Tod eines Heldenreisenden
1999-05
Tod eines Heldenreisenden
Die Tür zur Gaststätte flog mit lautem Krachen auf und die Angeln bogen sich so stark, daß der Wirt fürchtete für den Rest der Woche durchgehend geöffnet zu haben.
In all den Jahren, die er hinter seinem Tresen verbracht hatte, hatte er nur zwei Gäste kennengelernt, die auf diese Weise das Lokal betreten: Conan und Red Sonja.
Der Besucher hatte mit der Tür soviel Staub aufgewirbelt, daß im Gegenlicht der untergehenden Sonne nur ein Schemen zu erkennen war: Langes Haar, langes Breitschwert, breite Schultern, das Lärmen eisenbeschlagener Stiefel, all das konnte noch keine Klarheit schaffen. Aber als der Gast den Oberkörper drehte und der Wirt einen Blick auf die seitliche Silhouette werfen konnte waren alle Zweifel auf einen Schlag zerstreut. Wie alle anderen Menschen seiner Generation hatte er unzählige Geschichten über die aussichtslosen Kämpfe und die ruhmreichen Siege seines Gastes gehört, einen davon errang sie offensichtlich jeden Tag aufs Neue gegen das Oberteil ihrer plattengepanzerten Rüstung.
"Hallo Red Sonja!" "Ein Bier für den größten Barbaren aller Zeiten!" "Ja, narürlich, ist mir ein Vergnügen." Stieß der Wirt zwischen zwei vom Staub verursachten Hustern heraus. Daraufhin herrschte eine betretene Stille, in der die wenigen Besucher der Gaststätte regunglos verharrten und versuchten aus dem Augenwinkel einen Blick auf die rothaarige Barbarin zu werfen. Lediglich ein buckliger Bettler klopfte sich den Staub vom Umhang und schien Red Sonja direkt anzusehen. Aber seine Augen lagen zu weit unter der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, um es genau zu erkennen. Als sich der Staub gelegt hatte, reichte der Wirt Red Sonja ihr Bier. "Hier, bitte sehr, auf Kosten des Hauses, für die größte Barbarin aller Zeiten." "Wenn du Sack die Betonung noch etwas stärker auf das Ende des Wortes legst, hast du bald kein Haus mehr, auf dessen Kosten Du etwas ausschänken kannst." "Äh...",versuchte der Wirt, dem schon die ersten Schweißtropfen auf der Stirn standen, zu antworten. "Du bist zweifelsfrei einer der größten Barbaren aller Zeiten auch so ganz im Allgemeinen." "Der größte!" "Ja sicher," war vom gequält dreinschauenden Wirt zu hören, "wahrscheinlich..." Mit der wütenden Sonja war nicht zu spaßen, aber wenn Conan hörte, daß er Sonja gegenüber öffentlich zugegeben hat, sie sei der größte Barbar aller Zeiten, das konnte auch ins Auge gehen. "Nein ganz sicher bin ich der größte lebende Barbar!" Andererseits war Conan gerade nicht im Schankraum, wenn es sich der Wirt genau überlegte, hatte er ihn schon seit Wochen nichtmehr gesehen. Und wenn er Sonja recht gäbe, würde sie ihn wahrscheinlich auch wieder herunterlassen. "Na klar,der größte Barbar aller Zeiten! Ich habe es schon immer gewußt."
Doch anstatt den Wirt herunter zu lassen, griff Sonja mit der freien Hand nach ihrem Bier, nahm einen tiefen Schluck und zog den erblassten Wirt mit der anderen Hand soweit über den Tresen, daß sich ihre Gesichter fast berührten. Lange sah sie ihn an, und spuckte ihm dann das Bier ins Gesicht, begann laut zu lachen und ließ ihn fallen. Erleichtert rappelte sich der Wirt auf und wischte sich mit seinen dreckigen Händen das Gesicht ab. "Ich bin froh, daß diese Frage nun endlich geklärt ist zwischen Dir und .." "Da kannst du Gift drauf nehmen Kakerlake," fiel ihm Sonja ins Wort, "der Affe ist nämlich tot."
