B-Movie: Bell-Bottomed Badasses
Bell-Bottomed Badassses on the Mean Streets of Funk - dieser Titel alleine ist preisverdächtig und in meinen Augen der beste aus der Kartenspielreihe von Z-Man Games.
Die Schachtel¸ auf deren Cover neben dem Titel in einem schrillen 70er Schriftsatz gerade noch Platz ist für eine Discokugel¸ die von einer Pistolenkugel durchlöchert wird¸ bietet 110 Karten und der Spielregel knapp Platz.
Schon der erste Blick auf das Design der Karten lässt klar auf den Ursprung des Spiels schließen. So sind die Karten genau so aufgebaut wie die von "Graverobbers From Outer Space"¸ bei uns im Lande besser bekannt in der von Truant verlegten deutschen Übersetzung "Grabräuber aus dem All".
Spieltechnisch sind die Spiele nahezu identisch¸ das heißt sie unterscheiden sich so stark voneinander wie zum Beispiel "Munchkin" und "Munchkin beist". Wer Grabräuber aus dem All nicht kennt¸ wird dieser Hinweis wenig helfen¸ deswegen beschreibe ich kurz den Spielablauf.
Spielablauf
Die Spieler schwingen sich jeder auf imaginäre Regiestühle und treten gegeneinander an den besten Film des Genre zu drehen. Zuerst wird für den Film ein Titel gebastelt. Dazu werden sechs Karten gezogen. Auf jeder steht ein typisches Element für Filmtitel von B-Movies aus dem entsprechenden Genre - in unserem Spiel also zum Beispiel "Afro Daddys Death Dance in Rock City". Die Karten werden anschließend wieder eingemischt und mit der Inspiration des Filmtitels gehen nun die Spieler ans Werk¸ sich ein möglichst wertvolles Set zu bauen. Jeder erhält dazu 6 Spielkarten auf die Hand. Reihum kommen die Spieler an die Reihe und versuchen ihrem Set Gutes zu tun und die der anderen zu verwüsten. Die Karten lassen sich in verschiedene Bereiche unterteilen die alle für einen Film unerlässlich sind.
Schauspieler (Character)¸ Requisiten (Props) und Drehorte (Locations) dienen in der Regel dazu das eigene Set aufzuwerten. Jede Karte hat einen Verteidigungswert¸ der zu allen am Set befindlichen Karten hinzuaddiert wird. Der Gesamtwert ist zugleich der Siegpunktewert im Falle des Spielendes. Die Karten haben verschiedene Eigenschaften und Querverbindungen¸ die sich gegenseitig unterstützen oder behindern. So lohnt es sich besonders einem "Soul" Charakter¸ wie der "Go-Go Tänzerin"¸ den "Zuhälterhut" aufzusetzten¸ weil sie dann statt +1 Verteidigung sogar +5 bekommt.
Um den anderen alles wieder zu zerdeppern haben wir die Ungeheuer (Creatures). Diese kommen anders als bei dem berüchtigten Vorgängerspiel größtenteils in der Gestalt von ganz realen bösen Buben daher. So gibt es unter anderen den "Drogenbaron"¸ den "Highway Polizisten"¸ die "Rockergang" oder den "Killer Pimp". Der "Weiße Hai" ist hier schon eine der wenigen wirklichen Monster. Der Effekt der Karten ist jedoch der Selbe wie bei den wirklichen B-Movie Monstern aus "Grabräuber aus dem All". Übersteigt der Angriffswert der Monster den Verteidigungswert des Sets gegen den sie eingesetzt worden sind¸ muss der arme Besitzer des Sets damit leben¸ dass einer seine Schauspieler mitsamt seiner Besitztümer ins Gras beißt.
Damit nichts vorhersehbar ohne Risiko bleibt¸ kommt noch eine weitere Kartengattung hinzu¸ ohne die die meisten Filme auch einpacken könnten: die Special Effects. Dieses sind die Ereigniskarten¸ die nicht nur in der eigenen Runde gespielt werden können und meistens entweder selber andere Karten attackieren oder Monsterangriffe unterstützen oder erschweren. "I do all my own stunts" zum Beispiel verleiht einem Charakter die Fähigkeit "Cool" und gibt ihm +2 Verteidigung oder kann alternativ dazu benutzt werden einen beliebigen Charakter zu töten.
Das Spiel kann auf zwei Arten enden. Zum einen kann eine der seltenen Abspannkarte gespielt werden¸ was das Spiel sofort beendet¸ aber sinnvoller weise nur von Spielern gespielt wird¸ die meinen das Spiel damit auch gewonnen zu haben. Spätestens Schluss ist¸ wenn die letzte Karte vom Nachziehstapel gespielt wurde. Gewonnen hat dann der mit den meisten Punkten. Zählen tut der Wert des Sets. Einen Bonus gibt es noch für Hand- und Setkarten¸ die am Anfang für den Titel verwendet wurden.
Wie spielt das ganze sich nun? Ausgesprochen amüsant und chaotisch. Es geht wild hin und her. Da man zu Beginn seines Zuges seine Handkarten wieder auf 6 ergänzt¸ hat man keinen Nachteil¸ wenn alle Karten bis dahin auch gespielt wurden. Horten von Karten ist nur begrenzt hilfreich. Planen und Taktieren ist zwar nicht sinnlos¸ aber Schlagabtausch ist das Programm. Jedes Set¸ das droht zu stark zu werden muss eine Angriffswelle nach der anderen abschmettern. Wenn die Karten zum ersten mal vorgetragen werden¸ vergnügt man sich zudem an den Titeln¸ Zeichnungen und Zitaten der Karten.
Es ist im Spielgefühl dem schon erwähnten Munchkin ähnlich.
Wo sind die Schattenseiten? Zum einen sind die Karten beim mehrfachen Spielen nicht mehr so neu und lustig¸ wie bei den ersten Spielen. Dieser Verlust wird aber teilweise davon aufgefangen¸ dass man die Karten schon besser kennt und so weniger lesen muss und sinnvolle Kombinationen schneller sieht und einsetzten kann. Das macht das Spiel schneller.
Der größte Nachteil von Badasses ist aber der¸ das es nicht Graverobber ist. Ich mag zwar die 70er Jahre Schinken und finde sie auch ähnlich kultig wie Pulp-Horror¸ aber die Inhalte dieser Filme lassen sich einfach schlechter zu solchen Karten umstricken wie bei dem Vorgänger.
Es ist einfach lustiger wenn wirkliche Monster Teenager oder Professoren in der Highschool auffressen¸ als wenn der Weiße Polizist den Taxifahrer erschießt. Die Kartentitel und Sprüche sind nicht so gut wie im "Orginal".
Fazit: Leuten¸ die gerne chaotische Ärgerspiele wie Munchkin¸ Wucherer¸ Grass oder Spank the Monkey spielen¸ möchte ich diese Spielreihe von Z-Man Games wärmstens empfehlen. Ich selber würde zwar zuerst zu den "Grabräubern aus dem All" greifen¸ aber wer eine besondere Affinität zu den 70er Jahren verspürt¸ sieht das vielleicht sogar anders. Die "Bad-asses" sollte für gut 20 Euro bei gut sortierten Spiel- und Fantasygeschäften zu bestellen sein. Die "Grabräuber" gibt es in der deutschen Version schon für gut 13 Euro. Ebensoviel kostet die "Kannibalen aus dem Dschungel"¸ welches die erste Ergänzung ist¸ die auch schon übersetzt wurde.
Eine Rezension von: Volker Hesselmann