Ein Hauch von Heiligkeit
1998-05
Ich habe schon nicht schlecht geschaut¸ als ich auf dem Conventus Leonis in Braunschweig zum ersten mal dieses doch recht schwere Abenteuer in Händen hielt. Was man vom Drachenland-Verlag vielleicht gewöht sein mag¸ ist beim F&SF-Verlag doch eher selten. Normalerweise stecken in Bänden mit mehr als 100 Seiten zwei Abenteuer. So gehört auch schon ein wenig Eifer und die Aussicht auf ein paar freie Tage dazu¸ um sich diesen Band zu Gemüte zu führen - zumal man ja bei einem Abenteuerband in der Regel nicht mit nur einmal Lesen auskommt.
Gegen meine Gewohnheit habe ich diesen Abenteuerband mal nicht mit dem Anhang begonnen¸ sondern wie es sich geziemt mit der ersten Seite. Im Laufe der ersten zwanzig Seiten drängte sich mir immer mehr ein Name ins Gedächtnis. "Smaskrifter". Nicht weil hier irgendwie die gleiche Thematik behandelt werden würde¸ sondern wegen des kaugummiartigen Stils¸ der auf den ersten Seiten eingeschlagen wird und der einen immer wieder zwingt eine Seite zurückzuschlagen¸ weil man das Gefühl hat nicht alles mitzubekommen.
Ein Blick auf den älteren Abenteuerband Smaskrifter verriet mir dann auch¸ daß ich recht hatte¸ beide Abenteuer stammen zumindest vom gleichen Autor: Gerd Hupperich.
Dazu muß man sagen¸ daß der Name des Autors immer das Letzte ist was bei mir bei Abenteuern eine Rolle spielt.
Nun gut¸ ich denke das dieser besondere Eindruck zu Beginn sich hauptsächlich darauf begründet¸ daß Gerd Hupperich dazu neigt seine Charaktere besonders sorgfältig auszuarbeiten und auch bis ins Detail beschreibt. Sicherlich eine gute Sache¸ die in keinem Anhang fehlen sollte¸ jedoch nach meinem Gefühl im Rahmen der Einführung - noch vor der Hintergrundgeschichte - nichts zu suchen hat.
Das er sich dabei gern an historischen Vorbildern orientiert¸ wird den meisten Geschichtsbanausen unter uns eh nicht auffallen.
Wer sich von diesem Umstand nicht abschrecken läßt¸ findet auf den folgenden Seiten ein sehr schönes Abenteuer¸ dessen Struktur schon einen kampagnenartigen Charakter hat. Die Spieler werden allerdings erst langsam in seinen Bann gezogen und vorher nur mit kleinen Unterabenteuern bei Laune gehalten. Erst im späteren Verlauf werden aus den 'Nebenfiguren' (den Abenteurern) die Hauptdarsteller¸ die versuchen dürfen¸ die Geheimnisse aufzuklären.
Ein grober Abriß des einführenden Inhalts:
Mit läppischen 500 GS (man muß bedenken daß dieses Abenteuer für Hochgradige gedacht ist !) will ein Kaufmann die Abenteurer dazu ermuntern für ihn ein wenig spionieren zu gehen. Der Grund dafür ist eine Gruppe von Auserwählten¸ die bald nach Oktrea¸ einem inzwischen unbedeutenden chyseischen Dorf¸ aufbrechen sollen¸ um einen Vorfall 'heiliger Art' zu überprüfen.
Dabei handelt es sich um einen ehemals frommen¸ numehr toten Eremiten¸ der nicht verwesen will. Auch berichten die Dorfbewohner vermehrt von übernatürichen Zeichen. Dieser Umstand soll auf seine göttliche Natur überprüft und ggf. der Ort Oktrea zu einer heiligen Stätte erhoben werden.
Der Kaufmann empfindet dies - wie viele andere Mitglieder der Handelsgilde - nicht als Grund genug umm eine aufwendige Konklave (eine nicht-öffentliche Sitzung von Geistlichen) stattfinden zu lassen und vermutet andere heimliche Vorhaben der chryseischen Hauptkulte hinter dieser Versammlung. Um dies zu erkunden¸ werden die Abenteurer benötigt¸ die sich am besten als Begleitschutz für die Reisegruppe anbieten sollen.
Geht man davon aus¸ daß die Abenteurer besser im Feilschen waren als der Kaufmann¸ oder gerade ohnehin nichts zu tun haben (500 GS !)¸ findet jeder der Abenteurer seinen Platz im Gefolge der Abgesandten. Nach einer langen aufregenden Reise gelangt man schließlich nach Oktrea¸ wo man die angenehmen Eindrücke der chryseischen (ähnlich der griechischen) Gastfreundschaft erleben darf.
Die Untersuchung des Toten¸ die Konklave und die begleitenden Ereignisse erwecken immer mehr den Anschein¸ daß hier wenig Göttliches¸ sonders eher Vampirisches sein Unheil treibt...
Wer die zahlreichen Anmerkungen in der Werbung und im Rückentext des Abenteuers nicht überliest¸ der wei߸ daß es sich bei diesem Abenteuer um einen Teil der in jüngster Vergangenheit stark beworbenen Seemeister-Kampagne handelt. Wer nun noch in der Lage ist¸ dies richtig zu Deuten¸ der wird bereits ahnen¸ daß der unscheinbare Ort Oktrea noch einiges an vergessenen Besonderheiten zu bieten hat.
Dem Spielleiter sei gesagt¸ daß hier allerlei starkmagisches Artefakt verborgen liegt¸ daß sich jedoch kaum für den Nah- oder Fernkampf verwenden läßt (keine Sorge). Vielmehr dürfen sich die Abenteurer mit allerlei 'neuartigen' Dingen und Lebewesen beschäftigen¸ sobald sie erst einmal tiefer in die Materie eintauchen.
« i » Bei Ein Hauch von Heiligkeit handelt es sich um den bisher am besten illustrierten Midgard-Band¸ den ich bislang in Händen gehalten habe. Die Zeichnungen stellen hervorragende Symbiosen zwischen Zeichnung und Computerarbeit dar. Die Karten sind sehr detailreich und dennoch übersichtlich - schlichtweg gelungen.
« i » Wer die scheinbar nicht enden wollende Masse an Informationen nicht scheut¸ braucht bei diesem Abenteuer nicht die Angst zu haben¸ daß er seine Abenteuer vor ähnlich komplexe Aufgaben stellen mu߸ wie dies bei Smaskrifter der Fall war (Auch wenn Gerd es nicht ganz die Finger von der Uhr und heftiger Magie lassen konnte). Das Abenteuer ist wesentlich sauberer aufgebaut und hebt nicht so extrem ab. Die Texte sind mit viel Liebe zum Detail geschrieben¸ brauchen jedoch an vielen Stellen volle Konzentration und sorgfältige Vorbereitung.
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Natürlich liefert das Buch einige Informationen zu Chrysea und wie schon erwähnt zu den Seemeistern. Wer bei diesem Abenteuer auf den Geschmack kommt¸ darf sich auf weitere Abenteuer aus dem Zyklus von den zwei Welten (Teil der Seemeister-Kampagne) freuen.
Dogio the Witch |