Eberron Kampagnenwelt
Eberron ist eine Kampagnenwelt für D&D 3.5. Eberron stammt aus einem Wettbewerb wo WotC ein neues offizielles D&D Setting gesucht haben. Dies ist der Gewinner aus gut 10.000 Einsendungen. Damit ist es außer Greyhawk (das zwar das Grundsetting ist¸ aber nicht unterstützt wird) und Vergessene Reiche¸ das einzige offizielle Setting von D&D zur Zeit. Das was mich und einige andere abgeschreckt hat¸ war die Werbung die sagte: "Alles was es bei D&D gibt¸ findet seinen Platz in Eberron." Zum Glück war es nicht so¸ wie man es aus den Vergessenen Reichen her kennt¸ eine unsinnige aneinander Stückelung von High-Fantasy Gestalten und Orten. Hier die größten Unterschiede zu anderen Kampagnenwelten:
Die Welt entspricht mehr der Renaissance als dem Mittelalter
Es spielt kurz nach einem Großen Krieg
Es gibt starke Pulp/Viktorianische/Steampunk Elemente
Magie ist ein Bestandteil des täglichen Lebens
Es gibt keine Epischen Nichtspielercharaktere die (ständig) die Welt retten
Die Götter sind nicht nachweisbar und die Kirchen nicht gesinnungsgebunden
Die Drachenmalhäuser sind mächtige Gilden und Ökonomie ist ein wichtiger Bestandteil der Welt
Schauen wir uns mal das Inhaltverzeichnis an:
Einleitung¸ Spielbare Völker¸ Charakterklassen¸ Was Helden ausmacht¸ Prestigeklassen¸ Magie¸ Ausrüstung für Abenteurer¸ Leben in der Welt¸ Organisationen¸ Eine Eberron Kampagne¸ Magische Gegenstände¸ Monster¸ Die vergessene Schmiede
Die Einleitung macht auf den generellen Ton der Kampagne aufmerksam und die Filmografie weist auf Filme wie From Hell¸ Pakt der Wölfe¸ Fluch der Karibik u.a. hin¸ also wesentlich weniger auf mittelalterliche als schon fast viktorianische Gestaltungselemente.
Spielbare Völker sind alle Völker¸ die auch in dem Spielerhandbuch vorkommen. Zusätzlich gibt es die Wandler¸ die Wechselbälger und die Kriegsgeschmiedeten. Bereits hier wird schon auffällig¸ was sich meiner Meinung nach¸ durch das ganze Buch zieht¸ es werden immer mindestens zwei Auswahlmöglichkeiten gegeben. Einerseits die klassische Version¸ im Fall der Völker¸ Elfen im Wald¸ Zwerge im Gebirge¸ anderseits eine frische neue Version¸ z.B. Elfen als kriegerisches Wüstenvolk und Zwerge als Städte bewohnende Finanzmogule. Der Autor hat diesen Balanceakt ziemlich gut und konsistent durchgeführt. Es wirkt nicht wie ein Flickenteppich¸ sondern wie eine gewachsene Welt. Zurück zu den vier neuen Rassen. Der Wandler ist ein Nachfahre von Werwesen und eine sich natürlich vermehrende Rasse. Er kann bestimmte Eigenschaften seiner Vorfahren manifestieren¸ jedoch relativ schwach. Der Wechselbalg ist ein Nachfahre der Doppelgänger und kann sein Aussehen verändern¸ auch diese sind inzwischen eine eigenständige Rasse. Der Kriegsgeschmiedete ist ein lebendes Konstrukt¸ das in dem letzten Krieg gebaut wurde um als Soldat zu dienen. Die Kalashtar sind psionisch begabte Wesen welche in verschiedenen menschlichen Wirtskörpern geboren werden. Interessanterweise haben alle neuen Rassen in der Welt mit Vorurteilen bis hin zu Rassismus zu kämpfen. Was zunächst wie eine billige Kopie wirken mag¸ bietet dem typischen D&D Spieler neue Möglichkeiten. Die Kriegsgeschmiedeten als gesamte Rasse sind ungefähr 20 Jahre alt¸ viele jünger als 5 Jahre. Ihr Daseinszweck¸ der Krieg hat aufgehört. Jeder Spieler hat sozusagen die Möglichkeit mit einem Kriegsgeschmiedeten als Charakter die Rasse zu definieren. Auch für Spieler die nicht so gerne auf eine Rasse festgelegt sein wollen¸ können mit dem Wechselbalg¸ heute ein Elf¸ morgen ein Zwerg und übermorgen wer was sein. Bei den Wandlern kamen mir unweigerlich die (Anime) Furries in den Sinn. Eine sehr nette Sache ist auch¸ dass die Orks diese Welt in der Vergangenheit mal gerettet haben und Wahrer der Druidischen Kultur sind. Während also ein Halb-Ork immer noch 'barbarisch" ist¸ so ist er wenigstens völlig in der Welt integriert. Überhaupt¸ während Menschen zwar die momentane bestimmende Kultur sind¸ so sind sie in der Geschichte relativ unbedeutend und es ist fraglich ob sie sich in der Zukunft behaupten werden.
