AD&D: Der Drachenkult
1998-11
AMIGOs neues "Vergessene Reiche"-Universum nimmt langsam gewichtigere Züge an. Nach der sehr umfangreichen Grundbox und einigen Abenteuer-Bänden¸ sollen nun einige zusätzliche Quellenbände die roten Fäden der Vergessenen Reiche deutlicher herausheben. Neben einem speziellen VR-Monster-Kompendium¸ gehören "Der Drachenkult"¸ der "Bund Bund der Harfner" und die "Talländer & Cormyr" zu den Quellenbänden der ersten Stunde.
An dieser Stelle möchte ich den ersten erschienenen Quellenband über den Drachenkult vorstellen¸ dessen Name nicht zu Unrecht große Erwartungen schürt. Der Name des Rollenspiels verrät ja bereits¸ daß die sowohl listigen als auch kraftvollen Schöpfungen namens "Drachen" eine besondere Bedeutung in der Historie der AD&D-Welt (insbesondere in VR¸ der Urwelt) besitzen.
Die Umsetzung dieser besonderen Kreaturen fällt jedoch von Spielgruppe zu Spielgruppe recht unterschiedlich aus. Wo die Hack&Slayer Drachen mehr als sehr mächtige Tiere oder Monster darstellen¸ die man mit genügend Kampfmagie und Körperkraft um ihr Gespartes bringen kann¸ können diese auch bei genügend erfahrenen Spielleitern¸ zu äußerst raffinierten und hinterlistigen Mächten heranwachsen¸ die im Stillen ganze Königreiche regieren¸ und mit ganzen Heerscharen williger Menschen vor ein paar Abenteurern schützen können. Die Geschmäcker sind halt unterschiedlich.
Achtung: An dieser Stelle sei potentiellen Spielern/Nicht Spielleitern davon abgeraten¸ sich selbst zu viele Informationen anzulesen¸ die einem später den Spielspaß rauben können.
Auch die Lektüre des vorliegenden Drachenkult-Quellenbandes wird einem bei dieser Stilfrage (gottseidank) keine Richtlinien vorschreiben. Ohnehin wird der Typus Drache selbst in diesem Band gar nicht so ausführlich behandelt¸ wie der Name es vielleicht andeuten mag - hier geht es vielmehr um die Menschen¸ die Ihren Glauben und ihr Streben auf diese machtvollen Kreaturen konzentrieren - teils aus Faszination¸ meist aus Machtgier.
Doch kommen wir zu den Wurzeln des Drachenkultes. Der Quellenband beschreibt auf sehr interessante Weise (aus der Sicht eines neutralen Betrachters) den Ursprung und die Irrwege des Gründers Sammaster¸ seine intensiven Studien und die Ursprünge seines Interesses an Drachen. Während der verschiedenen Lebensphasen wird Sammaster immer wieder einmal als Wertegerüst dargestellt¸ was jedoch den Lesefluß der Historie eher leicht stört und in eines der folgenden Kapitel hätte verbannt werden sollen. Ein Spielleiter der Zeitsprünge in seine Kampagne einbauen will¸ kann diese Daten sicherlich für eine interessante Begegnung nutzen¸ sollte sich jedoch jederzeit bewußt sein¸ daß ein wesentlicher Eingriff¸ seiner Kampagne einen kräftigen Tritt geben kann und u.U. den Drachenkult selbst als Element der Dramatik ausschließt.
Besonders interessant wird die Geschichte¸ als Sammaster sich auf die Kreation Untotoer einläßt und dabei auch vor Drachen nicht haltmacht. Mit diesen sehr machtvollen Kreaturen gelingt es Sammaster auch weiterhin lebende und untote Wesen um sich zu scharren¸ einen Kult zu gründen und seinen mehr oder weniger verachtenswürdigen Machenschaften teils in aller Öffentlichkeit nachzugehen.
Erst der Bund der Harfner mit der Unterstützung einiger Auserwählter¸ schafft es den immer mächtiger werdenden Drachenkult zu stellen und seinen Anführer zu töten. Doch selbst der Tod war für Sammaster nur ein neuer Beginn und so mußte nach Jahren eine Gruppe von Magiern einer "Auferstehung" Sammasters den Garaus machen. Bis heute ist allerdings ungeklärt¸ ob diese Schlacht wirklich das Ende von Sammaster darstelte¸ oder ob er an einem geheimen Ort erneut seine Kräfte sammelt.