Die Stille im Schankraum zeigte sich in diesem Augenblick von jeglicher sprachlichen Kenntnis unbeleckt und wurde noch etwas absoluter.
Während Sonja lächelnd am Tresen lehnte und genüßlich ihr Bier trank, schien der Rest der Anwesenden zu Salzsäulen erstarrt. Lediglich der Bettler stand aus seiner Nische auf, um die Gunst der Stunde zu nutzen und schöpfte sich ein neues Bier, direkt neben dem Wirt, der ihn allerdings keines Blickes würdigte, sondern mit aufgerissenem Mund Sonja anstarrte. "Mach das Maul zu, und gib mir noch ein Bier," sagte diese und knallte ihren Humpen auf den Tresen. "Oder glaubst Du ich schenke mir auch selber ein?"
"Äh nein, selbstverständlich nicht... bitte sehr!" "Danke" erwiderte die Barbarin mit nicht zu übersehender Freude an der Verwirrung, die sie ausgelöst hatte. Dann drehte sie sich mit dem Rücken zum Tresen und stützte ihre muskelbepackten Unterarme auf. Als der Wirt sich etwas vom Schreck erholt hatte, lehnte er sich nach vorn, um ihr ins Ohr zu flüstern: "Ich glaube nicht, daß ich Dich richtig verstanden habe.." "Willst Du andeuten, daß ich undeutlich spreche?" "Auf gar keinen Fall, aber es hat sich so angehört, als ob Du gesagt hättest, daß.. äh.." "Conan tot ist?" säuselte die Barbarin zuckersüß. "Oh," sagte der Wirt, über dessen Gesicht plötzlich ein Lächeln huschte, "ich verstehe:" und mit noch leiserem Flüstern als vorher: "Er ist in geheimem Auftrag unterwegs und läßt verbreiten, er sei gestorben. Da bist Du bei mir genau richtig, ich könnte ganz unauffällig...." "Du verstehst überhaupt nichts, Du erbärmlicher Sohn eines tollwütigen Ziegenbockes. Er ist tot." "Ja genau, ich weiß schon, er ist tot kein, Problem, ich werde es jedem erzählen, ist mir ein Vergnügen..." Wortlos ging Sonja an einen der Tische, auf dem ein gebratenes Hähnchen stand. Es war kurz vor ihrem Eintreffen serviert worden, aber der Gast schien dann plötzlich das Interesse daran verloren zu haben. Ohne auch nur im geringsten auf den Besitzer der Mahlzeit zu achten, nahm sie sich den Teller und kippte das Essen auf den Tresen. Dann griff sie dem Wirt, der sie aus fragenden Augen ansah, hinter dem Kopf in die Haare und knallte ihn mit der Stirn solange auf das Hähnchen bis es nicht mehr von den anderen Flecken auf dem Tresen zu unterscheiden war. Nachdem sie ihn wieder losgelassen hatte, säuselte sie zuckersüß: "Ist Dir an dem Hähnchen etwas aufgefallen?" "Es ist kalt?" "Falsch!" antwortete die Barbarin und zog ihr Schwert ein paar Zentimeter aus der Scheide. "Zu wenig Salz?" "Ganz schlecht." Das Schwert wurde noch ein bißchen weiter aus der Scheide gezogen. "Ich geb Dir mal einen Tip: Noch eine falsche Antwort, und Du teilst das gesuchte Schicksal mit dem Hähnchen." "Es ist tot." Antwortet der Wirt schneller als ein Wimpernschlag. "Ja, genauso wie Conan. Einfach nur tot, nicht auf irgendeiner geheimen Mission, sondern schlicht und einfach tot." "Genau wie dieses Hähnchen? Oder vielleicht ist er von eine grausamen Hexe in einen Todesschlaf versetzt worden, aus dem er später...." spekulierte der Wirt hoffnungsvoll. "Nein genau wie das Hähnchen, naja fast genau wie das Hähnchen. Sein Gerippe dürfte in deutlich besserer Verfassung sein." Obwohl den Wirt das fast unwiderstehliche Verlangen plagte 'Bist Du Dir auch ganz sicher?' zu fragen, blieb er lieber still, denn er befürchtete, sonst auch ein Fleck auf seinem Tresen zu werden. Statt dessen stieß er "Schrecklich!" hervor. "So?" "Äh...ich meine wie konnte das nur passieren?" "Oh das ist eine lange Geschichte:" Selbst der Bettler gab seine desinteressierte Haltung auf und rutschte in seiner Nische dichter in Richtung