Die Charakterklassen sind dieselben wie im Spielerhandbuch¸ es wird hier auf die Gestaltung in Eberron Bezug genommen. Von Anfang an werden die psionischen Klassen mit einbezogen¸ die aus dem Psi-Handbuch stammen. Die einzig neue Charakterklasse ist der Magieschmied. Dieser ist der ultimative Ausrüstungscharakter. Er kann magische Gegenstände herstellen und Ausrüstung bzw. Konstrukte verzaubern. Im Großen und Ganzen ein Allrounder. Es hängt ganz von der Gruppe ab¸ ob diese Klasse ein Star oder eine Niete ist. Eine Gruppe mit Kriegsgeschmiedeten¸ viel Zeit und Geld wird 'Scottie" nicht missen wollen. Eine Gruppe die mit Magiern und Schurken ausgestattet¸ auf einer Expedition ins Niemandsland unterwegs ist¸ wird dagegen den Magieschmied¸ als ewigen zweiten Mann ansehen.
Jetzt geht es so langsam ans Eingemachte. Es gibt Aktionspunkte¸ die auf einen bestimmten Wurf einen zusätzlichen Würfel addieren. Dies ist für filmische Sequenzen gedacht und funktioniert auch genauso. Während man nicht viele davon hat¸ so ist man heilfroh wenn der verpatzte Rettungswurf dann plötzlich doch geschafft wird. Die Talente sind um für Eberron typische Sachen ergänzt¸ d.h. Möglichkeiten mit Aktionspunkten¸ Kombinationsklassen für Paladine und Mönche¸ Drachenmale (jedes einzelne mit Abbildung)¸ die Sekten der Druiden usw. Es wird dann auf die einzelnen Drachenmale eingegangen. Ein Drachenmal ist ein magisches Zeichen das wie ein Tattoo aussieht und dem Träger ermöglicht einen bestimmten Zauber anzuwenden. Der Träger muss dafür selber keine magische Ausbildung oder ähnliches besitzen. Diese Male gibt es in verschiedenen Größen¸ je größer desto mächtiger. Diese Male vererben sich in gewissen Familien¸ die die Drachenmalhäuser genannt werden. Die Drachenmalhäuser sind Dienstleister in der Welt von Eberron und verkaufen ihre Fähigkeiten¸ z.B. magische Heilung¸ Botschaften senden (eine Art magisches Telefon)¸ Wetterzauber usw. Die Religion umfasst ein Pantheon und mehrere andere Religionen. Dieses Pantheon¸ die himmlische Heerschar¸ reagiert auf andere Gottheiten¸ wie das römische Pantheon in unserer Welt¸ es assimiliert sie¸ als Aspekte einer der Gottheiten. Dadurch hat man eine überschaubare Anzahl von Gottheiten und auch Monstergottheiten sind dort wieder findbar. Es gibt dort noch eine weitere¸ monotheistische¸ Religion¸ die silberne Flamme¸ die sehr aggressiv für das Gute kämpft. Die Elfen haben noch eine Religion¸ die den Ahnenkult huldigt¸ wobei die Ahnen lebende Tote sind. Und es gibt noch eine Religion die Untote verehrt¸ das Blut der Vol. Da Gesinnungen nicht an die Kirche gebunden sind¸ findet man in 'Guten" Kirchen¸ durchaus böse Kleriker und in 'Bösen" Kirchen durchaus gute Anhänger.
