Die Priesterin von Vivamort
1999-07
Die Priesterin von Vivamort
Eine Nacht in Manhattan¸ New York¸ etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht...
Die Freiheitsstatue¸ das Wahrzeichen der Stadt.
Irgendetwas ist anders als sonst...
Es sieht so aus¸ als stünde jemand dort oben...
Eine leichte Brise wehte den ekelerregenden Gestank des Molochs New York herüber. Shoara rümpfte die Nase. Selbst London zur Zeit der Pest hatte nicht so erbärmlich gestunken.
Sie war in Ihre beste Kleidung gehüllt: Ein teurer Goldbrokatmantel¸ eine silberbeschlagene Weste¸ darunter ein schneeweisses Seidenhemd¸ hohe schwarze Lederstiefel und ihr langer schwarzer Umhang mit dem hohen Kragen. Ein Anachronismus? Vielleicht. Aber heute nacht veranstaltete ein gewisser Martin Dompson¸ Mitglied der New Yorker Oberschicht¸ einen Maskenball¸ und dort würde sie nicht auffallen.
Ein kurzer Blick nach unten¸ auf die stolze Lady aus Stahl. Ein unwillkürliches Kichern entwich Shoaras Kehle: Ein Symbol der Freiheit¸ ausgerechnet hier? Doch was konnte man schon anderes erwarten von diesen minderwertigen Kreaturen¸ die hier ihr Sklavendasein fristeten? Sie sprang in die Dunkelheit¸ zog einen eleganten Bogen und raste knapp über dem Wasser in Richtung eines der großen Wolkenkratzer am Ufer. Über ihre Schulter konnte sie sehen¸ daß Er ihr wie immer folgte. Kurz bevor sie das Ufer erreichten¸ warf sie einen Schleier über sich und ihren Begleiter¸ wurde langsamer und landete schließlich kaum hörbar auf dem Beton der Kaimauer. Eine kurze Konzentration auf die Ströme der Magie und ihre Kleidung sowie ihr langes¸ fast weißes Haar waren wieder perfekt arrangiert. Dann gab sie Ihm das Zeichen¸ in Position zu gehen. Sie selbst würde diese Feier auf ganz normalem Weg durch die Tür betreten.
Dort stand ein gelangweilter Portier¸ der sie abschätzend musterte¸ als sie auf ihn zutrat.
"Guten Abend¸ Mylady. Dürfte ich bitte Ihre Einladung sehen?"
Die einzige Antwort war ein starrer Blick aus den stahlgrauen Augen der hageren Frau. Er fühlte sich wie in einem Traum¸ als er sich sagen hörte: "Verzeihung¸ Mylady. Ich hätte Euch sofort erkennen müssen. Vergebt mir diesen Fehler und tretet ein¸ Sir Dompson erwartet Euch schon."
Elender Wurm.
Sie trat ein und schritt zum Lift. Ein Sensorfeld erschien¸ das vorher auf der glatten Marmorwand nicht zu sehen gewesen war. Interessant¸ wie die Menschen ihre Technik immer weiter verbesserten¸ anstatt sich selbst zu stärken. Vielleicht lag das an ihrer kurzsichtigen Perspektive. Eine andere Frau näherte sich dem Aufzug. Ohne sich umzudrehen¸ wußte Shoara¸ daß diese an die 55 Jahre alt sein mußte und versuchte¸ mit diversen Mitteln der Chirurgie ihre Jugend zu erhalten. Ein Geruch von Neid und Mißgunst ging von ihr aus. Dieses Weib wünschte sich also ewige Jugend... Oh ja¸ es würde ihr bald an Dienern und Initiaten nicht fehlen.
Die mattsilbernen Schiebetüren des Lifts öffneten sich lautlos¸ und die beiden Frauen traten ein. Als sie in der gläsernen Röhre an der Seite des Gebäudes nach oben glitten¸ begann die alte Fregatte mit einem belanglosen Gespräch.
"Sie gehen wohhl auch auf Martins Feier¸ hm?"
