The Dying Earth RPG Core Rules
Der kleine Verlag Pelgrane Press legt mit dem Dying Earth-System ein Rollenspiel vor¸ daß auf den Dying Earth-Romanen Jack Vance basiert. Das vorliegende Grundbuch umfaßt knapp 200 Seiten und ist in einem lockeren Tonfall geschrieben¸ was es sehr gut lesbar macht. Unterteilt ist das Ganze in 13 Kapitel in denen die üblichen Sachen wie Charaktererschaffung¸ Spielleitertips¸ Vorstellung des Landes etc. behandelt werden.
Welt
Die Welt¸ die von Jack Vance in seinen Romanen beschrieben wird¸ ähnelt dem viktorianischen Zeitalter auf der Erde - mit dem Unterschied¸ daß die Dampftechnik nicht erfunden ist. An ihre Stelle ist Magie getreten.
Magie ist auf der Welt allgegenwärtig¸ die mächtigsten Magier sind sogar in der Lage¸ durch Raum und Zeit zu reisen und fremde¸ weit entfernte Sterne zu besuchen. Magie ist überall¸ durchdringt jeden Bereich des Lebens. So ist es auch nur logisch¸ daß die Helden zum Großteil magisch begabt sind.
Das Ganze spielt vor dem Hintergrund einer Welt¸ die dem Untergang geweiht ist. Die Sonne ist alt¸ sehr alt¸ und liegt im Sterben. Die Zivilisation hat ihre Blütezeit schon lange Zeit hinter sich. Damit ähnelt sie Talislanta oder Earthdawn¸ wo die Zivilisation ja auch in Trümmern liegt¸ mit dem Unterschied¸ daß sich bei den beiden Systemen die Welt erholt¸ während sie bei Dying Earth untergehen wird (der Name kommt also nicht von ungefähr...).
Die Welt ist nur sehr lückenhaft beschrieben¸ um Spielleitern Platz für Entfaltung eigener Ideen zu geben - somit wird die DSA-Krankheit ("Das Dorf hat 433 Einwohner und nicht 200¸ wie du behauptet hast¸ Spielleiter! Steht so im Aventurischen Boten von 1995¸ Seite 23¸ rechte Spalte¸ dritter Satz!")¸ das alles zu sehr beschrieben ist¸ verhindert. Es werden nur die größten Städte¸ umwobensten Ruinen und wichtigsten Landschaftsmerkmale beschrieben. Dazu gibt"s noch eine Reihe der wichtigsten¸ aus den Romanen bekannten¸ Figuren sowie ein obligatorisches Monsterkompendium und Ausrüstungstabellen.
System
Das System ist sehr simpel aufgebaut - alle Aktionen werden mit einem sechsseitigen Würfel ermittelt¸ wobei eine 1 ein katastrophaler Patzer¸ eine 2 ein normales Scheitern¸ eine 3 ein normaler Erfolg usw. bedeutet. Auf das Ergebnis des Wurfes kommen je nach Situation Boni oder Mali. Hinzu kommt¸ daß man bei jeder Fertigkeit¸ die man besitzt¸ einen Pool an Punkten hat¸ den man benutzen kann¸ um Würfe zu wiederholen. Dieses System hört sich in der Theorie ganz gut¸ hat sich aber bei Probespielen als sehr unbefriedigend erwiesen¸ da die Spanne einfach zu klein ist. Aber das ist wohl Geschmackssache.
Charakter
Kommen wir zu einem wichtigen Bestandteil eines jeden Spiels¸ den Charakteren.
Was dem geneigten Spieler als Erstes auffallen dürfte¸ ist das Fehlen von Attributen bei den Charakteren. Ja richtig¸ es gibt keine Stärke¸ keine Geschicklichkeit¸ keine Intelligenz¸ gar nichts. Dafür gibt es vier wichtige Eigenschaften¸ nämlich Persuade (Überredungskunst)¸ Rebuff (Abweisen - also einem Überredungsversuch zu widerstehen)¸ Attack und Defense.
Bei jeder dieser Fertigkeiten gibt es sechs verschiedene Stile¸ die man entweder auswählen kann oder aber per Zufall bestimmen kann¸ die aber auf jeden Fall die Art des Charakters beeinflussen. Jemand¸ der Schmeichlerisch redet und vorsichtig kämpft¸ ist sicher anders als jemand¸ der wie ein Anwalt redet und mit allen schmutzigen Tricks kämpft. Diese vier Fertigkeiten legen also schon ein wenig die Art des Charakters fest.
Der Charakter bekommt zu Beginn¸ je nach Anfangslevel¸ 60 bis 160 Punkte¸ mit denen er diese vier Grundfertigkeiten steigern kann¸ sowie andere Fertigkeiten¸ Magie¸ Reichtum u.ä. erwerben kann. Das System ähnelt hierbei GURPS oder Shadowrun.
Nachdem man seinen Charakter nun fertig erschaffen hat¸ folgt bei den meisten Systemen das Schreiben seiner Hintergrundgeschichte. Nicht so bei Dying Earth¸ welches Spielern dazu rät¸ die Hintergrundgeschichte sowie die Eigenschaften zu ignorieren¸ da sie für das Spiel nicht wichtig wären. Naja¸ muß jeder selber wissen¸ was er davon halten soll¸ mir hat"s nicht gefallen.....
Magie
Da Magie ein sehr wichtiger Faktor in der Welt ist¸ sollten auch die Charaktere zur zaubernden Klasse gehören¸ andernfalls könnte das Leben für sie recht schwer werden. Magie läßt sich in drei Richtungen einteilen: Flüche/Segnungen und leichte¸ schnelle Sprüche¸ die jeder Magiebegabte sprechen kann¸ Verzaubern und Herstellen von magischen Gegenständen und das Beschwören von Geistwesen aus reiner Magie¸ die bei komplexen Sprüchen etc. helfen.
Diese Sprüche können sich oft über sehr lange Zeit hinziehen und bei ihrer Intonierung darf kein Fehler gemacht werden¸ ohne daß für den Anwender unerfreuliche Dinge (wie das Verwandeln in blauen Schleim) passieren. Hierzu werden als Hilfe die Geistwesen beschworen¸ die dann diese gefährlichen Arbeiten übernehmen müssen. Allerdings sind nur Erzmagier in der Lage¸ diese Wesen auch zu kontrollieren.
Das Magiesystem hat mir sehr gut gefallen¸ es enthält eine Fülle an Sprüchen¸ Gegenständen und Ideen¸ scheint aber ein wenig unpraktikabel zu sein.
Fazit:
Als Fazit hat mir die Welt sehr gut gefallen¸ nur die Regeln überhaupt nicht. Wenn man bereit ist¸ für die (sehr grobe) Ausarbeitung der Dying Earth-Welt 30$ (also knapp 70 Mark zu bezahlen) und das ganze dann mit GURPS-Regeln spielen würde¸ wäre es reizvoll¸ so hat mich das System aber nicht wirklich überzeugt.
Eine Rezension von: Lars Heitmann