemein und universell wie nur eben möglich¸ ohne dabei oberflächlich zu wirken. Ganz im Gegenteil dürfte ein Spielleiter¸ der auf der Suche nach Informationen zum Thema ist¸ kaum eine bessere Quelle finden - es sei denn er möchte sich durch die gesammelten Werke von White Wolfs Werewolf: The Apocalypse lesen. Und selbst hier wäre der Ausblick wohl zu sehr eingeengt.
Der Band beginnt mit einem kurzen historischen Abriß über die Entstehung des Mythos "Gestaltwandler" in grauer Vorzeit¸ nennt quer durch die Geschichte (von der Steinzeit bis in die Moderne) und quer über den Erdball Kulturen¸ die sich dem Thema beschäftigt haben.
Interessant ist auch der Ansatz zu Erklärungen¸ wie es zum Gestaltwandler-Mythos kam und sich durch die Zeitalter halten konnte (u.a. auch Geisteskrankheiten¸ Tollwut und körprliche Merkmale).
Dann wird erst einmal in Form von Beispielen genauer definiert was Gestaltwandel im Rollenspiel überhaupt ist bzw. wo und wie man Gestaltwandel überall einbringen kann¸ ohne dadurch sein Setting "unlogisch" werden zu lassen. Die Autoren unterscheiden einmal grob zwischen Formwandlern und Werwesen¸ wobei Letztere zwischen festgelegten Formen wandeln (z.B. Mensch und Wolf) und daher schon zu Beginn mehr Ausarbeitung bedürfen - und in zweiter Linie nach dem Grund für die Wandlungsfähigkeit (z.B. Fluch¸ Magie usw.). GURPS-gerecht schließt das Kapitel mit einer umfangreichen Auswahl an passenden Vor- und Nachteilen (30 S.).
Das dritte Kapitel (15 S.) beschäftigt sich mit Kampagnenideen und nimmt dabei viele Fäden wieder auf¸ die im Kapitel mit den geschichtlichen Hintergründen aufgedeckt wurden.
Das nächste Kapitel (20 S.) konkretisiert einige sehr gängige Gestaltwandlerformen¸ als da wären: Doppelgänger¸ Formwandler (Gestaltwandler a la Deep Space Nine)¸ Bio-Androiden (Verwandlung über DNA-Analyse) und Metamorphe Invasoren (Aliens). Eine solche Beschreibung beinhaltet nicht nur Spielwerte und Illustrationen¸ sondern vor allem auch mögliche Lebensziele¸ kulturelle Strukturen und die Sicht auf andere Lebewesen¸ wie dem Menschen.
Die Werkreaturen (z.B. Werwölfe) haben ihr eigenes Kapitel bekommen und zeichnen sich durch ihre Abhängigkeit vom Mond oder anderen äußeren Einflüssen aus¸ die meist als "Fluch" dargestellt wird. Auch hier werden verschiedene Ausrichtungen unterschieden und vorgestellt¸ wie z.B. der Werwolf-Monstertyp und der Ethomorph (Dr. Jekyll). Auch das Thema Fluch bleibt natürlich in diesem Zusammenhang nicht unbehandelt. Den Abschluß machen einige Beispielcharaktere¸ wie z.B. (und hier muß ich leider Kotzen!) Sturmbannführer Werner Pfrommer. *Schauder*
Okay¸ abgesehen von diesem Ausrutscher¸ der wohl eine Anleihe an Weird Wars II aus der GURPS WW II-Serie darstellen soll¸ werden die nicht uninteressanten Benandanti (eine Gruppe südost-europäischer werwölfischer Hexenjäger)¸ Kitsune - eine chinesische Variante des mystischen Tiergestaltwandlers und Selkies deren schottisches Pendant vorgestellt. Ein wenig an meinen letzten Urlaub erinnern mich die Jaguar-Krieger¸ die in Tierfelle gekleidet die Elitekrieger ihres Befehlshabers darstellen. Die Art des Tierfells und die abgeleiteten Eigenschaften varieren zwischen den Kulturkreisen. Je nach Magiegrad der Spielwelt vermögen es diese Krieger aber¸ sich wirklich (nicht nur mental) in das Tier zu verwandeln. Recht vergleichbar¸ aber wohl eher Anführer und Ratgeber¸ ist der Schamane¸ der seine Kraft aus einem Totem zieht.
Während ich das Glossar als angenehm aber fast schon selbstverständlich empfinde¸ ist die Bibliographie ein echter Bonus. Hier finden sich nicht nur Verweise auf passende GURPS Publikationen¸ sondern auch andere Empfehlungen quer durch alle Medien.
Technisches
Die Illustrationen sind besser als beim durchschnittlichen GURPS-Band und die Texte wirken in weiten Teilen des Bandes ordentlich recherchiert. Eine nette Idee ist das "Daumenkino" bei dem sich ein kleiner Mensch quer durch den Band in eine doppelt so große Werwolfsbestie verwandelt.
Fazit:
Wer Informationen zum Thema "Gestaltwandler" sucht wird mit GURPS Shapeshifters fündig - und vermutlich mit weit mehr versorgt¸ als er sich erhoffen konnte. Ein rundes Paket aus Charakteridee¸ Abenteueransätzen und tiefgreifenden Überlegungen rund um das Charakterspiel herum.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de