WunderWelten Nr. 47
1999-02
Zum ersten mal halte ich eine Ausgabe der WuWe (kurz für Wunderwelten) in der Hand ... nee¸ nicht zum ersten Mal zum Lesen¸ sondern das erste mal um sie zu Rezensieren. Tatsächlich habe ich - wenn auch eher selten - schon mal einen Blick in dieses professionelle Magazin hineingeschaut.
Die WunderWelten ist eines der wenigen (das einzige ?) Rollenspiel-Magazine¸ die man in (fast) jedem Bahnhofskiosk erwerben kann - in Rollenspielläden ohnehin. Die Ausgabennummer 47 weißt schon auf ein recht langes Bestehen hin - was sich durchaus positiv auf die Qualität des Layouts und der Artikelqualität auswirkt. Aber genug vorgegriffen¸ kommer wir erst einmal zum Inhalt...
- Nach einem sehr übersichtlichen Inhaltsverzeichnis (kein Schnickschnack) kommen die stark gefilterten Leserbriefe (offensichtlich furchtbar gefiltert) auf zwei Seiten.
- Das Phantastische Forum ist eine Art Diskussionsboard¸ daß jedoch schon - meiner Meinung nach - im Ansatz absolut unsinnig ist. Sowas geht nur im Internet¸ mit kurzen Antwortzeiten und freier Meinungsäußerung. Aber immerhin findet man hier (stark gekürzte) Reaktionen auf vorangegangene Leserbriefe. Besonders problematische finde ich¸ daß nicht einmal die Stellen gekennzeichnet sind¸ an denen gekürzt wurde - wo sich doch das [...] inzwischen etabliert hat.
Da hier nicht einmal kritische Äußerungen zu einzelnen Systemen (schon wohl gar nicht den Haussystemen)¸ bzw. Vergleiche zu anderen Systemen erlaubt sind ... wozu überhaupt ? - Erfreulicher gestalten sich da die News¸ die sich in deutsche und internationale aufteilen. 4 Seiten¸ optisch sauber umgesetzt. Allerdings scheint mir der Kontakt zu einigen Firmen (z.B. Amigo¸ schon ein wenig dreist das am meisten gespielte System zu vergessen) eher "eingerostet" zu sein (hier findet man nix). Ein Wunder¸ denn die deutschen News sind nicht gerade in der Überzahl - hey ! Wir sind hier in Deutschland ! Ihr schreibt für deutsche Fans¸ die vielleicht lieber deutsche Produkte kaufen !
- Mit Wenn die Runner laufen lernen ... präsentiert sich ein optisch sehr schön umgesetzter Artikel über eine phantasievollere Ausarbeitung von Shadowrun-Charakteren¸ den man natürlich auch für den "erwachseneren" Vorgänger Cyberpunk 2020 verwenden kann. Der Artikel ist zwar sehr gut geschrieben¸ bringt aber im Prinzip nichts¸ was man nicht auch in einem guten Regelwerk im Kapitel "Charaktererschaffung" lesen können sollte. (Muß ich also davon ausgehen¸ daß sich sowas nicht im neuen SR Version 3 befindet ?) Aber die Illustrationen sind wirklich göttlich !
- Das Spiel der Spiele ist ein Artikel über die Spiel'98 in Essen. Der Artikel ist etwas kindlich aufgezogen und bringt (vom Text her) nur Geblubber¸ daß jemanden - der die Messe schonmal selbst besucht hat - nur zum Kopfschütteln (im besten Fall)¸ bzw. Weiterblättern animieren kann. Ein Lichtblick könnten die reichlichen Fotos sein¸ wenn sie nicht ausschließlich den FanPro-Stand zeigen würden.
Dieser Artikel (Autor Mike Jirousek¸ Fotos Michael Immig) verdient leider den Preis für den miesesten Artikeltext und selbstsüchtigste Illustration¸ den ich jemals bei einem Convention / Messebericht gefunden habe !!! - Schrottplatz oder Siegertreppchen liefert ein sicherlich gut verwendbares Liga-System für Battletech-Spieler. Auf vier Seiten werden praktische Anregungen und Tips gegeben. Außerdem gibt es einen BT-Liga-Teambogen.
- Die Kraft des Geistes ist ein Szenario für das neue DSA-Tabletop-Kampfsystem ARMALION. Das Szenario beschreibt grob die Handlung und geht dann gezielter auf den eigentlichen Endkampf (für den man ja ARMALION nutzen soll) ein. Passend hierzu gibt es im Mittelteil des Heftes neue Zauber- und Heldenkarten für das System. Optisch schön gestaltet und gut lesbar.
- Nandusgefällige Neugkeiten gibt einen Einblick in die Pläne des eigenen Verlages zu DSA. Etwas unverschämt finde ich die Bezeichnung "Rezensionen" für die Besprechung neuer hauseigener DSA-Produkte durch einen eigenen ständigen Mitarbeiter. Das Wort Rezension übersetzt man mit kritische neutrale Besprechung - und ein ständiger Mitarbeiter im eigenen Hause erfüllt diese Kriterien wohl kaum ... Für mich bleibt das simple - wenn auch ausführliche - Werbung im Schafspelz.