Die Verkleidung der Frau sollte wohl eine orientalische Prinzessin darstellen¸ doch für Shoara sah es eher nach der Gewandung eines ungewollten Haremsweibes aus. Sie würdigte das Weib weder einer Antwort¸ noch eines Blickes.
"Äh.. Ein tolles Kostüm haben sie da¸ wenn auch etwas männlich." Zum Glück glitten in diesem Moment die Türen auf¸ und ein weiteres Geseire blieb Shoara erspart.
"Los¸ alte Vettel¸ sage mir¸ wie dieser Dompson aussieht!"
"Eine Unverschämtheit! Ich..."
Weiter kam sie nicht¸ denn eine unmenschlich starke Hand packte sie mit geübtem Griff am Hals und riß sie mit sich in einen kleinen Raum¸ der offensichtlich für die Bediensteten war.
Shoara fand schnell das Bild¸ das sie suchte¸ in diesem engen Bewußtsein. Die jämmerliche Kreatur lief langsam blau an¸ als sie ihr die zweite Hand auf die Stirn legte und einen mächtigen Energiestrom durch sie leitete. Es sah aus¸ als würde der Körper von unsichtbaren Flammen zu Staub verbrannt. Doch kein Staubkorn erreichte den Boden¸ sie wurden alle in der Schwebe gehalten und dann¸ als Shoara einen Abfalleimer fand¸ dort hinein dirigiert. Keine Spur blieb zurück.
Sie trat wieder nach draußen auf den Gang. Nur wenige Sekunden waren vergangen¸ seit sie aus dem Aufzug gestiegen waren. Sie richtete nochmals ihr Haar¸ setzte ein Lächeln auf und betrat dann den Festraum. Er war sehr groß und durchaus stilvoll eingerichtet. An drei Seiten verglast und mit Marmorsäulen gestützt¸ fiel an der Vierten ein kleiner Wasserfall in ein großes Becken¸ das etwa 20 Meter in den Raum hineinragte. Darin tummelten sich zur allgemeinen Unterhaltung einige Seemenschen¸ die amüsante Illusionen zauberten. Eine Schande für die Kinder Magastas¸ doch es gab jetzt Wichtigeres zu tun¸ als sich darüber zu erheitern. Die Decke des Raums war eine Kuppel aus Glas¸ welches von einem stabilen Metallgerüst gehalten wurde. Seine Anwesenheit dort oben war zu spüren. Gut.
Ihr Blick schweifte jetzt durch die Anwesenden: Die Meisten waren Gäste¸ Angehörige der Reichen und mehr oder weniger Schönen New Yorks¸ dazu kamen einige Bedienstete und ein unauffälliger Eingreiftrupp¸ dessen Mitglieder sich auf strategische Positionen des Raums verteilt hatten. Unweit des Beckens stand auch der Gastgeber¸ ein untersetzter Mann in den Vierzigern mit kurzen braunen Haaren und einem perfekt getrimmten Bart. Er hatte sich als mittelalterlicher Fürst verkleidet¸ was durchaus zu ihm paßte. Shoara trat auf ihn zu und veranlaßte damit¸ daß sich seine beiden Begleiterinnen schnell und leise zurückzogen¸ wie es sich für Diener gehörte.
"Guten Abend"
Sie sah ihm tief in die Augen.
"Guten Abend¸ meine Liebe. Ich wei߸ was Du willst: Du willst meine Kunstsammlung sehen. Gehen wir doch gleich dort hinüber¸ da steht meine neueste Errungenschaft."
Nach einigen Schritten war sein Ziel klar: Eine kleine Glasvitrine unter einer Palme. Sie lies den Gastgeber hinter sich und eilte mit langen Schritten darauf zu. Endlich! Endlich hatte sie ihn wiedergefunden. Das Schicksal meinte es wohl gut mit ihr¸ denn die Vitrine hatte allem Anschein nach noch nicht mal eine Alarmsicherung. Dieser Narr! Er hatte ja keine Ahnung¸ was er da besas. Sie hob die Hand und mit einem leisen Klirren löste sich das Glas in feinen¸ diamantenen Staub auf. Sie griff nach dem Kelch und spürte¸ daß es der richtige war. Endlich.
"Raphah!"
