AD&D Spieler-Set
1998-05
Nachdem ich bereits das AD&D-Starter-Set rezensieren durfte¸ liegt mir nun auch die 'Profi'-Version vor. Zumindest die¸ die für die Spieler von AD&D gedacht ist. Wie beim Starter-Set unterscheidet man bei AD&D seit jeher zwischen Spielern und Spielleitern und gibt jedem eigene Regelbände an die Hand. Während Spielleiter mit den Regeln zur Erschaffung von Abenteuern¸ Monsterwerten und -ideen¸ etc. versorgt werden müssen¸ werden die Spieler mit den folgenden Bänden versorgt. Dieses Konzept ist meiner Meinung nach in der breiten Masse der Rollenspielsysteme einzigartig oder zumindest nicht besonders weit verbreitet.
Die vorliegende Box konnte mich bereits vor dem Lüften des Deckels angenehm überraschen¸ denn die Box ist - dem Gewicht nach zu urteilen - randvoll. Und tatsächlich: Wenn man das Innere erblickt erwartet einen - etwas anders als beim günstigeren Starter-Set - eine randvolle Schachtel. Dreht man den Kasten um¸ purzeln einem ein Bogen Charakterblätter¸ sieben Würfel im Beutel¸ ein kleiner Amigo-Katalog und nicht zuletzt sechs recht fette Bände (Hefte) für den angehenden AD&D-Spieler entgegen. Erster Eindruck: Not Bad ! Viel Masse !
Da ich mal ein altes AD&D-Spieler-Handbuch in den Händen gehalten habe (alle 6 Bände in einem Guß) wiege ich die Seiten bedächtig und bin beim Zusammenzählen der Seiten in der Tat erstaunt: knapp 350 Seiten ! Ich erinnere mich an eine Zahl von etwa 280 Seiten des Hardcovers ? Was sich da wohl geändert haben mag ? Ok¸ ab ins Vergnügen !
Aller Anfang ist der Charakterband. Ein feuerspeiender Drache wird von zwei Recken in Schach gehalten - oder ist es gar umgekehrt ? Auf jeden Fall ein nettes Titelbild ! Die ersten Seiten bildet das Inhaltsverzeichnis und grundlegende Erläuterungen über die AD&D-Sets. Eine kurze Einweisung in AD&D und eine Erklärung der wichtigsten Begriffe findet man auch an dieser Stelle. Bevor sich der Band mit dem eigentlichen Hauptthema Charakter beschäftigt ¸ gibt es einen kurzen Überblick über die komplette Charaktererschaffung - sehr vorbildlich¸ weil dies später als Leitfaden genutzt werden kann !
Die nun kommenden Seiten berichten eingehend über die Attribute¸ die verschiedenen Rassen und die Klassen des AD&D-Systems. Eine besondere Eigenart von AD&D stellt die Gesinnung dar. Sie spiegelt die generelle Einstellung des Charakters zu seiner Umwelt und den Gesetzen wider.
Die Texte sind in ordentlichen drei-Spalten-Text verfaßt. Überschriften und besondere Worte sind in altrosa geschrieben was die Aufmerksamkeit erregt und ein schnelles Wiederfinden erleichtert. Zwischen den Texten finden sich immer wieder hervorragende Zeichnungen ! Zwar wird man viele als Ausschnitte von bereits bekannten Gemälden wiedererkennen¸ aber dennoch sind die Bilder passend zum Text gewählt und vermitteln Atmosphäre.
Neben den Grundklassen:
- Krieger
- Magier
- Dieb
- Kleriker (im Prinzip sehr magiebegabter Ordenskrieger bei Midgard)
- Barde
- Druide
- Illusionist
- Paladin und
- Waldläufer
Untter den Rassen findet man:
- Elfen
- Gnome
- Halblinge
- Menschen (natürlich) und
- Zwerge
Bei AD&D gibt es Doppel- und sogar Dreifachcharaktere (z.B. Elfen) direkt von Spielbeginn an. Damit sind nicht die 'Halb'-Charaktere wie Paladin (Ordenskrieger) oder Barde gemeint¸ sondern z.B. die Mischklasse 'Krieger/Zauberkundiger/Dieb'. Hola !
Die Entwicklung von Charakteren orientiert sich bei AD&D an einem Gradsystem¸ dessen Steigerung für jede Klasse unterschiedlich ist. Zusätzlich zu steigenden Trefferpunkten¸ erhält ein Charakter mit steigendem Grad folgendes: Mehr Angriffe / neue Zauber / besondere Fähigkeiten. Insgesamt reicht dieser erste Band also¸ um sich einen spielbaren Charakter zu erschaffen. Die (tollen !) Charakterblätter erleichtern einem diese Arbeit zusätzlich. Wie beim Starter-Set gilt auch hier: Wer rechtzeitig kopiert - hat in der Not :^)
Hmm¸ nun fällt die Wahl schwer¸ wie man weitermacht: Es gibt zwei Bände mit (optionalen) Erweiterungsregeln¸ einen Magierband und einen Priesterband. Ob sich in den letzten beiden weitere Informationen über diese beiden Klassen finden lassen ? Neugierde !