- Firun¸ TSA und Phex ist der dritte Teil einer Reihe zu aventurischen Geweihten. Dieser Artikel ist nicht nur sehr Lesenswert (für DSA-Spieler)¸ da er offizielles Material und Einblicke liefert - er ist auch noch gut geschrieben. Eine Mischung aus Beschreibung und Gesprächen. Sogar ich als DSA-"Neuling" konnte etwas damit anfangen¸ weil spezielle Begriffe gut in den begleitenden Sätzen umschrieben wurden. Behandelt werden die Orden des Firun¸ Tsa und Phex. Auch hier wieder geniale Illustrationen.
- Das herausnehmbare "Heft im Heft" Abenteuerwelten fast 30 Seiten reines Abenteuermaterial. Die Seiten sind (im Gegensatz zum Rest des Heftes) in SW gehalten.
- Die stillste Nacht - ein Shadowrun-Weihnachtsabenteuer
- Game Over - Endbericht der Schattenwelten
- Prospektor - ein Earthdawn-Abenteuer
- Das Fest der Spiele bringt einen Überblick über Gesellschaftsspiele. Es werden solche Dauerbrenner (Siedler¸ Cluedo) besprochen¸ aber auch solche "Außenseiter" wie El Grande oder Formula DE.
- Positiv überrascht hat mich der Bericht Der Kreuzzug über das Thema Liverollenspiel. Viele schöne Fotos¸ man kann über den Bericht ein wenig in die Materie reinschnuppern - gut gelungen.
- Bücher-Rezensionen (16 Stück) führen den Bücherwurm quer durch die Reihen der Phantastik.
- Spiel-Welten heißt die Rezensionen-Ecke der WunderWelten. Hier findet man Ausblicke auf andere Rollenspiel-Verlage (Feder & Schwert¸ SJG¸ Avalon Hill¸ TSR¸ uvm.) Aber auch zwei neue witzige Kartenspiele werden besprochen.
- Die (kostenlosen) Kleinanzeigen machen eine Seite aus. Hier werden Gruppen gesucht¸ alte Sache verkauft oder gesucht. Interessant und vorbildlich ist auch das Feedback¸ sprich eine Tabelle mit Benotung der Einzelartikel. Das Notensprektrum variiert zwischen 1¸97 und 2¸87 und den "besten" Artikel der Vorausgabe interessierte 94¸64 %. Fragt sich nur wieviel das in Lesern bedeutet ? So ist diese Angabe absolut ausagelos.
- Den Abschluß bilden die Veranstaltungen für Dezember bis Februar (sehr vorbildlich !).
Tja¸ diese WunderWelten als universelles Rollenspiel-Magazin zu beschreiben ist schlichtweg falsch¸ denn sie stellt eine ganz klare Support- und Werbefläche ausschließlich für die hauseigenen Systeme und Produkte dar. Jeder der Berichte trieft förmlich vor Eigenwerbung¸ was natürlich bei den Abenteuern durchaus sinnvoll ist¸ aber zum Beispiel beim Bericht von der Essener Spielemesse (hier die Illustrationen) nur peinlich wirkt - oder sollte dieser Artikel keine Information¸ sondern ein Firmenalbum darstellen ?
Das selbst der schöne LARP-Artikel nur abgedruckt wurde¸ weil sich sich ein eigenes Live-Rollenspiel-Regelbuch in Vorbereitung befindet¸ ist zu vermuten. Geht in den WunderWelten denn absolut nichts ohne Kommerzgedanken ?
Der Gerechtigkeit halber muß man zugestehen¸ daß die WunderWelten technisch und stilistisch ein Optimum darstellt. Konsumenten der FanPro-Produkte finden hier ein gutes spezialisiertes Forum¸ auch wenn mir die (nicht gekennzeichnete) Filterung im Feedback¸ den Lesern gegenüber¸ unangemessen erscheint.
Systemfremde werden sich dagegen mit dieser WunderWelten kaum anfreunden können - zu eingeschränkt und spezifisch ist das Spektrum an Rollenspielmaterial.
Angenehm fällt die großzügige Raumaufteilung¸ der angenehm große Schriftsatz und nicht zuletzt der hohe Anteil Farbseiten (Werbung kommt nun mal farbig besser an ...) auf - unangenehm dagegen natürlich der recht hohe Preis und der heftige Anteil an Werbung (28 von 120 Seiten¸ ca. 20%).
Eine gute Idee sind die zentrierten (und damit gut herausnehmbaren) Abenteuer im Mittelteil des Heftes und das Goodie für ARMALION.
Wenn man demnächst vielleicht solche Artikel wie der nichtssagende "Bericht" von der Spielemesse wegläßt und Eigenwerbung fairerweise nicht als "Rezensionen" verkauft¸ ist man dem Ziel eines sehr guten Magazines (für Spieler der verlagseigenen Produkte) schon einen guten Schritt näher gekommen¸ wenn man sich auch (nur dieses mal ?) selbst die Zielgruppe beschnitten hat.
Dogio the Witch |