Ein lautes Klirren erklang von oben¸ und tausende Scherben des zentimeterdicken Sicherheitsglases regneten auf die Gesellschaft herab¸ als ein dunkles geflügeltes Wesen auf sie hinuntersties. Shoara versiegelte den Raum. Niemand würde entkommen. Das Wesen raste jetzt knapp über dem Boden durch die Menge auf sie zu. Die ersten Köpfe derer rollten¸ die sich nicht schnell genug vor den messerscharfen Krallen an den Flügelenden retten konnten. Zwei Armlängen von der bleichen Frau entfernt bremste Raphah sich mit einem kräftigen Schlag seiner purpurnen und schwarzen Flügel ab¸ landete und verneigte sich kurz. "Ich bin da." Das totale Chaos brach los: Panikartig versuchten die Gäste und Bediensteten¸ den Ausgang zu erreichen¸ während die Sicherheitsleute durch sie hindurchpflügten¸ um den schwarzen Dämon zu erreichen. Shoara lies den Kelch über ihren Kopf schweben¸ breitete dann die Arme aus und schrie mit einer unirdischen Stimme: "Ich bin wieder die Priesterin von Vivamort¸ die Königin von Carmandar! |
Mit glühenden Augen fuhr sie herum. Sie deutete auf die Menge¸ die ihr wie gebannt zuhörte.
"Ihr seid alle des Todes! Raphah! Töte diese Wachen."
Der Kämpfer spannte die Muskeln unter seinem schwarzen Samtfell und schoß knapp über Kopfhöhe auf einen Dreiertrupp zu. Die ersten Schüsse fielen¸ doch sie trafen nicht. Der vorderste der drei warf sich flach auf den Steinboden¸ als Raphah dem großen Ork in der Gruppe den Kopf abri߸ um dann aufzusteigen und einen neuen Angriff zu fliegen. Der Dritte¸ ein drahtiger Elf¸ feuerte nun mit einer leichten Automatik¸ doch in seinem Zustand würde er nicht einmal treffen¸ wenn der Dämon direkt vor ihm stünde. Die Widerhaken am Ende seines Schwanzes hatten dem Elf eine tiefe Wunde in den Hals geschlagen¸ die heftig blutete. Er brach zusammen¸ seine zitternde Hand hielt jedoch noch immer den Abzug umklammert und feuerte den Rest des Magazins in die Menge.
In der Zwischenzeit hatte die Priesterin ihr Schwert gezogen. Einen winzigen Augenblick lang verharrten ihre Augen auf der beinahe makellosen Klinge der schlanken Waffe¸ dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf eine Gestalt in einem langen Duster¸ die auf sie zustürmte. Ah¸ ein Angehöriger des Schönen Volkes. Doch Dieser war jung¸ er wußte nichts. Mit aller Macht warf der Elf im Duster einen gewaltigen Feuerball. Pah! War das etwa alles? Mit ihrer Hand schlug Shoara den Zauber fort. Er traf eine kleine Frau¸ die unter einem erstickten Schrei zu einem Haufen Schlacke schmolz.
Der Angreifer lies sich nicht beeindrucken¸ er zog ein armlanges Messer und stürzte sich damit auf diese 'Königin'. Er wollte also einen kleinen Fechtkampf. Das Messer bohrte sich tief in den Körper der Priesterin und ein triumphierendes Lächeln bildete sich schon auf dem schmalen Gesicht des Elfen¸ da schlug sie ihm von hinten den Kopf ab.
Narr. Auf so einen billigen Trick hereinzufallen¸ dachte sie¸ als sich ihr Trugbild in Nichts auflöste.
Raphah hatte indes weitere vier der Wachen ins Jenseits befördert. Einer der Wachen¸ vielleicht sogar ihr Anführer¸ war aber anscheinend nicht so einfach zu besiegen: Immer wieder wich er aus oder duckte sich hinter einen der paralysierten Gäste und steckte nur einige kleinere Treffer ein. Es mußte ein formidabler Kämpfer sein¸ wenn Raphah ihn bis jetzt noch nicht erwischt hatte. Interessiert verfolgte sie den Kampf. Der Andere war mit zwei Wakizashis bewaffnet und für einen Menschen erstaunlich schnell.