Die Prestigeklassen sind auf das Setting bezogen¸ so gibt es den Meisterdetektiv¸ den Erben des Drachenmal¸ den Kriegsmoloch usw.
Magie ist auf Eberron weit verbreitet und wird auch für tägliche Dinge in Anspruch genommen. Man kann sagen¸ dass die Zauber der ersten paar Stufen mehr oder minder alltäglich¸ im Gegensatz dazu die der höheren Stufen fast gar nicht zu bekommen sind. Es wird viel mit den Drachensplittern und Elementarmagie gearbeitet¸ was zur Folge hat¸ das es elementargetrieben Luftschiffe¸ eine Eisenbahn und jede Menge Magieverstärker gibt. Die bei D&D beliebten anderen Existenzebenen gibt es hier auch¸ allerdings mit einem netten Kniff. Sie kreisen um die materielle Ebene wie Planeten um die Sonne. Je nach Entfernung üben sie Macht auf die materielle Eben aus (das ist die Astrologie auf Eberron) und Bewohner der Ebenen aka Teufel¸ Dämonen¸ Engel¸ Elementare können die Ebene wechseln. Es gibt auch Orte wo dieser Einfluss permanent ist. Es gibt auch ein paar neue Zaubersprüche¸ die sich hauptsächlich mit Konstrukten und dem Magieschmied befassen.
Das Kapitel Ausrüstung umfasst ein paar neue Waffen¸ das Konzept des Personalausweises¸ Güter und Dienstleistungen¸ Transport und neue Materialien¸ wie Kristallstahl oder Dichtholz.
Mit gut 100 Seiten folgt nun das längste Kapitel mit dem Leben in der Welt von Eberron.
Kurze Zusammenfassung der Weltgeschichte¸ die Weltendrachen Khyber¸ der Zerstörer und Siberys¸ der Schaffer bekriegen sich untereinander. Siberys ist am verlieren¸ als es Eberron gelingt Khyber gefangen zu nehmen. Damit haben wir Siberys¸ den Planetenring und die Sterne¸ Eberron¸ die Welt und Khyber die Unterwelt. Die verschiedenen Schöpferdrachen schufen auch verschiedene Rassen. Kybhers Nachkommen¸ Dämonen u.ä reißen die Herrschaft der Welt für viele Jahrtausende an sich¸ bis eine Allianz aus Drachen und Couatl¸ diese in den Tiefen Kybhers bindet. Danach erhebt sich aus den Ruinen ein Reich der Riesen¸ diese herrschen auch mehrere Jahrtausende und fallen durch eine Invasion aus den Traumreichen¸ um diese Invasion aufzuhalten setzen die Riesen Magie/Waffen ein die Xen"drik mehr oder minder zerstört. Da ein Schlag auf die Nachbarkontinente befürchtet wird gibt es einen Drachen-Riesenkrieg. Die Drachen gewinnen unter hohen Verlusten. Die Orks und Goblioniden errichten eine Nation auf Khorvaire und regieren einige Jahrtausende. Eine Invasion von einer anderen Ebene zerstört mehr minder das goblionide Reich. Irgendwann später kommen Elfen und Menschen und erobern Khorvaire zum Teil. Nach allgemeinen Dingen wie Zeitrechnung Jahreszählung wird nun auf Khorvaire eingegangen¸ der der Zentrale Punkt der Kampagne ist. Khorvaire ist der nördliche Kontinent¸ außer ihm gibt es noch Xen"drik¸ das unerforschte Land¸ Argonessen¸ das Land der Drachen und Sarlona¸ die Heimat der Erleuchteten. Hier nur einige Höhepunkte aus den Beschreibungen von Khorvaire: Sharn in Breland¸ eine Metropolis¸ deren Türme in den Himmel ragen¸ ideal als Elf-Punk Setting. Darguun¸ ein Land regiert von Goblioniden¸ wer raue Diplomatie mag ist