von Sonja "Sie fängt damit an, daß wir beide gewettet haben, er sei nicht in der Lage, die Blumen aus dem Harem des Stadthalters von Zo zu stehlen." "Um wieviel ?" "Ein Kupferstück!" "Ein Kupferstück?" echote der Wirt fassungslos, aber Zo ist über 1000 Meilen von hier entfernt, quer durch die Wüste!" "Jaja, alles kein Problem! Ich konnte die schwarze Beschwörerin von Sig dazu überreden, ihn direkt vor die Tore der Festung zu versetzen. Außerdem hat sie mir gestattet sein Abenteuer durch ihre magische Kristallkugel zu verfolgen." Sonja leerte ihren Humpen und schob ihn über den Tresen. Ohne nachzudenken schenkte ihr der Wirt nach. Für diese Geschichte hätte er selbst seine Schwiegermutter in die Sklaverei verkauft. Um genau zu sein, hätte man die allerdings auch schon für die Antwort auf die Frage nach der Uhrzeit bekommen können. "Ich wußte garnicht, daß es im Harem von Zo wertvolle Blumen gibt, oder sind sie irgendwie magisch?" "Nein, nein, ich hatte bis dahin noch nie einen Blick in den Harem geworfen. Es handelt sich bei der Wette um ganz ordinäre Schnittblumen. Da kann man absolut sicher sein, wenn man irgenwo genug Frauen auf einem Haufen hat, sammeln sich an diesem Ort auch Blumen." "Wenn du es sagst." Antwortete der Wirt, und versuchte nicht auf die goldenen Rosenranken an Sonjas Schwertscheide zu starren. "Ja garantiert, daß kannst du mir glauben, ich bin mal in das verwunschene Kloster von Pag eingestiegen, um die edelsteinbesetzte Krone von Turgi aus der Gruft zu stehlen. Die wurde von den 23 ehemaligen Hohepriesterinnen bewacht. Das waren zwar nur noch Zombies, aber trozdem hatten sie Trockensträuße auf ihren Sarkophargen."
"Um nochmal auf Conan zurück zu kommen,..." wurde die Barbarin vorsichtig vom Wirt unterbrochen.
"Ach ja, als erstes ist er in das Pentagramm getreten, und die Beschwörerin hat ihn direkt vor den Wassergraben versetzt. Man war das ein Anblick, Conan, der Schrecken der zivilisierten Welt, nackt vor den Toren von Zo." "Nackt?" "Irgendwie muß ich wohl vergessen haben ihm zu sagen, daß der Versetzungszauber nur bei lebenden Dingen funktioniert." bemerkte die Barbarin süffisant und grinste von einem Ohr zum anderen. "Man wird halt älter. Auf jeden Fall hat er dann den Graben durchschwommen." "Ich habe gehört," hakte der Wirt nach, daß die Zoaner Krokodile in ihrem Wassergraben halten." "Tja, außer Conan scheint das jeder gewußt zu haben..." "Oh welch grausames Schicksal von diesen Bestien zerfleischt zu werden..." "Ach Quatsch, er hat ziemlich schnell eines der kleineren Krokodile erwürgt, und mit dem hat er dann die anderen erschlagen. Der Graben war kein Problem. Aber die Tore waren auch gerade nicht unten, also mußte er über die 20 Meter hohe Stadtmauer klettern."
"Und ist abgestürzt?" platzte der Wirt heraus. "Nein nein, aber er hat sich glaube ich einen Fingernagel eingerisssen, war nicht so genau zu sehen. Auf der anderen Seite standen Wachposten. Er ist also direkt von der Mauer auf einen der Wachposten gesprungen. War sofort tot." "Immerhin 20 Meter ist selbst für Conan recht hoch..." "Der doch nicht," erwiderte Sonja entrüstet "Der Wachposten natürlich. Der war aber nicht alleine. Da waren noch sechs." "Oh bei Scyrix," erwiderte der Wirt, der sich inzwischen selbst ein Bier genommen hatte, "kein fairer Kampf sechs bewaffnete Wachen in Rüstungen gegen den nackten Conan." "Hat sich der wohl auch gedacht und deshalb eine Hand auf den Rücken genommen. Als alles vorbei war, hat er sich eines der Schwerter genommen und versucht eine der Rüstungen anzuziehen. Hat ihm natürlich nicht gepaßt, ist er also nackt zum Palast gelaufen. Und.."
