Thorwal Standard Nr. 8
1998-11
Sozusagen kurz vor Redaktionsschlu߸ erreichte mich die noch aktuelle Ausgabe Nr.8 des Thorwal Standard. Die erfreuliche Tatsache¸ daß sich hier mal wieder ein (mir) noch unbekanntes Fanzine vorstellt¸ wurde durch eine Diskussion im Usenet eingeleitet. Ein erfreuliches Resultat¸ wie ich finde¸ denn gerade den "kleineren" (kann man bei einer Auflage von 600 Stück noch von klein sprechen ?) Fanzines fehlt es derzeit noch an einer Plattform. Die geplante Fanzine-Ecke im DROSI wird das bald ändern ...
Ok¸ lange genug rumgeredet.
Der Thorwal Standard macht durch sein SW-Cover erstmal nicht allzu viel her¸ zwar versucht die ordentliche Zeichnung des Wikingerschiffes Aufmerksamkeit zu erregen - würde jedoch im Wettkampf mit Hochglanzmagazinen hoffnungslos den kürzeren ziehen.
Wer sich zudem über den recht hohen Ladenpreis wundert¸ dem kann ich gleich eine Erklärung geben - es befinden sich nur etwa drei Seiten Werbung im Heft. Wer den Preis etwas senken will kann auf das günstigere Abo ausweichen - denn so wird die Summe vermieden¸ die jeder Händler haben will.
Hat man die erste Schwelle übertreten und das Fanzine in der Hand¸ so macht sich die stabile Klebebindung bemerkbar¸ die die 84 Seiten dieser Ausgabe dauerhaft bändigt. Die Anzahl der Seiten ist schon beachtenswert¸ denn der Inhalt besteht gänzlich aus Spielmaterial ! Die erste Innenseite enthält dann auch gleich den Inhaltsüberblick (etwas nüchtern aufgemacht)¸ das Vorwort und das Impressum.
Kommen wir also gut informiert zum ersten Beitrag:
- Thorwal Standard ist nicht nur der Name des Fanzines¸ sondern auch gleich der Titel eines 5seitigen Tagesblattes¸ daß die interessantesten Ereignisse Thorwals (Wikinger) an den - des Lesens mächtigen - Helden bringt. An die hier verwendete Schnörkelschrift (Fraktur)¸ muß man sich allerdings erst einmal gewöhnen.
Die satierischen Artikel lassen sich mit etwas Phantasie¸ nach dem konsumieren auch als Ausgangspunkt für eigene Abenteuer verwenden. Einen Lacher garantieren die "Kleinanzeigen" verschiedener Dienstleister¸ bzw. die Hitparade thorwalischer Schlager - echt nicht schlecht - Weiter geht's mit einem 19 Seiten (!) starken Abenteuer mit dem Titel Das Portal des Vergessens. Das für maximal 6 Helden der Stufen 5-9 gestrickte Abenteuer¸ schickt die Abenteurer auf die Suche nach einem geheimnisvollen Portal aus¸ daß sowohl zu Lande als auch später unter Wasser zu suchen ist. Anstoß für die Suche ist ein seltsames Artefakt¸ mit dem sich das Tor zu den dämonischen Niederwelten öffnen -und dem zu folge wohl auch schließen lassen soll. Das Ziel ist klar: eine Möglichkeit weniger für das Böse¸ diese Welt zu betreten - vielleicht sogar der Stop des Nachschubs der dämonischen Brut !? Das Abenteuer stellt eine Episode im Vorfeld zur Borbarad-Kampagne dar.
Das Abenteuer wird DSA-Spielern eine Freude sein¸ denn es ist durch und durch für DSA verfaßt. Eine Adaption für andere Systeme läßt sich nur bei guter Kenntnis des DSA-Hintergrundes durchführen - sollte dann aber möglich sein. Fußnoten verweisen auf divverse DSA-Publikationen¸ zum Zweck der zusätzlichen Informationen.
Sehr vorbildlich finde ich das Beilegen der Handouts für die Spieler als Beilage¸ sprich loses Blatt. Auch wenn man die Informationen zusätzlich im Heft hätte einbinden sollen¸ damit sie ggf. bei Verlust des Blattes noch greifbar wären. - Der 4.Teil der Serie Aventurische Regionen stellt (wie in den vorherigen Ausgaben) einen Teil des Fürstentums Darpatien vor. Auf immerhin 31 Seiten findet man einen weitreichenden Verlauf der Stadtgeschichte¸ eine Zusammenfassung über Land und Leute (Kerzenzieher¸ Hexen)¸ eine Stadtbeschreibung über Rommilys und den Rommilyser Landrufer - ein doppelseitiges Wurfblatt.
Alle Bereiche sind sehr ausführlich und liebevoll beschrieben und mit mal mehr oder weniger guten Illustrationen verziert (meist Gebäudebilder oder Portraits.