hier richtig. Die Dämonenöde¸ eine offene Wund in Eberron¸ wo uralte Artefakte und deren Beschützer lauern (hat so was von Mordor). Droam¸ wo Monster regieren¸ d.h. es gibt dort eine gewisse Zivilisation unter den Monstern. Dies wiederum kann zu interessanten Diplomatischen Abenteuern führen. Das Eldeenreich wo die verschiedenen Druidensekten ihre geheimen Plots schmieden. Fürstentümer von Lhazaar¸ wer gerne ein wenig Wikingerflair möchte ist hier gut aufgehoben. Hier gibt es auch das Gefängnis Schreckensfeste¸ das uns ein wenig an den Grafen von Monte Christo erinnert. Karrnath eine Nation die sich stark für den Frieden eingesetzt hat¸ allerdings eine Untoten Armee aufbaut und auch ansonsten eine Menge dunkler Geheimnisse hat. Das Klageland¸ ein ganzes Land vernichtet durch ein unbekanntes Ereignis¸ jetzt umgeben von Nebel und in dem Nebel gibt es nur noch nicht verwesende Leichname und Untote. Die Talenta-Ebene¸ Heimat der Dinosaurierreitenden Halblinge. Thrane¸ die Theokratie der silbernen Flamme¸ eine gute Religion¸ bekannt wegen ihrer Kreuzzüge gegen die Nachbarn. Zilargo¸ Heimat der Gnome und der Khorranberger Chroniken¸ die Zeitung in Khorvaire¸ das friedlichste Land weit und breit. Als Standardlektüre sei Orwells 1984 in gnomisch empfohlen.
Das Kapitel Organisationen schaut auf die aktiven Troublemaker oder Connections für Abenteurer. Da die meisten Organisationen Kontinentübergreifend agieren¸ kann man hier schöne Erzfeinde oder -freunde für die Charaktere basteln. Die Organisationen reichen von völlig mundanen Bösewichtern¸ die sich mit allen wirtschaftlichen Mitteln die Macht sichern wollen (Das Aurum)¸ über die Bibliothek von Korranberg und den Drachenmalhäusern¸ bis hin zu Existenz bedrohenden High-Fantasy Gegnern wie den Staubfürsten.
Wie man eine Eberron Kampagne leitet wird im nächsten Kapitel nicht erklärt¸ aber ein paar Tipps werden gegeben. Im kurzem¸ weniger Hack & Slay¸ stattdessen mehr Pulp. Die nächsten zwei Kapitel gehen auf die magischen Gegenstände und die Monster ein. Beide beziehen sich auf vorher angeschnittene Themen¸ wie die lebenden Toten der Elfen oder die lebenden Zauber der Klagelande. Das abschließende Abenteuer 'Die vergessene Schmiede" ist ein klassisches Dungeon-crawl¸ mit einem Ziel und eine bisschen Flair. Ich vermute mal¸ man wollte den typischen (amerikanischen) D&D Spieler nicht zu sehr erschrecken.
Meiner Meinung nach setzt WotC und Feder & Schwert mit der D&D Reihe den Standard für Rollenspielbücher¸ Hardcover¸ 4-farbig¸ gute Bindung¸ professionelles Artwork¸ übersichtliches Layout.
Fazit:
Eberron spaltet die Meinungen in der D&D Welt. Es ist alles das¸ was die Vergessenen Reiche nicht sind und dafür bin ich dankbar. Während ich erst skeptisch war und vieles einfach als kopiert und haben wir doch schon tausendmal gesehen abgetan hatte¸ wurde ich eines besseren belehrt. Je mehr ich las desto besser wurde es. Wie man so häufig sagt¸ liegt der Teufel im Detail und den hat Herr Baker im Griff gekriegt. Ich kann die Kampagne Eberron nur empfehlen.
Eine Rezension von: Sascha 'Verminlord'