In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und ein neuer Gast trat ein. "Hallo!" begrüßte er die Anwesenden. "Ich hätte..." Bei diesen Worten traf ihn Sonjas Blick. Er verstummte auf der Stelle und ging rückwärts wieder aus der Kneipe.
"Wo war ich stehen geblieben?" "Nackt am Palast..." assistierte der Wirt. "Ach ja, na die Palastwächter haben natürlich dumm aus der Wäsche geguckt. Aber dann haben sie doch ihre Hunde auf Conan gehetzt." "Die berüchtigten Beißer von Zo?" "Ja genau die, acht Stück. Wirklich widerliche Kreaturen. Die können so wild werden, daß sie ihre eigenen Herren angreifen! Der Kampf war so rasend, daß einer der Hunde unserem Süßen fast die Eier abgerissen hätte. Dann hat er aber doch nur den Oberschenkel erwischt." "Oh bei Scyrix," gab der Wirt sichtlich beeindruckt von sich, "ein Biß in den Oberschenkel, das hat sicher höllisch weh getan." "Ja glaube ich auch. Auf jeden Fall hat sich das arme Tier einen Zahn abgebrochen. Nach den Hunden hat Conan sich dann die Wächter selber vorgenommen. Man war der sauer. Dem einen hat er den Kopf abgeschlagen, mit der bloßen Hand!" "Aber er hat den Kampf überlebt?" "Ja naklar, die waren doch nur zu zwölft. Dann ist er am Rosenspalier die Mauer zum Palast hinaufgeklettert." "Hatte er sich inzwischen etwas angezogen?" wollte der Wirt ungläubig wissen. "Nein wieso?" "Na ich dachte nur nackt durch die Rosen?" "Klar," erwiederte die Barbarin: "Das mache ich auch manchmal, danach riecht man einfach toll." "Wenn Du es sagst.." Nach einem kräftigen Schluck drehte die Barbarin ihren leeren Humpen um und stellte ihn auf den Tresen. Auf der Stelle bekam sie nachgeschenkt. "Im Palast lief es dann bis zum Harem sehr ruhig. Erst direkt vor dem Eingang ist er auf den nächsten Widerstand gestoßen: Zwei Haremswächter haben ihn angegriffen. Die hat er aber einfach fest mit den Köpfen zusammengeschlagen und die Sache war erledigt. Drinnen sah es dann allerdings ganz anders aus. Der Stadthalter von Zo beschäftigt 48 bewaffnete Eunuchen zum Schutz seines Harems." "Nein, du willst doch nicht sagen, daß Conan durch die Hand eines Eunuchen gestorben ist?" "Nein nein, die waren gar kein Problem. Anfangs lief es zwar recht schleppend, aber als Conan sich warmgekämpft hatte, ging alles gut von der Hand. Zum Schluß war er so im Blutrausch, daß er garnicht gemerkt hat, daß der Stadhalter selbst mit seiner Leibwache eingetroffen ist, und er hat sie alle gleich mit umgebracht." "Den Stadthalter von Zo?" fragte der Wirt, dessen Augen vor Erstaunen aufgerissen waren wie Untertassen. "Ja, den und alle anderen bewaffneten Männer im Palast. Sogar die Köche." "Aber wenn sie alle tot sind, dann lebt Conan doch noch?" "Nein, ganz falsch. Er ist tot! Tot! Tot! Tot! Tot!" "Und wie soll er gestorben sein?" Fragte der Wirt mit einem Anflug von Trotz in der Stimme. "Ist doch ganz klar: Was muß der nackte Retter tun, nachdem er die Jungfrau befreit hat?" "Das weiß doch jeder!" "Siehst du?" "Jungfrauen im Harem des Stadthalters von Zo?" Fragte der Wirt mit sichtlichem Erstaunen. "Ja, ausschließlich." "Also" warf Sonjas Gegenüber vorsichtig ein, "ich bin mir zwar sicher, daß Du von solchen Dingen mehr verstehst als ich, aber.." "Von Jungfräulichkeit?" Fragte