Realm Lord: Quest For The Crown
Das vorliegende Kartenspiel Realm Lord hielt beim Auspacken eine echte Überraschung für mich bereit. In dem handlichen Karton stecken 112 unterschiedliche Spielkarten - allesamt mit einer schönen Illustration. Eine solch aufwendige und opulente Aufmachung (Künstler Garry Mekee II) kennt man in der Regel (wenn überhaupt) eher aus Deutschland - oder aber von Sammelkartenspielen¸ denn wir reden hier nicht von comicartigen¸ fix am PC kolorierten Linienzeichnungen¸ sondern von kleinen Gemälden.
Die andere Seite der Medaille ist der dazu passende - sehr amerikanische - Preis von immerhin 20 Dollar (inkl. Import derzeit ca. 20 Euro)¸ die man aber angesichts der hohen Qualität relativieren kann.
Die Handlung ist schnell erzählt. Jeder der maximal sechs Spieler übernimmt die Rolle eines Lords (roter Kartenrand)¸ der die Reiche des Landes Ghezeran auf der Suche nach Hope Stones (Hoffnungssteinen) durchstreifen. Da jeder Lord - bereits Herrscher eines der sechs Reiche (dargestellt als sechs in Reihe ausgelegte Spielkarten) - gerne zum König von Ghezeran aufsteigen möchte¸ gilt es zehn Hope Stones zu erringen¸ um die Krone des ganzen Landes für sich zu beanspruchen.
Dazu gilt es Questen (grüner Kartenrand) zu bestehen¸ die jede für sich eine andere Fähigkeit erfordern und je nach Schwierigkeitsgrad 1-3 Hope Stones einbringen. Damit man diesen Aufgaben nicht ganz alleine entgegentreten muß (immerhin hat jeder Lord seine Stärken und Schwächen)¸ kann man entweder selbst antreten oder einen der 25 Helden (brauner Kartenrand) für sich beauftragen.
Jeder Lord und auch alle Helden verfügen neben der hübschen Illustration und einem Namen über die vier Spielwerte Ruhmpunkte¸ Macht¸ Handwerk¸ Magie und eine Spezialfähigkeit¸ die in dem kleinen Text beschrieben wird. Diese Spezialfähigkeit umfaßt z.B. eine Manipulation der eigenen oder gegnerischen Handkarten¸ die Manipulation von Würfelwürfen usw. Bei einem Lord ist zudem noch das Heimatland des Spielers angegeben.
Die vier Spielwerte nehmen bei Helden einen Gesamtwert von 12 Punkten an (jeweiliges Maximum ist 5 Punkte). Lords sind mit 14 Punkten etwas mächtiger. Wenn im Spiel auf Karten die Rede von "Helden" ist¸ gilt das sowohl für Helden und Lords.
Wenn man eine Queste antritt¸ gilt es mit dem passenden Attribut und einem (sechsseitigen) Würfelwurf die Anforderung auf der Questen-Spielkarte zu erfüllen. Bei einer natürlich gewürfelten Sechs ist die Queste stets erfüllt - unabhängig von der Summe der Werte (das Gegenteil gilt bei einer gewürfelten Eins).
Helden¸ die bei einer Queste scheitern¸ werden in das Heimatland des Spielers zurückgeschickt und die Queste verbleibt mitsamt ihren Auswirkungen (Kartentext) in dem Landstrich¸ bis ein anderer Held sie erfüllt und die angegebene Menge an Hope Stones erhält.
Um die Heldentaten zu vollbringen muß der Lord und seine Anhängerschaft die Ländereien bereisen. Im Spiel bedeutet das¸ das man eine seiner drei Aktionen pro Spielrunde opfert¸ um eine Heldenkarte vom Heimatland (oder einem Reich) zu der Spielkarte eines anderen Reiches verschiebt¸ eine der (maximal acht) Handkarten auszuspielen oder eine Queste zu erledigen. Jede Aktion (Reisen¸ Queste) erschöpft einen Helden bis zum Anfang der nächsten Spielrunde¸ was durch eine 90 Grad Drehung angedeutet wird.
Erschöpfte Helden können keine weitere Aktion ausführen. Die Handkarten werden zu Beginn jeder Spielrunde um 2 Stück aufgestockt. Um das Spiel zu würzen¸ befinden sich im gemeinsamen Zugstapel nicht nur Helden und Questen¸ sondern auch Ereignis- (blau) und Schatzkarten (lila).
Ereignisse und Schatzgegenstände haben stets eine Auswirkung die entweder nur einen einzelnen Helden oder - wie bei manchem Ereignis - einzelne Reiche oder sogar das ganze Land betreffen und das Spiel wesentlich beeinflussen können.
Dazu gehört zum Beispiel auch die Verbannung eines Helden¸ was für einen Lord die Rückreise zum Heimatland und für einen normalen Helden den Ablagestapel bedeutet - in beiden Fällen gehen auch die zugeordneten Schatzkarten verloren. Andere Auswirkungen beeinflussen z.B. eine Runde lang die Bewegung der Helden¸ oder die Schwierigkeit von Questen in einem bestimmten Reich usw.
Der Lord¸ der als erster 10 Hope Stones gesammelt hat¸ gewinnt den Wettstreit um die Krone von Ghezeran und damit das Spiel.
Technisches
Die Kartenillustrationen sind schon sehr ordentlich und vor allem ihre Vielfalt überrascht¸ weil es ja keine Wiederholungen gibt. Auf den ersten Blick haben mich einige Karten an das gute alte Talisman-Brettspiel erinnert¸ aber die Gemeinsamkeiten zwischen be4iden Spielen sind nach genauerer Betrachtung marginal.
Man muß Darkforge insgesamt ein deutliches Lob aussprechen¸ weil man diese Qualität der Spielkarten ansonsten nur von (deutlich teureren) Sammelkartenspielen her kennt. Auch die Anleitung braucht sich in gestalterischer Hinsicht¸ nicht vor den Anleitungen der deutschen Verlage zu verstecken: sinnvoll aufgebaut¸ übersichtlich und gut illustriert.
Fazit:
Die Amerikaner holen anscheinend deutlich auf¸ was gut umgesetzte Spielideen angeht - vielleicht sogar motiviert vom immerwährenden Boom auf dem deutschen Spielemarkt. Realm Lord ist ein sehr schönes Kartenspiel¸ daß vor allen Dingen auch Rollenspieler und andere Fantasy-Begeisterte ansprechen wird. Hier wurden eine tolle Spielidee (die man eher von Brettspielen kennt) auf ein reines Kartenspiel-Konzept transferiert und mit einer tollen Optik versehen. Durch die vielen verschiedenen Helden¸ Questen¸ Ereignisse und Schatzkarten ist für langfristigen Spielspaß gesorgt. Und dank des modularen Konzepts sind Erweiterungen theoretisch auch vorstellbar.
So macht Spielen Spaß.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de