Eine unbestreitbare Tatsache ist jedoch¸ daß das Erbe Sammasters weiterhin in den vielen Gruppen des Drachenkultes bewahrt und praktiziert wird. Auch heute noch werden Drachen als gottgleiche Wesenheiten verehrt und umgarnt¸ um sie im Laufe der Zeit auch für die eigenen Ziele einzuspannen.
Um den Arbeit des Drachenkultes zu verdeutlichen¸ werden die drei größten Kultzellen vorgestellt und ihre Machenschaften und Strukturen näher erläutert. Als besonders interessant erweist sich dabei die Zusammensetzung des Kultes¸ insbesondere natürlich der Magier und Priester und deren Spezialisierungen.
Aber auch die Gegner des Drachenkultes bleiben nicht unerwähnt. Darunter natürlich der Bund der Harfner¸ die Zentarim und einige andere¸ meist magische¸ Gruppierungen. Man erfährt hier die wichtigsten Dinge über die Beweggründe¸ ein wenig über die Organisation und die Art der Aktionen.
Für Nekromanten eine wahre Freude¸ ist das Kapitel über die Magie und Kreaturen des Drachenkultes. Wie zu erwarten nutzen die Zauberer eifrig¸ was ihnen die Studien ihres Gründers offenbart haben. Bei dieser Wissensfülle ist es kein Wunder¸ daß der Drachenkult einen Schmelztiegel für Nekromanten und Schwarzmagier aller Richtungen darstellt.
Interessant ist auch die Artefakte des Kultes¸ die natürlich hauptsächlich durch dem Umgang mit Drachen geprägt wurden.
In diesem Kapitel findet man auch spezielle Drachenzauber und -Fähigkeiten¸ die wie der Name schon sagt¸ nur von Drachen gelernt¸ bzw. beherrscht werden können. Dem Spielleiter steht durch diese Zauber ein weiteres Instrument zur Verfügung¸ Drachen vom Image der reinen Kampfmaschine wegzuholen und zu viel bedrohlicheren Gegnern wachsen zu lassen. Wenn man sich dazu noch die Beschreibungen der speziellen Artefakte für Drachen durchliest¸ hofft man insgeheim¸ daß die Abenteurer in Zukunft wesentlich vorsichtiger an das Thema Drachen herangehen.
In vertrautem Stil präsentieren sich dann noch die Kreaturen¸ die bereits vom Drachenkult beschworen oder geschaffen worden sind. Darunter findet man die bereits erwähnten untoten Drachen in einigen Variationen¸ die Drachenartigen (eine eigene Rasse) und andere Ausgeburten der Hölle auf die man in einem Satz gar nicht eingehen kann. Die allseits präsenten Bilder sagen da mehr als viele Worte.
Ein Kapitel über Kampagnen- und Abenteuerideen¸ die dem Spielleiter den Einbau des Drachenkultes erleichtern können¸ runden den Band ab. Hier werden bereits bekannte Fragmente des Quellenbandes neu aufgegriffen und in brauchbarer Form als Szenarienvorschläge angeboten.
In dem zehnseitigen Anhang werden abschließend einige Drachengottheiten -also "Gottheiten der Drachen" und nicht "Drachen als Gottheiten" - vorgestellt. Faszinierend¸ auch Drachen erkennen höhere Wesenheiten an. Besonders reizvoll für Magie-Interessierte¸ dürfte der zweite Teil des Anhangs sein "Die Schule der Zauberwandlung". Neben den allgemeinen Mechanismen der Zauberwandlung¸ wird auch die Spezialisierung des "Zauberwandlers" vorgestellt¸ dessen Hauptstärke die Schwächung fremder Zauber ist.
Insgesamt kann ich feststellen¸ daß ich sowohl von der Aufmachung des Quellenbandes¸ als auch vom Inhalt sehr angetan bin. Das Hardcover liegt sehr gut in der Hand und die stabile Bindung deutet an¸ das dieses Buch geschaffen wurde um für eine kleine Ewigkeit zu halten.
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Also: Wer seine Kampagnen um ein facettenreiches Element bereichern will¸ sollte auf diesen Quellenband keinesfalls verzichten und auch den bald erscheinenden "Bund der Harnfer" näher ins Auge fassen. Der Band liefert zahllose Ideen¸ die sich problemlos in viele Welten und Systeme einbauen läßt.
Dogio the Witch |