Auf dem Magierband sieht man einen entweder sehr bösen oder einfach nur sehr konzentrierten Magier in roter Robe. Was er gerade in der Glaskugel vor ihm beschwört¸ hoffe ich auch auf den dahinter liegenden Seiten wiederzufinden: Also los !
Der Magierband hat stolze 96 Seiten und ist damit das umfangreichste Buch der Box. Bereits das Inhaltsverzeichnis verrät einem sehr übersichtlich worum es auf diesen 96 Seiten geht: Zaubersprüche¸ Zaubersprüche und noch mal Zaubersprüche ... Also ich hätte diesen Band Grimoire genannt oder Zauberbuch¸ aber von einem Magierband erwarte ich schon ein paar weiterführende Informationen und Besonderheiten dieser nicht uninteressanten Charakterklasse - hier hätte man die Chance der Teilung nutzen und alle passenden Informationen gebündelt anbieten sollen.
Nichts desto trotz kann die 'Unmenge' an Sprüchen¸ die in neun Grade und diverse Schulen eingeteilt sind¸ einen Magier schon einige Zeit in Atem halten.
Der rollenspielerfahrene Spieler wird sicherlich eine Unmenge 'klischeehafter' Sprüche wiederfinden¸ wie man sie auch aus vielen anderen Systemen kennt - aber nun ratet mal wer da von wem abgeschrieben hat (D&D¸ bzw. AD&D ist der vorbildliche 'Opa' aller heutigen Systeme) !
Die Magier (und auch Kleriker) bei AD&D haben eine besondere Art des Zauberns¸ bzw. des Zauber vorbereitens. Man 'memoriert' eine Zahl von Zaubern¸ d.h. man studiert sie anhand des Zauberbuches (bei Magiern) und hat von diesem Zeitpunkt an diesen Spruch bis zu seiner Benutzung griffbereit. Hat man einen 'gemerkten' Spruch einmal gesprochen¸ muß er erst erneut 'erinnert' werden. Natürlich kann man in höheren Graden ein und denselben Spruch auch mehrmals 'memorieren'.
Anders als ein Priester¸ ist der Kleriker in AD&D eher ein Ordenskrieger dessen Zauber in Zyklen bestimmter Thematik (je nach Gottheit) eingeteilt sind. Kleriker bekommen ihre Kräfte von Ihren Göttern verliehen¸ was auch immer eine besondere Fähigkeit mit einschließt¸ wie z.B. das Vertreiben von Untoten. Vom Spielablauf her läuft die Verwaltung der Zauber genauso ab¸ wie bei den Magiern¸ nur das Kleriker kein Zauberbuch benötigen¸ sondern einen gottgefälligen Lebenswandel pflegen und Beten müssen. Tja und beim Wort Beten fällt mir dann auch spontan der Priesterband ein.
Mit seinen 56 Seiten ist der Priesterband (ich denke¸ daß heißt hier Kleriker) weit weniger stark als der Magierband¸ aber auch hier prangt ein schönes Titelbild auf der Front. Vergleicht man Magier- und Priesterband¸ so findet man immer wieder mal Analogien.
Die Unterschiede werden jedoch bald klar: Magier haben bereits in den niedrigen Stufen Zauber mit denen sie Beeinflussen können¸ Illusionen erzeugen können und die allgemein das tägliche Leben erleichtern. Die niedrigen Priesterzauber dagegen regeln eher den Zwischenmenschlichen Kontakt¸ sorgen für inneres Wohlbefinden und sind geeignet sich selbst zum Heiler zu erheben.
Wie in jedem anderen System auch¸ werden die Zauber auf beiden Seiten¸ mit zunehmender Stufe immer knackiger. Während man als Krieger einen Zauberkundigen der ersten Stufen noch getrost in der Pfeife rauchen kann¸ sollte man gerade bei hochstufigen Zauberkundigen schon eher auf seine Zunge achten¸ wenn man nicht als Frosch aus diesem Alptraum erwachen möchte.
Verbleiben also die beiden Bände mit den Erweiterten Regeln. Während sich mit den Grundregeln aus dem Charakterband im Prinzip nur eine endliche Zahl an unterschiedlichen 'individuellen' Charakteren zusammenstellen lassen¸ kommt in den nun folgenden Bänden das persönliche Flair hinzu.
Teil 1 beschäftigt sich ausführlich mit dem Fertigkeitensystem¸ der Ausrüstung und deren Erwerb und liefert schließlich auch noch optionale - aber nichts desto trotz - sinnvolle Regeln zu den Themen 'Erfahrungspunkteverteilung¸ Magier- und Priesterzauber und deren Schulen'. Während man in dem Fertigkeitssystem von mehr oder weniger ausgefallenen Fertigkeiten (z.B. Blind kämpfen) Gebrauch machen kann¸ sind bei der Ausrüstung allerlei Gegenstände bis ins Detail beschrieben und natürlich mit Preis und Gewicht.