Wahrscheinlich Cyberware. Mit einem Klingenwirbel sprang der Plastikmann jetzt auf seinen Widersacher los¸ doch Der machte einen Satz in die Luft und kickte ihm ins Kreuz¸ worauf er quietschend über den Marmorboden rutschte. Er sprang sofort wieder auf. Erstaunlich¸ dachte Shoara¸ normalerweise führten die Treffer des Dämonen zu einem schnellen Ende des Kampfes. Dieser Gegner war also sehr stark. Dann sah sie das Glitzern in den leuchtend gelben Augen des Dunklen Kriegers. Oh¸ Nein! Nicht schon wieder!
"Raphah! Hör endlich auf zu spielen und töte diesen Hund. So viel Zeit habe ich nicht."
"RRrrr... Ja."
Die Kontrahenten standen sich jetzt auf einer etwa einem dutzend Meter durchmessenden freien Fläche gegenüber. Der Mann aus Chrom keuchte heftig. Er bewegte sich aufs äußerste gespannt auf Raphah zu. Plötzlich spie Dieser einen Feuerball auf seinen Gegner¸ der darauf innehielt und versuchte¸ die kleinen Flammen¸ die nun überall auf seiner Haut¸ Kleidung und sogar seinen Schwertern züngelten¸ zu löschen. Ein Fehler¸ den der Plastikmann einsah¸ als er die tiefe Schnittwunde am Oberarm bemerkte¸ die ihm der schwarze Kämpfer im Vorbeihechten mit seinen Flügelenden beigebracht hatte. Er wollte sich umdrehen¸ aber es war schon zu spät: Eine blutüberströmte Klaue ragte aus seinen Eingeweiden und mit einem schrillen Todesschrei brach er zusammen.
Raphah zog seinen Arm aus der Leiche und roch daran. Seltsam. Das Blut roch wie schon lange aus einem Menschen entfernt¸ oder als wäre er vorher schon beinah tot gewesen. Er flog zum Teich und wollte Blut¸ Organfetzen und Knochensplitter abwaschen¸ doch die Herrin von Carmandar war schneller und hielt ihn auf.
"Nein. Wir wollen nicht so viele Spuren hinterlassen. Ich werde deinen Arm reinigen."
Damit ergriff sie seinen Arm und lies die Energie strömen. Der Schmutz löste sich und verwandelte sich in Staub¸ den sie auf die freie Fläche in der Mitte des Raums dirigierte.
Der Krieger bemerkte jetzt die Seemenschen¸ die sich ängstlich in eine Ecke des Beckens gedrängt hatten und ihn mit großen Augen anstarrten. Er schoß nach unten¸ um gleich wieder mit einer sich windenden und schreienden Beute in seinen Klauen aufzusteigen. Es war Zeit¸ etwas zu essen.
Die Herrin sah ihm nach. Gut¸ sollte er seine Mahlzeit haben. Sie landete vor einem Mann¸ der als Sträfling kostümiert war. Seine Hose war feucht von Urin und er zitterte am ganzen Körper. Mit einem Wink entlies ihn die Priesterin aus ihrem Zauber¸ er fiel sofort auf die Knie und winselte.
"Nein! Oh¸ Nein ... Bitte¸ laßt mich leben! Laßt mich gehen! Ich... ich ..ich verrate niemandem ein Wort! Oh¸ biitteee! Ich mache¸ was ihr sagt¸ nur tut mir nichts!"
"Gut. Ich sage: Verrate mir¸ wer deine Begleiterin war. Ich werde sie töten."
"Ich... aber..."
Sie schlug zweimal schnell mit dem Schwert¸ um das Blut ihres letzten Opfers zu entfernen.
"Ich sage es! Diese da drüben! Das ist meine Frau! Ich.. ich bin mit ihr hier. Bitte¸ laßt mich jetzt gehen!"
"Aber nein. Der Spaß fängt doch gerade erst an." sang sie¸ als sie durch die Reihen auf eine hübsche Frau im - absolut für diese Gelegenheit passenden - Vampirkostüm zutänzelte.