Die Stadtbeschreibung läßt sich leicht in eigene Welten umsetzen¸ wenn man die weitreichende Stadtgeschichte einmal außer acht läßt. - Regelergänzungen zum DSA-Regelwerk bringt optionale Erweiterungen in Form von neuen Attributen (Willenskraft¸ Konstitution) und neuen Kampfregeln (Erscheint da nicht im Usenet jede Woche eine neue Version ? Die scheinen ja echter Mist zu sein !?).
Da ich in DSA zu wenig bewandert bin¸ kann ich leider nicht sagen¸ in wie fern die Anpassungen sinnvoll und gut sind. - Die Magie des Stabes ist ein sehr interessant aufgezogener Artikel (2 Seiten) über die Beschaffenheit und Wandlung eines Stabes zum magischen Artefakt. Schön geschrieben¸ nette Ideen !
- Auszüge aus der Encyclopaedia Magica beschreibt einige magische Schriften¸ die verschiedene magische Techniken beschreiben. Dank einer recht allgemeinen Umsetzung sind diese Beschreibungen von universeller Qualität und können daher in jedem Abenteuerhintergrund genutzt werden (7 Seiten).
- Der wahre Bote - wohl eine Persiflage auf die Bild oder Express¸ bringt mit großen Schlagzeilen ein wenig Hetzkampagne nach Aventurien. Die Anspielungen sind allerdings so gut gelungen¸ das man auch als nicht-DSA'ler seine Augen aufmerksam über die Unterartikel schweifen läßt und vor allem die Werbeblöcke mit einem Schmunzeln verläßt. Erfrischend.
- Moha-Wörterbuch-Ergänzungen. Naja. Eine Seite "etwas seltsamer" Übersetzungsversuche. Mist. Ich habe hier zu wenig Platz¸ um mich lachend über den Boden zu rollen. Ok¸ teilweise etwas platt aber insgesamt geht es als originell durch.
Passend dazu gibt es ein Charakterblatt für Mohas¸ das auch gleich die oben vorgestellten Fremdworte nutzt. Oh Gott. - Söldner heute stellt ein weiteres Flugblatt dar¸ daß sich explizit mit den Kämpfern auseinandersetzt (sofern die des Lesens mächtig sind). Für die legastenischen Käufer wurde eine halbnackte Kämpferin auf der Titelseite platziert ... Diese Zeitung diskutiert eher satirisch über Umstände¸ als Neues vorzustellen. Krönender Abschluß ist die Söldnerin des Monats - nein¸ weder nackt noch Faltbatt
- Aus den Kor-Gesängen kommt ein kleines Kampflied¸ das von anderem aventurischem Liedgut gefolgt wird. Wer es mag. Eine CD ist geplant :-P
- Den Abschluß bilden die Leserbriefe und etwas Werbung.
Der Thorwal Standard braucht sich Inhaltlich nicht vor anderen mir bekannten Magazinen zu verstecken. Erfreulich ist die hohe Qualität der einzelnen Artikel und der immer wieder¸ an allen Ecken durchblubbernde Humor - die "Zeitungen in der Zeitung" sind super aufgezogen - auch wenn sie mich etwas an die "Havenna Fanfare" aus dem Letzten Helden erinnern. Absicht ?
Mein einziger Kritikpunkt ist die eindeutige DSA-Lastigkeit. Versteht mich jetzt nicht falsch - aber bei den Artikeln hat jemand¸ der DSA nicht irgendwie kennt¸ keine Chance etwas zu verstehen - dazu ist die typische "DSA-Sprache" mit ihrem eigenen Wortschatz zu ausgrenzend. Das hat sich vor allem bei dem Abenteuer bemerkbar gemacht.
Das es auch anders geht zeigen die anderen Artikel¸ die zwar immer noch DSA-spezifisch¸ aber deutlich universeller sind. So wird der TS zum reinen DSA-Fanzine und rangiert nicht mehr unter den universellen mit DSA-Neigung.
Ok¸ wenn man seine Leserschaft allein unter den DSA-Spielern sucht ...
Ansonsten möchte ich Euch anraten¸ bei "Fremdworten"¸ die wichtige fürs Verstehen sind¸ Fußnoten zu setzen und allgemeingültig zu erklären. Ein Beispiel wäre: "Thorwaler - entspricht alten Germanen¸ Wickinger"¸ etc.
Mein Fazit: Der Thorwal Standard ist ein ordentliches Fanzine im oberen Preissegment¸ bei dem vor allem DSA-Spieler zugreifen sollten - und tun¸ wenn man hört¸ daß alte Ausgaben allesamt ausverkauft sind.
Alle anderen sein zumindest gewarnt¸ daß für den Genuß vieler Artikel die Kenntnis des DSA-Hintergrundes (zur Not auch aus den Romanen) vorausgesetzt wird. Der Preis ist aufgrund der (werbefreien) Seitenzahl¸ Beilagen und hohen Qualität vertretbar.
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