die Barbarin mit interessiert hochgezogener Augenbraue. "Um Scyrixwillen, so darft Du mich nicht verstehen, ich meine natürlich diese Dinge im Allgemeinen." Versuchte der Wirt den Kopf wieder aus der Schlinge zu ziehen. "Ja, ganz sicher", erwiderte Sonja selbstgefällig "Und ich sage es Dir: Alles Jungfrauen. Wir wollen nicht vergessen, daß der Stadthalter schon über achtzig Jahre alt ist, und selbst zu besseren Zeiten soll er nachts öfter im Stall gewesen sein als im Harem. Wenn Du verstehst was ich meine." "Ja, ich denke schon." Sagte der Wirt und dachte, daß er den Harem ein oder zwei Monate nicht mehr verlassen hätte, wenn dort ein ganzes Rudel Jungfrauen auf ihn warten würde. "Wieviele Frauen hatte der Stadthalter eigentlich?" "248", antwortete die Barbarin mit breiter werdendem Grinsen. "Oder ein oder zwei Jahre lang" "Was murmelst du da?" "Ich ..äh.. nichts. .. hab nur laut gedacht." Stammelte der Wirt und dann mit festerer Stimme: "Und woran ist er nun gestorben?" "Tja, die 248 wollten alle gleich an die Reihe. Unser Guter hat auch sein Bestes gegeben. Aber was zuviel ist, ist zuviel. Irgendwann im Laufe der Nacht ist er tot zusammengebrochen. Was dann passiert ist weiß ich nicht, denn der Zauber in der Glaskugel war verbraucht, und als wir wieder in den Harem sehen konnten, war alles wie ausgestorben. Das Ganze ist schon Wochen her, und seit dem hat niemand wieder etwas von Conan gehört. Der hirnlose Idiot hat sich zu Tode gefickt, aber ich habe es ja immer gesagt: Frauen sind gefährlicher als Männer. Mach mir auch mal so'n Brathähnchen, der größte lebende Barbar hat Hunger." "Sofort", antwortete der Wirt und ging mit hängendem Kopf in die Küche.
Während Sonja die anderen Gäste mit ihrem schönsten Lächeln bedachte, saßen diese fassungslos und wie gelähmt auf ihren Plätzen. Lediglich der Bettler stand auf und schlich aus dem Gasthof.
Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, rückte er den kleinen Rucksack zurecht, mit dem er vorgab, einen Buckel zu haben. Dann trat er nach einem Hund, der in der Gosse schlief. "Tot zusammengebrochen," murmelte er vor sich hin, "was für ein Quatsch! Erschöpft zusammengebrochen, na ja meinetwegen bewußtlos, aber tot ja nun wirklich nicht!" Mit diesen Worten zog Conan einen völlig zerknitterten und vertrockneten Strauß Lilien aus seinem Umhang, und warf ihn in den Rinnstein. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er gestorben wäre.
Die Begattung der geretteten Jungfrau war eine der wichtigsten Pflichten eines Barbaren, und er hatte hierbei versagt! Welch unglaubliche Schande! Einst war er der größte Held aller Zeiten gewesen, aber wenn sich herumsprach, daß er nicht mit allen Jungfrauen aus dem Harem des Stadthalters geschlafen hatte, würde er zum Gespött der Leute.
Daher zog er es vor, den Rest seines Lebens unerkannt in der Verkleidung eines Bettlers zu fristen. Sicher es hätte eine Möglichkeit gegeben, die kommende Schmach zu verhindern. Mit letzter Kraft hätte er die Frauen töten müssen, deren Körper Zeugnis von seiner unsäglichen Schande sein würden, bevor er vor Erschöpfung zusammenbrach. Doch das hatte er nicht übers Herz gebracht, sie hatten ihn so vertrauensvoll angeschaut, alle beide.
Mirko Schaper