"Und? Sind Wir denn wirklich mit dieser Amöbe verheiratet? Du könntest doch durchaus einen besseren Mann besitzen¸ mein Kind."
"Nein!! Er lügt!! Er.. er lügt¸ weil er mich haßt."
Ein netter Versuch. Sie zog die Klinge von unten hoch bis an ihr Brustbein und genoss den gurgelnden Schrei¸ den sie dabei aussties. Ein Schwall Blut ergoß sich über die Herrin¸ als sie das zuckende Bündel auf einen der Kellner warf¸ der sich wie jeder im Raum nur noch auf Ihre Erlaubnis hin rühren konnte. Ah¸ herrlich. Sie leckte den Lebenssaft von ihrem Rapier.
"Na¸ haben alle das gehört? Er hat gelogen! Und was passiert mit Lügnern? ...Genau¸ man schneidet ihnen ihre schändliche Zunge heraus! Wer möchte mein Scharfrichter sein?"
Alle Hände des 'Publikums' zeigten mit einem Ruck in die Höhe. "So viele? Dann müssen wir wohl Lose ziehen. Oder was sagst du¸ kleine Amöbe? Willst du die Wahl treffen?"
"A..a..a..a..a.."
Sie äffte ihn nach.
"A..a..a..a..a.. ? Wer ist denn das? ...Scheint nicht hier zu sein. Am Ende noch eine Lüge? Mehrfachtätern droht die Todesstrafe."
"A..a..aber d..d..das war wirklich meine Frau!! Ich ..ich ha..ha..habe nicht gelogen! ICH HABE NICHT GELOGEN!!"
"Das hast du nicht zu entscheiden. Martin Dompson¸ mein Scharfrichter! Komm her und vollstrecke mein Urteil."
Der Genannte löste sich mit steifen Schritten aus der Menge und nahm den Dolch entgegen. Dann ging er zu dem gequälten Mann¸ der ihm jetzt mit wild rollenden Augen und weit offenem Rachen seine Zunge entgegenstreckte. Ohne eine Gesichtsregung sägte er das Organ heraus und hielt es dann hoch. Die Menge applaudierte.
"Das hast du gut gemacht¸ Martin Dompson¸ mein Scharfrichter. Und weil du so gehorsam warst¸ darfst du das gute Stück jetzt auch verzehren!"
Er tat es. Schnell wie ein Schatten war die blutüberströmte Frau neben ihm und biß ihm in den Hals. Das tut gut¸ dachte sie¸ als sie ihm gierig das Leben aussaugte.
Raphah biß in einen Arm und betrachtete die Szenerie nachdenklich. Sie durfte also spielen.
"Herrin von Carmandar! Was ist denn jetzt mit der Zeit?"
Sie warf ihr schlaffes Opfer auf den Boden und sammelte sich wieder etwas.
"Du hast recht. Ich habe mich hinreißen lassen."
Blitzschnell nahm sie Schwert und Dolch wieder zur Hand und mähte die wenigen verbliebenen Leute nieder. Ihr Blick fiel auf die beiden Kinder Magastas¸ die noch immer wie Schweine vor der Schlachtbank glotzten.
"Hört zu¸ wertloser Fischlaich! Wer es zur Tür schafft¸ darf am Leben bleiben!"
Flammen züngelten mit einem Mal vom Wasser hoch. Eines der Wesen schaffte es¸ mit einem Sprung aus der Falle zu entkommen¸ das Andere jedoch fing dabei Feuer und verbrannte jämmerlich. Die Kreatur schlängelte sich jetzt tatsächlich in Richtung Ausgang! Sie glaubte doch wohl nicht wirklich¸ daß sie dann frei war¸ oder? Der Vampir sprang auf sie und trieb kalten Stahl durch ihr Herz.
Sie stand auf und blickte sich um. Ein Bild wie aus der schlimmsten aller Höllen bot sich ihr dar: Alles war voller Leichen und abgetrennter Körperteile¸ das Blut sammelte sich in riesigen Lachen. Es mußte also noch etwas Aufräumarbeit getan werden.
