Time Control
Das einst von Jules Verne gekonnt in Szene gesetzte Thema Zeitreise ist auch Kernthema dieses Brettspiels der amerikanischen Spielewerkstatt Thompson Industries. Die bis zu vier Spieler dürfen gleichzeitig (!)¸ jeder für sich auf seinem eigenen Spielbrett ihr Spiel vorantreiben und versuchen gleichzeitig die Unternehmungen der Mitspieler (auf deren Spielfeldern) zu sabotieren.
Jedes Spielfeld stellt die persönliche Zeitlinie dar¸ die in die Phasen Heute¸ Nahe Vergangenheit¸ Ferne Vergangenheit¸ Antike und Vorzeit unterteil ist. Jeder Spieler übernimmt die Rolle von bis zu 12 Zeit-Agenten die in der Zeit zurückreisen um in die Vergangenheit der Mitspieler zu manipulieren und über diese Ereignisse und dadurch ausgelöste Zeitwellen deren aktuelle Gegenwart anzugreifen.
Dadurch wird zunehmend die Kultur¸ Gesellschaft und Technologie des Spielers verändert (in der Regel verschlechtert) und während jeder Spieler versucht seine Mitspieler aus dem Rennen zu werfen¸ versucht man den Verfall der eigenen Gesellschaft durch den Einsatz von Ressourcen aufzuhalten. Wenn die Probleme überhand nehmen (d.h. man hat drei Probleme in jeder Rubrik) scheidet der Spieler aus.
Konflikte zwischen zwei Agenten in der gleichen Zeitzone werden ohne Würfel mit dem Schicksals-Kartenstapel entschieden.
Das Spiel kennt zwei sich wiederholende Phasen in denen alle Spieler gleichzeitig agieren dürfen: die Zeit-Agenten-Phase und die Zeitwellen-Phase. Zu Beginn der ZA-Phase werden alle Agenten auf die aktive Seite des Markers gelegt. Jeder Agent darf eine Aktion ausführen: Attackieren¸ (beim Mitspieler) eine Zeitwelle auslösen¸ eine Zeitwelle bekämpfen¸ in der Zeit reisen¸ usw.
Leider kann jede Aktion von einem anderen aktiven Agenten in der gleichen Zone geblockt werden - und dieser Block kann wiederum von einem anderen Spieler verhindert werden usw.
Eine Ausnahme tritt ein¸ wenn ein Spieler die alleinige Zeitkontrolle (Time Control) übernimmt - entweder weil kein Mitspieler etwas dagegen hat¸ oder weil er ein Duell gegen alle anderen gewinnt. Wer die Zeit kontrolliert¸ kann einen eigenen Agenten ungehindert seine Aufgae erfüllen lassen - oder einen Mitspieler zwingen mit seinem Agenten eine Aktion ungehindert zu erledigen.
Nach jeder Zeit-Agenten-Phase folgt eine Zeitwellen-Phase¸ in der die Probleme der Vergangenheit (in Form von Problem-Markern) um je eine Zeitepoche in die Zukunft voranschreiten. Es liegt im Interesse des Spielers¸ diese in den ZA-Phasen durch seine Agenten angreifen und vernichten zu lassen. Erreichen die Marker erst einmal die Gegenwart¸ werden je zwei "Erschaffen"-Marker gegen eine Problemkarte eingetauscht. Allerdings kann ein Agent in der Vergangenheit auch Gegen-Zeitwellen zur Beseitigung von Problemen auslösen¸ die als sogenannte "Lösen"-Marker in der Gegenwart ankommen können - und je zwei davon entfernen eine Problemkarte.
Zudem greifen Zeitwellen wiederum automatisch alle Zeitagenten an¸ die sich gerade in ihrer Epoche befinden.
Es sei noch angemerkt¸ daß die Zeitagenten je eine Spezialität haben können: Schläger (Angriff)¸ Wissenschaftler (kann Zeitwellen leichter bekämpfen) und Historiker (doppelte Zeitwellen-Aktionen). Jede Spezialität begünstigt oder ermöglicht bestimmte Aktionen im Spiel.
Wer sich das ganze mal in einer Flash-Demo anschauen will¸ findet diese bei Thompson Industries.
Technisches
Das Spiel kommt in einer für US-Verhältnisse großen Box daher¸ die hierzulande den Standard darstellt. Im Inneren findet man 95 Spielkarten (Schicksal & Probleme)¸ ca. 200 Pappmarker¸ 4 Spielfelder und eine Anleitung. Anleitung und Spielkarten sind schwarzwei߸ die Spielfelder und die Marker farbig.
Die Aufmachung ist nicht schlecht¸ aber als schlicht zu bezeichnen. Die schwarzweisse Anleitung ohne Illustrationen wäre gerade noch zu verzeihen gwesen¸ aber die Spielkarten sind auf dem Stand der 80er Jahre. Spielbretter und Marker sind schlicht aber doch ansehnlich gestaltet.
Fazit:
Time Control ist ein Spiel mit einer tollen Spielidee¸ der es aber an ausreichender Ausarbeitung¸ reichlich Spieltests und Ausarbeitung mangelt.
Was für Leute mit Spaß an der Verbesserung von Spielregeln ein Mekka ist¸ endet für die normale Konsumenten-Spielgruppe in einem Fiasko. Die Freiheit Dinge parallel zu tun und andere Spieler in ihrem Tun zu behindern¸ andere Spieler anzugreifen und für jeden Angriff einen Gegenangriff zu riskieren... das funktioniert in der Praxis nicht so¸ wie sich der Erfinder das in seinem Zimmerchen ausgedacht hat.
Da jeder Spieler bei Spielbeginn 12 aktive Figuren auf dem Spielfeld hat¸ artet allein die erste Spielrunde bereits in bis zu 48 Duelle aus¸ die wiederum Gegenangriffe einleiten können... kaum eine Spielrunde hat nach der ersten¸ schier unendlichen Phase¸ überhaupt noch Lust weiter zu spielen.
Man findet mittlerweile auch schon neue Regeln auf der Homepage von Thompson Industries - wenn ihr das Spiel bereits besitzt¸ holt Euch den Download... und wenn ihr das Spiel noch nicht besitzt¸ holt Euch besser auch erst den Regel-Download und entscheidet Euch dann.
Nochmal deutlich: die Punktewertung bezieht sich bereits auf die Download-Anleitung und nicht die in der Box enthaltene!
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de