Weg nach Drakonia (4e)
Bei den typischen Brettspielen¸ die vor dem Hintergrund eines Rollenspiels entwickelt werden¸ wird meist versucht eine Art abgespecktes Tabletop zu entwickeln¸ bei dem die Spieler mit einer oder mehreren Spielfiguren durch Dungeons oder Landschaften ziehen müssen. Irgendwie habe ich bei der Ankündigung von FanPros neuem Spiel Der Weg nach Drakonia ähnliches erwartet und war deshalb auch im Vorfeld nur mäßig interessiert.
Ich war angenehm überrascht¸ als ich mir das Spiel auf der Spielemesse zum ersten mal näher anschauen konnte. Statt einem auf kleinen Felder basierenden Areal¸ macht das langezogene Spielfeld mit seinen sieben kreisförmigen Orten einen angenehm aufgeräumten Eindruck. Dazu gesellen sich 12 verschiedenfarbige Pappelemente für jeden der maximal sechs Spieler und ein Stapel Spielkarten. Da hat FanPro tatsächlich ein "normales" Brettspiel vor dem Hintergrund Aventurien entwickelt... meine Neugierde war geweckt.
Das sehr ansehnlich illustrierte Spielbrett hat wie schon erwähnt 7 Ortschaften¸ sprich Spielfelder¸ die die Spieler mit ihrern Heldenfiguren (durch die Pappmarker dargestellt) bereisen müssen. Die Ortschaften sind mit den Werten 0 (Startfeld) bis 6 (Drakonia) durchnummeriert¸ was einerseits die Zugreihenfolge verdeutlich und andererseits den Wert einer Heldenfigur widerspiegelt¸ der sich auf diesem Feld befindet. Das wird bei der Endabrechnung wichtig¸ denn nicht der Spieler gewinnt¸ der als erster Drakonia erreicht¸ sondern der Spieler mit den meisten Punkten.
Jeder Spieler sucht sich zu beginn ein aventurisches Volk aus¸ aus dem seine Helden stammen sollen. Der spielrelevante Unterschied zwischen den Völkern (Waldelfen¸ Garetier¸ Mohas¸ Thorwaler¸ Tulamiden¸ Zwerge) ist die Verteilung der Berufsklassen Krieger¸ Magier¸ Priester und Dieb auf den zwölf Markern. Zum Beispiel verfügen die Waldelfen über einen Pool aus 5 Zauberern¸ 2 Kriegern¸ 2 Priestern und 3 Dieben und die Zwerge über 2 Zauberer¸ 5 krieger¸ 2 Priester und 3 Diebe.
Zur gleichen Zeit darf jeder Spieler vier bis sechs Charaktere auf dem Spielfeld haben (hängt von der Spielerzahl ab¸ 6 bei zwei Spielern)¸ d.h. man muß aus seinem Pool eine Auswahl treffen¸ die zur eigenen Spieltaktik passt. Da Helden auf der Reise verletzt und sogar getötet werden können¸ kann es durchaus interessant sein¸ ob man nun zwei oder fünf Helden von einer Klasse hat.
Bei Der Weg nach Drakonia handelt es sich um ein "Teamspiel"¸ d.h. der Spieler zieht Vorteile daraus¸ wenn seine Helden auf dem gleichen oder zumindest benachbarten Feldern stehen. Wer das eigene Feld zu weit streut¸ oder von seinen gemeinen Mitspielern zu weit auseinanderreissen läßt¸ riskiert damit¸ daß die Aktionsmöglichkeiten arg zusammenschrumpfen.
Der Teamcharakter wird beim Spiel zu Sechst noch einmal aufgepeppt¸ denn dann spielen jeweils zwei Spieler zusammen¸ d.h. Aktionen dürfen auf eigene und befreundete Helden gespielt werden.
Beim Thema Aktionen kommen die Karten ins Spiel. Analog zu den vier Klassen gibt es vier verschiedene Sorten von Spielkarten¸ die durch ein zur Klasse passendes Deckblatt mit Symbol kenntlich gemacht wurden - ein Buch für den Magier¸ ein Tempel für den Priester¸ ein Schwert für den Magier und ein Schlüssel für den Dieb. Die Karten liegen in vier separaten Stapeln neben dem Spielbrett.
Die Vorderseite der Karten zeigt eine Kombination von bis zu drei Aktionen¸ wie Vor- oder Zurückbewegen eines Helden einer bestimmten oder beliebigen Klasse¸ Heilung eines Helden oder Verletzung eines Helden.
Wichtig zu Erwähnen ist¸ daß zur Benutzung einer Karte stets alle abgebildeten Aktionen ausgeführt werden müssen (einzige Ausnahme ist die Heilung des Priesters)¸ d.h. läßt sich aufgrund fehlender passender Klassen auf einem Feld eine Aktion nicht umsetzen¸ darf die Karte (dort) nicht benutzt werden.
Maximal darf man vier Karten auf der Hand halten.
Gespielt wird reihum. Jeder Spieler darf (in dieser Reihenfolge) einen neuen Helden ins Spiel bringen¸ eine oder mehrere Abenteuerkarten ausspielen¸ den Zauberer einen Schutzzauber (Unsichtbarkeit) auf einen Helden sprechen lassen und eine neue Abenteuerkarte ziehen. Wer weder bewegt¸ noch Karten ausspielt¸ darf einen Helden zu seinen Kollegen zurück ziehen - eventuell sinnvoll um eine stark zersplittete Gruppe wieder zusammen zu führen.
Wer auf all das verzichten kann¸ darf eine oder mehrere Abenteuerkarten ablegen und die gleiche Anzahl neu ziehen.
Das waren eigentlich auch schon die Regeln. Nicht wirklich komplex - aber das macht ein gutes Spiel ja auch oft aus.
Der Weg nach Drakonia ist nicht schwer zu verstehen aber durchaus fordernd wenn es darum geht¸ es zu meistern.
Das Spiel basiert zum Teil auf Glück¸ was durch das Ziehen der Aktionskarten einfliesst¸ basiert aber ansonsten auf Taktik für die Koordination mehrerer Aktionskarten während eines Zuges und last but not least auch auf Spielbrett-Diplomatie¸ denn die Mitspieler können einem ja Steine in den Weg legen¸ indem Helden verletzt oder zurückgesetzt werden. Wer da im Kreuzfeuer der restlichen Mitspieler steht¸ wird es deutlich schwerer haben.
Die durchschnittliche Spieldauer für alle sieben Stationen liegt bei ca. einer Stunde. Wer kurze Spielrunden bevorzugt kann ein oder zwei Stationen ausblenden¸ wodurch diue Spielzeit etwa halbiert bzw. gedrittelt wird.
Technisches
Das Spielfeld ist sehr schön illustiert¸ wofür DSA-Ikone Zoltan Boros verantwortlich ist. Die Marker und die Spielkarten sind aus stabiler Pappe und ebenfalls recht ansehnlich. Die Anleitung ist vorbildlich - und zwar vom Text her¸ wie auch von den enthaltenen Abbildungen. Da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht.
Fazit:
Ich habe nach den ersten Vorankündigungen etwas anderes erwartet¸ bin aber vom vorliegenden Spiel sehr positiv überrascht.
Ein sehr gelungenes Gesellschaftsspiel¸ das nur von den Namen und Motiven her an das Thema Rollenspiel erinnert¸ aber ein völlig "normales" und famillientaugliches Spielkonzept aufweist. Hier kann auch jemand zugreifen¸ der mit DSA ansonsten überhaupt nichts anfangen kann. Und Rollenspielern kann ich Der Weg nach Drakonia allemal empfehlen.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de