Sie schwebte in die Mitte des Raums¸ senkte den Kopf und konzentrierte sich. Ihre Kleidung fing an zu flattern¸ als würde der Wind hindurchblasen. Langsam lösten sich all ihre Opfer in feinen Sand auf¸ der sich in einer großen Wolke vor ihr sammelte. Es war vollbracht. Sie rief den Dämonenkrieger zu sich.
"Dort vorne ist eine Kammer¸ in der ein Eimer mit diesem Sand steht. Hole ihn."
Weinige Momente später war er zurück. Die Priesterin von Vivamort ergriff den Kelch¸ der immer noch in der Luft hing und stieg dann beinah schwerfällig zum Glasdach auf. Diese Anstrengung laugte auch sie langsam aus. Ihre Hand zog eine kleine Pergamentrolle aus der Manteltasche. Runen waren darauf. Schwarzes Feuer verschlang die Schrift¸ als sie sich über das Dach erhoben. Auch auf dem Rückweg waren sie damit vor allen Blicken geschützt.
Golden stieg die Sonne über das Meer auf. Ihre Strahlen berührten erst die Spitzen der hohen Glastürme der Stadt und fluteten dann in die Stadt und verdrängten die Schatten. Sie erreichten auch die seltsame Behausung von Jotai¸ dem Elfen. Diese war auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen¸ denn sie bestand aus lebenden Baumstämmen¸ Ranken und Blättern¸ die sich zu einigen großen Räumen etliche Meter über dem Boden geformt hatten. Nur die Glasscheiben wirkten hier fehl am Platz¸ doch Jotai wollte nicht auf den Komfort regelbarer Temperaturen verzichten¸ genausowenig wie er auf Elektrizität verzichtete¸ die er aus weiträumig verteilten Solarzellen gewann. Zu diesem Zeitpunkt war er schon lange auf und hatte seine Morgentoilette hinter sich gebracht. Seine dunkle Haut sowie sein noch dunkleres Haar waren perfekt hergerichtet¸ als er sich fröhlich pfeifend in die Küche begab. Cogowakanai¸ ein kleiner Baumgeist¸ der die Wohnung immer in Ordnung hielt¸ war schon fertig mit den Frühstücksvorbereitungen¸ als der Elfenmagus eintrat. Eine große Tasse dampfender Tee¸ eine Schale mit frischem Müsli und die heutige Ausgabe der New York Times als Paperprint lagen für ihn bereit. Gut gelaunt aß er einen Löffel Müsli und schlug die erste Seite auf.
'Alle Elfen sind Müslis'
Ein Bericht über Vorurteile zwischen den Völkern. Nun¸ dachte er schmunzelnd¸ zumindest was ihn anging¸ war das doch durchaus der Wahrheit entsprechend. Er schob sich eine weitere Ladung Körner in die Backen und blätterte um.
'Mysteriöser Kunstraub in Manhattan'
Interessant.
'...Die Ordnungskräfte vermuten¸ daß eine Geiselnahme vorliegt¸ denn es wurden zertrümmerte Einrichtungsgegenstände und andere Spuren eines Kampfes festgestellt. Lösegeldforderungen werden in Kürze erwartet....'
Darunter war ein Bild des gestohlenen Gegenstands. Jotai spuckte vor Schreck das Müsli auf die Zeitung.
"Cogowakanai¸ mach schnell die Zeitung sauber¸ vor allem das Bild! Seishinsen!! Komm her! Das mußt Du Dir ansehen!"
Die große Geisterklinge kam singend angeschwebt.
"...We fear no Foe... Was ist denn so interessant¸ mächtiger Magus?"
"Das!"
Sein Meister hielt ihm abwartend die feuchte Zeitung vor die Nase.
"Ah! Halbzerkaute feuchte Körner auf dünnem bedrucktem Papier. Doch¸ sehr interessant."
"La߸ die Witze¸ das hier ist ernst. Sieh Dir dieses Bild an!"
"Das ist doch..."
"Das ist er¸ nicht wahr?"
"Ja¸ das ist er. Aber ich dachte..."
"Mach Dich bereit¸ wir werden noch heute nach Manhattan fliegen."
Und so beginnt die Jagd.