Euphrates & Tigiris
Schlaue Menschen sagen: Die Wiege der Zivilisation liegt im Zweistromland. Dort¸ umsäumt von den beiden Flüssen Euphrat und Tigris¸ entstanden vor tausenden von Jahren erste Siedlungen an den fruchtbaren Ufern. Die kleinen Siedlungen wuchsen durch den Eifer der Menschen und später auch durch die Regentschaft weiser Herrscher¸ zu stattlichen Königreichen - den ersten Hochkulturen.
Die Aufgabe der Spieler ist es¸ genau diesen Prozeß nachzuahmen¸ für oder gegen die Mitspieler zu arbeiten¸ die verschiedenen Bereiche möglichst sinnvoll zu erweitern und schließlich die ausgewogensten Königreiche zu führen¸ um am Ende als Gewinner hervorzugehen.
Der Innenraum der großen Box erweist sich nach dem Öffnen als gut gefüllt. Ein etwa DIN-A2 großer stabiler Spielplan zeigt auf schön illustrierte Weise eine spielgerechte Nachbildung des Zweistromlandes¸ das mit einen quadratischen Gitter überzogen ist. Die Spielfläche ist gegen kurze Einwirkungen von Feuchtigkeit beschichtet und macht auch sonst einen robusten Eindruck.
Die Spielelemente bestehen zur Hälfte aus vorgestanzten Pappelementen
(das Herauslösen der 160 Plättchen erweist sich bei der Menge schon
fast als Arbeit) und etlichen Holzteilen (ca. 180).
Für die Aufbewahrung der Pappkärtchen liegt ein schwarzer Stoffbeutel bei¸ die Holzteile werden in zwei Plastikbeuteln verpackt geliefert.
Desweiteren findet man vier farbige Sichtschirme (die zugleich als Kurzanleitung im Spiel¸ als auch als Sichtschutz für die eigenen Spielmarken dienen)¸ eine große (DIN-A3) doppelseitige Farbkarte¸ die einige wichtige Spielsituationen erläutert und nicht zuletzt eine zwölfseitige farbige Anleitung (DIN-A4).
Nach den allgemeinen Spielvorbereitungen (Teile herauslösen¸ bzw. einige Holzteile zusammenkleben)¸ beginnt man mit dem Aufbau der Spielfläche. An gekennzeichneten Stellen werden 10 Tempel errichtet (Plättchen) die jeweils einen Schatz (ungefärbter Holzwürfel) verwaren.
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Schätze können im späteren Spielverlauf von Händlern gesammelt und
am Spielende universell - also als Siegpunkt jedes Bereiches - benutzt werden.
Außerdem darf sich jeder der Spieler bereits 6 Plättchen (zufällig) nehmen und hinter seinen Sichtschirm legen. Diese (Zivilisations-) Plättchen haben vier verschiedene Aufdrucke und symbolisieren die vier verschiedenen Aspekte eines ausgewogenen Königreiches: Tempel¸ Landwirtschaft (darf nur am Wasser verwendet werden)¸ Markt und Bevölkerung.
Die Farben der Plättchen haben keine Bedeutung für die Zugehörigkeit zu einer Dynastie (Spieler) sondern sind neutral. Die spielerspezifischen (runden) Holzsteine¸ sind über ihr Symbol zugeordnet ! Im Spiel können einmal plazierte Zivilisationsplättchen von jedem der Spieler zum Aufbau seines Königreiches genutzt werden.
- Ein Königreich ist eine Ansammlung von Plättchen¸ die sich waagerecht oder senkrecht berühren und an mindestens einen Anführer grenzen. Dabei ist es unerheblich wenn mehrere Anführer verschiedener Dynastien in einem Königreich verweilen - solange es nicht zwei derselben Farbe (Bereich) sind. Dann ist ein Konflikt unausweichlich.
- Ein Konflikt findet immer dann statt¸ wenn zwei Anführer des gleichen Bereiches (z.B. Bauer) jedoch verschiedener Dynastien sich in einem Königreich aufhalten.
Handelt es sich um einen Herausforderer¸ so werden die jeweils unmittelbar an die Anführer angrenzenden Tempel gezählt. Diese Zahl kann zusätzlich durch Tempel-Opferungen von den Marken hinter dem Spielschirm unterstützt werden¸ die anschließend das Spiel verlassen. Wer mehr göttliche Macht aufweisen kann¸ gewinnt (Verteidiger siegt bei Gleichstand) - der Verlierer räumt das Feld.
Bei der Fusion zweier Königreiche durch ein Zivilisationsplättchen¸ werden dagegen die Anhänger des Anführers (sprich die Marken gleicher Farbe) gewertet¸ die er vor dem Zusammenschluß hatte. Wiederum können die Anhänger mit gleichfarbigen Marken aus dem Spielschirm ergänzt werden¸ die später das Spiel verlassen. Aber auch der Verlierer und all seine beteiligten Anhänger werden vom Spielfeld (bringen dem Gewinner Siegpunkte) genommen.
