Hiobs Botschaft 2: Traumsaat
"Ein gutes Rollenspiel kommt nicht ohne gute Romane aus!" ist sicherlich kein Lehrsatz aus dem Buch für erfolgreiche Rollenspielverlage¸ aber er hat sich oftmals bewährt. Das ein Rollenspiel durch gute Begleitromane eine große Fangemeinde gewinnen kann¸ haben nicht nur DSA und Shadowrun gezeigt deren Geschichten natürlich auch von vielen Leuten konsumiert werden¸ die noch nie ein Rollenspiel in Händen hielten.
Anfangs betrachtete ich die breit angelegten Pläne von Feder&Schwert zur Produktpalette (Rollenspiel¸ Musik-CD¸ Comic und Roman-Triologie) von Chroniken der Engel eher mit Skepsis¸ doch inzwischen konnten mich sowohl das Rollenspiel wie auch die Romanserie voll überzeugen. Und wie auch bei oben genannten Beispielen anderer Rollenspiele¸ stellt der Roman ein ungeheuere Bereicherung für jeden Engel-Spielleiter dar¸ dürfte aber auch leichtfüßig jeden nicht Rollenspieler in seinen Bann ziehen.
Der zweite Band der Triologie präsentiert die Suche des gefallenen Engel Calliel¸ der nun als flügelloser Engel Hiob durch das düstere¸ mittelalterlich angehauchte Europa zieht um seiner Bestimmung zu folgen: die Sicherstellung der Wissenssammlung seines gefallenen Ordnens.
Nachdem ihn sein Weg einst ins nordische Trondheim führt¸ lockt ihn die Spur nach einem Ordensbruder der die Vernichtung überlebt hat und nun mit dem Ordensbuch auf der Flucht ist¸ über Nürnberg nach Prag.
Obwohl er auf seinem Weg nur wenig Möglichkeiten ausläßt¸ die angelistische Kirche mit seinen kritischen Gedanken zu konfrontieren¸ gelingt ihm stets die Flucht aus brenzligen Situationen¸ gerade so als ob wirklich eine höhere Macht seine Hände schützend über ihn halten würde.
Auf seinem Weg begleiten ihn neue Freunde und auch alte Bekannte aus dem ersten Teil der Triologie stellen sich wieder ein¸ ja erscheinen gerade im einzig richtigen Moment.
Im vorliegenden zweiten Teil geht es jedoch nicht nur um Hiob. Auch die Angelistische Kirche¸ über deren Pläne und Struktur man wieder sehr viel neues erfährt¸ geht es nur am Rande. Ein anderer Spieler tritt auf die Bühne: die Traumsaat¸ das vermeintlich stupide insektoide Gezücht des Herrn der Fliegen¸ lüftet seine Maske ein wenig.
So darf der Leser an einer Schlacht gegen Tours¸ die französische Hochburg der Ketzer teilnehmen. Er bekommt Einblick in die heimtückische Kriegsführung der Traumsaat und darf an einer konspirativen Verschwörung teilnehmen¸ die in Prag ihren Ursprung und ihr Ende hat.
Während mich der erste Teil von Hiob's Botschaft anregte¸ vermochte es der zweite Teil "Traumsaat"¸ mich zu fesseln. Der Autor Severin Rast versteht es gekonnt¸ Handlungsfäden ins fast Unübersichtliche zu zerfasern und schließlich¸ zur rechten Zeit¸ in kleinen Feuerwerken wieder zu bündeln. Es ist hervorzuheben¸ daß dieser Band nicht genau einen Höhepunkt hat¸ sondern viel kleine¸ die dem Leser zwischendurch die Luft zum Atmen lassen. Es scheint gerade so¸ als spiele der Autor der Handlung¸ wie ein Angler mit seiner Angelrute - in schüben ruckend und nach einem Zug immer wieder nachgebend¸ was einzig den Zweck hat¸ den Haken tiefer ins Fleisch zu treiben.
Fazit:
Hiob's Botschaft 2: Traumsaat treibt den Haken der Begeisterung tiefer ins Leserfleisch¸ als der erste Teil es vermochte und es wird kein Leichtes¸ den dritten Teil abzuwarten¸ der hoffentlich viele offene Fragen beantwortet ohne alles zu beantworten.
Wer sich für Fantasy begeistern kann und zur christlichen Religion ein entspanntes Verhältnis hat¸ wird sich für diese Triologie begeistern können.
Rollenspieler¸ die ihre erste Runde Chroniken der Engel noch vor sich haben¸ sollten sich jedoch zurückhalten und vielleicht erst einmal ihren Spielleiter nach Rat fragen¸ ob das Wissen aus dem Roman¸ seine Chronik gefährden.
Ein göttlicher Roman - und das nicht nur¸ weil's hier um Engel und eine Kirche geht.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de