Efferds Wogen (4e)
Fantasy-Kritik beim Sternenwanderer
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Doppel-Rezension: Efferds Wogen und Myranische Meere
2015-05-15
Es gibt Standard-Werke, die für viele Rollenspiele nach dem Grundregelwerk erscheinen. Dazu zählen Ausrüstungs- und Magiebände, Monster- und Kampf-Erweiterungen - oder Bücher zur Seefahrt. Bei DSA haben wir derer gar zwei: einmal Efferds Wogen für Aventurien, und seit kurzem Myranische Meere für ...Myranor halt. Was in den recht ähnlichen Büchern steckt, lest ihr jetzt.
Efferds Wogen
Preis: 28,- Euro
Illustratoren: Vincent Dutrait (Cover), Ralf Berszuck (Umschlaggestaltung), Caryad, Mia Steingräber u.a.
Autoren: Stefan Küppers, Chris Gosse, Thomas Römer u.a.
Seitenzahl: 208
Myranische Meere
Preis: 40,- Euro
Illustratoren: Christian Schob (Umschlaggestaltung), Ralf Berszuk (Umschlaggestaltung), Peter Horstmann, Florian Stitz u.a.
Autoren: Peter horstmann, Ulli Lindner, Jochen Willmann u.a.
Seitenzahl: 223
Cover und Illus
Die Wogen ziert ein Taucher, der in Begleitung eines Fischmenschen und eines Delphins zu einer in grünliches Licht getauchten Ruine schwimmt. Ein Riesenhummer bewacht das Gemäuer. Das blaue Gesicht des Risso passt nicht ganz zu seinem grünlichem Körper. Sonst wirkt die Szene stimmig. Die Innenillus sind, wie der Band, in Graustufen gehalten. Gerade bei Schiffstypen sind sie nützlich, da so z.B. aus dem abstrakten Begriff Zedrakke ein eher an Dschunken gemahnendes, geistig präsentes Gefährt wird. Bei einer dunkelhäutigen Seefrau kommen Graustufen allerdings nicht gut rüber, da Details der Haut geschluckt werden.
Die Meere laden mit einem U-Boot zur Erkundung der Tiefsee. Ein Riesenkrake umschlingt es: entweder aus Frust über Lärmbelästigung oder der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit. Auch hier sind die Innenillus in Graustufen abgefasst. Dadurch verschwimmen bei einigen Völkern die Unterschiede, sodass die amphibischen Krakonier den rotgeschuppten Dhagatim und blaue Risso den schwarzen Mahren fast zum Verwechseln ähneln. Dafür sind auch hier erfreulich viele Schiffstypen mit Bildern versehen.
Wegen kleiner Mängel gebe ich beiden Büchern 4 von 5 Sterne.
Formalia und Aufbau
Ein einseitiges Inhaltsverzeichnis ist mir persönlich bei über 200 Seiten zu wenig. Besonders den Beschreibungen des Meers der Sieben Winde/Thalassions fehlen einfach weitere Unterpunkte, die den langen Text lesbarer gestalten. Ein mehrseitiger Glossar am Ende erklärt wichtige Begriffe der Seefahrt. Für jemanden, der keine Ahnung von der Materie hat, wäre jedoch ein genereller Abschnitt bzgl. Backbord, Kreuzen usw. hilfreich. Der Index der Wogen umfasst viereinhalb Seiten, die Meere nur drei. Ob darunter die Übersicht leidet, sei aufgrund des noch nicht erfolgten Einsatzes am Spieltisch offen gelassen.
Am Schluss finden sich einerseits Pläne vom Schiffen. Die Wogen fahren hier eine schnittige Schivone, eine schwerfällige Potte, altehrwürdige Thalukke und geruderte Tireme auf. Die Meere bieten einen zweirümpfigen Katamaran, Dschunke und eine Schraubengaleere. Warum die ersten Beiden in doppelter Ausführung - einmal mit und einmal ohne Legende und Beschriftung - beiliegen, erschließt sich mir nicht. Helden dürften sich bei längerem Aufenthalt eh bald wie in ihren Westentaschen dort auskennen. Weitere Schiffspläne fände ich besser, zum Beispiel zu einem U-Boot. Andererseits gibt es Material zur Nutzung des Seekampf-Systems (siehe Abschnitt Seekampfsystem): Schiffs-Bögen für die Werte, einen Blanko-Hexfeld-Seeschlachtplan und Marker für Ereignisse im Seekampf.
Die Ausstattung finde ich persönlich okay, sie haut mich allerdings auch nicht vom Hocker. Dies mag an meiner Meinung zum Seekampf-System liegen.
Da noch mehr drin gewesen wäre, gebe ich wieder 4 Sterne.
Meere in Ost und West
Der Großteil befasst sich mit Beschreibungen der Gewässer. Sie geben einen Rundumblick von Nord bis Süd und Osten (Perlenmeer) in Aventurien bzw. die See des Schweigens zwischen Myranor und Meralis im Westen. Wie unter Formalia angedeutet, fällt gerade das Meer der Sieben Winde sehr umfangreich aus. Hier hätte eine Unterteilung in Nord und Süd die Übersicht verbessert. Die Meere ergänzen die myranischen Gewässer noch um Beschreibungen der verschiedenen Unterwasser-Landschaften, Städte der Seevölker und einige neue Tiere. Wer also gelegentlich auf Reit-Seepferden von Kelpwäldern in offenes Meer schwimmen will, ist hier richtig.
