Ueber dem Gesetz (4)
2600: Der Assistent des Generalbundesanwalts wird ermordet in seinem Büro aufgefunden. SBGK-Agent David Gibbs wird auf den Fall angesetzt. Die Lösung scheint einfach und greifbar nahe¸ doch der Fall wird immer mysteriöser und widersprüchlicher. Was ist in dieser Silvesternacht wirklich geschehen? Gibbs lässt nicht locker und stößt schließlich auf eine Verschwörung¸ die bis in die allerhöchsten Regierungskreise hinaufreicht und zum Ersten Lord des Sternenbundes führen zu scheint...
"Über dem Gesetz" ist der zweite CBT-Roman von Michael Diel nach einem durchwachsenen ersten. Der Roman laßt sich in zwei große Hälften unterteilen¸ und zwar sowohl thematisch als auch zeitlich. Vorrangig soll hier aber nur auf die thematische Einteilung eingegangen werden.
Es gibt dann zum einen die Abschnitte¸ die direkt mit dem Agenten Gibbs zu tun haben und die seine Versuche beinhalten¸ den Mord an dem Generalbundesanwalt zu klären. Zum anderen umfasst die zweite Hälfte die Abschnitte¸ die mehr mit Politik zu tun haben. Wir lernen zum einen die Probleme der Häuser der inneren Sphäre bezüglich Leonard Kurita kennen¸ des Oberhaupts des Draconis Kombinats. Dieser ist von dem Gedanken besessen¸ daß der Erste Lord Ian Cameron¸ mächtigster Mann der inneren Sphäre¸ ihm und dem Kombinat wiederkehrend Schaden zufügen will. Außerdem Thema sind die Probleme einer kleinen¸ demokratischen Weltenallianz außerhalb der inneren Sphäre¸ deren Herrscher die Erzfeinde Haus Kurita und Haus Davion in seinem Reich investieren lassen will und dadurch sowohl Probleme mit Leonard Kurita als auch mit der Opposition in seinem eigenen Staat bekommt.
Da es darüber hinaus noch eine Reihe von Nebenkriegsschauplätzen gibt¸ ist das Buch eines der inhaltsreicheren von BattleTech. Da die Abschnitte mit dem Agenten auch bis auf die letzten Kapitel rein gar nichts mit den Abschnitten zur Politik zu tun haben¸ fragt man sich während des Lesens außerdem immer wieder¸ wie der Autor die verschiedenen Handlungen wohl am Ende verknüpft. Daraus ergibt sich ein sehr schöner Spannungsbogen.
Zu Beginn meint man allerdings¸ eine Agenten-Grosche zu lesen. David Gibbs entpuppt sich als Charakter Marke James Bond: Er ist ein Frauenheld¸ der immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat¸ auch wenn er gerade wieder einen Attentatsversuch auf seine Person abgewehren mußte; außerdem ist Gibbs dem Sternenbund treu ergeben¸ mutig und einfallsreich. Den Eindruck des Groschenromans unterstützt die Tatsache¸ daß die Geschichte auch nur langsam an Komplexität zunimmt. Kommt die Handlung allerdings auf die politischen Plots zu sprechen¸ deren Häufigkeit im weiteren Verlauf immer weiter zunimmt¸ so wandelt sich das Bild.
Zum einen versteht es der Autor¸ einen Leonard Kurita so zu zeichnen wie es ihm gebürt: Wahnsinnig¸ egoistisch¸ emotional¸ mit einem Hang zum Suff. Ebenso gut sind die anderen politischen Größen und die allgemeine Lage dieser Zeit dargestellt. Wie zum Beispiel ein alternder Ian Cameron¸ der für seinen noch unerfahrenen Sohn später den Platz auf seinem Thron räumen muß.
Es bleibt also festzuhalten: Die Abschnitte zu Gibbs sind für meinen Teil weniger spannend¸ die politischen aber erste Sahne; und das¸ obwohl ich mit den politischen Abschnitten sonst oft weniger etwas anfangen kann. Kompliment an den Autor! Negativ anzumerken möchte ich getrennt davon noch einmal die Myriaden von Klischees in den Agenten-Abschnitten. Manchmal mußte ich überlegen¸ ob Diel hier absichtlich so etwas wie eine Parodie auf Bond aufziehen wollte¸ entschied mich aber dagegen. Dazu ist der Roman einfach allgemein zu ernst. Lachen mußte ich¸ als der Autor wieder einmal einen Charakter einen "Knopf tief in die Verschalung pressen" ließ - offenkundig eine seiner Lieblingsformulierungen. Bisher allerdings beschränkte sich das auf Waffenabschußknöpfe; in diesem Roman geschieht diese Aktion jedoch auch bei dem Sendeknopf eines Funkgerätes.
Fazit: Für Polit-Fans unbedingt einen Blick wert
Eine Rezension von: Markus Pöstinger http://rgh.datamoon.de