Anschließend wird noch behandelt¸ wie und wo man neue Zauber erlernt und auf welche Weise man überhaupt an die heißgeliebten Erfahrungspunkte herankommt. Ich hätte diese Passage z.B. lieber im Magierband gefunden !
Teil 2 wird noch ein wenig genauer und füllt viele offene Regelfragen mit Antworten. Hier findet man für viele Situationen die richtige Regel oder Vorgehensweise. Ein besonderes Gewicht gilt dabei dem Kampf. Wer nach dem sinnigen Spruch Nicht nur simples Dreinschlagen ... (ein Zitat) die Bibel für Pazifisten erwartet¸ wird allerdings bitter enttäuscht¸ denn gut die Hälfte der nun folgenden Buchseiten beschäftigt sich ausschließlich mit dem Thema wie man dem Gegner genau das bringen kann¸ was man selbst nicht will: den Tod.
Hier werden sowohl bewaffneter und unbewaffneter Kampf umschrieben¸ als auch der Angriff mit Magie.
Wer AD&D noch nicht kennt (weder aus Buch¸ Film¸ noch von Erzählungen) dem sei gesagt¸ daß bei einem getöteten Monster auf keinen Fall ein Schatz fehlen darf¸ der der geleisteten Arbeit in etwa entspricht - sonst fallen die Helden von der Rolle :^) Deshalb gibt es auch hierfür Regeln.
Die Themen: Nichtspieler¸ das Licht (und dessen Fehlen) und schließlich die Zeit bilden weitere wichtige Anlaufpunkte für Fragen des Spielers.
Schön und bemerkenswert ist eine Tabellen-Liste beim Inhalt¸ die das Suchen erleichtert.
Aber wo wir ohnehin gerade beim Stichwort Tabellen sind¸ kommen wir doch gleich zum sechsten Band (oder besser Heft). Der Tabellenband ist ein kleines Highlight. Obwohl ich bei der Separation in Teilbände (die 5 Beschriebenen) noch nicht genau wei߸ ob ich das nun praktisch oder schade finden soll (so ein dickes Hardcover ist auch nicht schlecht) - bin ich mir beim Tabellenband des klaren Vorteils der Trennung sicher.
Hinter dem brütenden Drachen auf der Front verstecken sich alle bereits gesichteten Tabellen aus allen Bänden. Sogar eine Liste aller Zauber findet man hier - zusammen mit dem Ort der Beschreibung in den Bänden. Schnelles Finden ist somit auch im Spielfluß garantiert !
Tja¸ das waren die sechs Bände. Zusammen mit den sieben Würfeln (2x W10¸ W4¸ W6¸ W8¸ W12 und W20) füllt das die Box bis zum Anschlag.
« i » Die Bände sind allesamt sehr ordentlich aufgebaut und vom Text her sehr vorbildlich - man hat an vielen Stellen Beispiele zum besseren Verständnis eingefügt. Die Verwendung von zwei Textfarben (Schwarz und altrosa) erleichtert das Lesen zusätzlich. Hier hat man sich echt viel Mühe gegeben (und es geschafft)¸ ein übersichtliches Werk zu erstellen.
Der dreispaltige Text sorgt für kurzweiliges Lesevergnügen¸ wie man es auch vielleicht von seiner Tageszeitung her gewöhnt ist.
« i » Zu den Illustrationen möchte ich folgendes bemerken: Im Starter-Set haben mich die Bilder regelmäßig wegen ihrer Brillanz (vor allem die Karten !) und großen Zahl regelmäßig vom Hocker gehauen. Das Spieler-Set kann da weder bei der Menge¸ noch bei der Qualität mithalten. Zwar sind die Titelbilder immer noch erste Wahl¸ aber die Illustrationen zwischen dem Text - sofern überhaupt vorhanden¸ passen selten zum Thema und erreichen auch nicht ganz die 'gewohnte' sehr gute Qualität (abgesehen von der oben beschriebenen Ausnahme natürlich)...
« i » Zum Fun-Faktor kann ich nur sagen¸ daß ich bereits einmal AD&D mit großer Freude gespielt habe und man auch auf Conventions (Rollenspieltreffen) eigentlich immer eine Spielergruppe vorfindet.
AD&D zeichnet sich vor allem durch eine Unmenge an Hintergrundwelten aus¸ für die man alle das vorliegende Grundregelsystem verwenden kann. Im Prinzip für jeden Geschmack etwas - vom Fantasy (Forgotten Realms) über Fantasy-Space (Spelljammer) bis hin zum Horror (Ravenloft)¸ 1001 Nacht und sehr viel mehr.
Viele werden AD&D auch bereits als Computer-Spiel kennen und können sich nun (naja¸ wie eigentlich auch schon seit ewigen Zeiten) auch mal an das bytelose 'Update' heranwagen.
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Einzig für die Masse an Würfeln wird man besser einen Stoff- oder Lederbeutel kaufen - der Box liegt leider nur ein Tütchen bei ... In diesem Sinne 'Roll the Dice !'
Dogio the Witch |