Daneben finden sich Texte zu legendären Orten gerade in den Wogen, z.B. Wahjad oder dem versunkenen Lahmaria. Während das Unterwasserreich der Krakonier am Rande der Niederhöllen ausführlich vorgestellt wird, bleibt der Text zum versunkene Kontinent vage und setzt nur einen vagen Rahmen. So muss der Meister sich beim Spiel dort was eigenes ausdenken - oder darf, je nach Lesart.
Weiterhin gibt es Infos zum Alltag von Seeleuten, Piraten etc. Zahlreiche Schiffstypen sind abgebildet. Während Thalukken und Dschunken sich verdächtig ähneln, finden gerade zahlreiche myranische Typen keine Entsprechung in Aventurien. Oder hat eine Heldengruppe dort schon mal ein riesiges Tetramaran-Floss - mit der Manövrierbarkeit eines Wal-Kadavers - entdeckt? Zudem weist Myranor einige mit magotechnischen Schrauben oder Schaufelrädern angetriebene Typen auf. Dazu gesellen sich die, wenn auch seltenen, U-Boote in Stile Jules Vernes.
Beide Bände beschreiben die Völker unter dem Meer. Die Wogen bleiben dabei an der Perspektive von Landbewohnern. Generierungswerte fehlen. Die Meere dagegen können eher Hintergrund zum Spielen von Risso (Fischmenschen) und Konsorten liefern. Sie erweitern die eh üppige Rassenzahl in Myranor noch um einige Neuzugänge. Dies beinhaltet Texte und Generierungswerte für bekannte Spezies wie Mholuren und Krakonier, aber auch gänzlich neue wie Hippocampir (Seepferdchen). Während mir Letztere gefallen, empfinde ich andere wie die menschenähnlichen, aber potthässlichen und Muschelhaut tragenden Norkosh oder die myranischen Ziliten doch als zu viel des Guten. Die breitere Aufstellung der Krakonier im Westen fügt diesen wiederum eine interessante Komponente hinzu. Hier stehen nicht alle Krötengesichter kurz davor, in die Niederhöllen zu fahren. Im Angesicht der Vielzahl an Vor- und Nachteilen für die Generierung wirken die neuen Völker beinah schon konventionell.
Sie leiden dabei unter begrenzter Spielbarkeit. Aquatische Völker sind außerhalb des Wassers eingeschränkt. Dazu kommen in einigen Fällen weitere Hindernisse. Während die Hippocampir außer einer von Andern kaum nachzuahmenden Lautsprache nur Zeichensprachen erlernen können, verlieren die stets zaubermächtigen Tritonen (Meerjungfrauen und -männer) ohne komplette Umhüllung mit Wasser drei Punkte auf jedes körperliche Attribut. Für zehn GP ist dies ein zu starker Nachteil. Die Mholuren als Feinde vieler Völker auf und unter dem Wasser stellen quasi die Orks des Westkontinents. Und die mit ihnen fast identischen Ziliten sind als ihre Sklaven oder ganz wenige Freie ohne große eigenständige Kultur ebenfalls eingeschränkt.
Die magischen Repräsentationen der neuen Völker Myranors sind größtenteils Varianten der maritimen Tradition. Die Spezialgebiete sind nicht überraschend - vor allem Wasser - und die Auswahl an Traditionen ähnelt sich daher für mein Empfinden etwas zu stark.
Erneut gebe ich 3 Sterne.
Das Seekampfsystem
Ein großes Kapitel widmet sich dem Seekampf. Dieser wird mit Regeln zum Ausspielen präsentiert. Für meine Begriffe sind die seitenlangen Beschreibungen von Vorgängen viel zu umfangreich. Vor allem die Verbindung mit einem Trefferzonen-System für Schiffe, einem Lageplan, dass gescheiterte Manöver-Proben zum Teil nur geringe Abzüge auf die Geschwindigkeit mit sich bringen, teils aber auch andere Mali, und die unzähligen Tabellen mit Boni und Mali verkomplizieren die Sache ungemein. Wer Seekämpfe ausfechten will, sollte entweder eine sehr abgespeckte Version verwenden - oder seine eigenen Regeln schreiben. Wenn ich Tabletop spielen wollte, würde ich zu Warhammer oder Konsorten greifen.
Für dieses Regel-Ungetüm kann ich mich nicht erwärmen und nur 1 Stern übrig lassen.
Fazit
Beide Bände sind sich sehr ähnlich. Um nicht zu sagen: zweieiige Zwillinge. Wer nur auf einem Kontinent spielt, dem wird sein jeweiliger Band reichen. Für das Spiel von Wasser-Charakteren sind die Meere besser geeignet, da diese Unterwasserlandschaften und -kulturen beinhalten. Wer nicht ab und zu Seereisen und Unterwasser-Ausflüge einbauen will, braucht keins der Bücher.
Am Schluss ergibt sich die Summe von 12 von 20 Sternen.
Eine Rezension von: Dennis 'Sternenwanderer' Rüter https://fantasykritik.wordpress.com/