Das Spiel läuft im Uhrzeigersinn und jeder Spieler darf während seines Spielzuges zwei der folgenden Aktionen ausführen:
- Einen Anführer setzen
eigene Anführer können nur in die unmittelbare (noch freie) Umgebung von Tempeln gesetzt werden oder vom Spielfeld entfernt (was automatisch passiert¸ falls der Tempel zerstört wird). Wasser ist dabei Tabu. Anführer sind die Basis für den Anbau von weiteren Zivilisationsplättchen ihrer Farbe - zumindest wenn er Siegpunkte bringen soll. - Ein Plättchen legen
Zivilisationsplättchen dürfen auf alle freien Felder gelegt werden¸ wobei die Sonderstellung des Ackerbaus (nur am Wasser) zu beachten ist. Siegpunkte werden immer dann verteilt¸ wenn das neue Plättchen in einem Königreich integriert wird¸ daß einen Anführer derselben Farbe¸ bzw. einen König (schwarz¸ universelle Farbe) aufweist. Siegpunkte werden durch kleine (Wert 1) und große (Wert 5) Holzquader der entsprechenden Farbe mitgezählt - verdeckt¸ hinter dem jeweiligen Sichtschirm des Spielers. - Ein Katastrophen-Plättchen legen
Jeder Versuch von Zivilisation (Plättchen) kann durch eine Katastrophe vernichtet werden. Die Ausnahme bilden Felder mit Schätzen oder gar Monumenten. Jeder Spieler erhält zu Beginn des Spieles zwei dieser Marken¸ einmal eingesetzt¸ verbleiben sie bis zum Spielende auf dem Spielfeld. - Bis zu sechs Zivilisations-Plättchen tauschen
Der Spieler kann von den Plättchen hinter seinem Schirm eine beliebige Menge aus dem Spiel nehmen und sich dafür neue aus dem Sack ziehen¸ die schon während der zweiten Aktion eines Spielzuges verwendet werden dürfen.
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Monumente sind Zeichen besonderer Macht un bringen deshalb dem aktiven Spieler bei Rundenende Siegpunkte ein - soweit einer seiner Anführer im Königreich aufhält und einer der Farben des Monuments entspricht.
Bauen kann man ein solches Monument auf vier im Quadrat angeordneten Plättchen gleicher Art. Die Monumente bestehen jeweils aus zwei Farben und müssen mit einer zu der Basis passen. Beim Bau werden die vier Marken umgedreht und verlieren ihren ursprünglichen Wert (z.B. als Stütztempel für einen angrenzenden Anführer). Sowohl Menge¸ als auch Farbkombinationen der Monumente sind begrenzt.
Spielende
Das Spiel endet wenn es nur noch weniger als 3 Schätze gibt oder alle Plättchen aus dem Beutel genommen wurden.
Gewertet wird bei der Auszählung der schwächste Bereich (Handel¸ Bevölkerung¸ Landwirtschaft oder Tempel) bewertet¸ bei Gleichstand der zweitschlechteste¸ usw. Hier kommt der hohe Aspekt der Ausgewogenheit zum tragen¸ der während des eigentlichen Spiels weniger zum Tragen kommt (Bei den Machtkämpfen sind ja eher einseitige Anordnungen - passend zum Anführer - hilfreich). Hier erweist sich der gerade noch so gefürchtete "Herr aller Bauern" leicht als Verlierer¸ weil er seine Schwächen in den anderen Bereichen nicht genügend beachtet kann. Raffiniert ist in dieser letzten Phase die richtige Verteilung der neutralen Schätze¸ mit der sich so manche Schwäche ausgleichen läßt.
Thema: Service
Sehr lobenswert ist die Tatsache daß der Verlag registrierten Besitzern des Spiels¸ kostenlosen Ersatz (bis auf die Portokosten) beim Verlust einzelner Spielelemente gewährt - das nennt man guten Service !
Fazit
Puh... wie der geneigte Leser bis hierhin zweifelsfrei feststellen konnte¸ ist Euphrat & Tigris nicht gerade ein Spiel¸ was man in "5 Minuten draufhat". Ganz im Gegenteil bedarf es eines intensiven Studiums der Anleitung und eines Probespiels¸ während dessen die Mitspieler alle Fragen loswerden und zwanglos ausprobieren können.
Die zahlreich möglichen kniffligeren Spielsituationen werden sowohl in aller Kürze auf den Sichtschirmen¸ als auch etwas ausführlicher in der Anleitung und auf dem extra Doppelbogen gut anhand von Illustrationen und erklärendem Text erläutert. Notwendig und auch gut umgesetzt.
Wie bereits eingangs erwähnt¸ hinterläßt das Spielmaterial durchwegs einen sehr guten Eindruck¸ der sich im Anspruch der Texte und Illustrationen fortsetzt. Ein beispielhaftes Spiel¸ das zudem noch eine Menge anspruchsvolle Unterhaltung bringt und sicherlich viele Freunde finden wird.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de