Das Dorf der Doppelgaenger
1997-10
Artwork © by Stephanie Radons (mehr Bilder)
Hintergrund:
Ort des Geschehens ist eine kleine Siedlung namens Köhle. Sie liegt etwa einen Kilometer entfernt von der nächsten Handelsstraße im dichten Wald. Die Bewohner sind bodenständige Bauern¸ die nur so weit in den Wald gehen¸ wie sie unbedingt müssen¸ normalerweise so weit wie die Axt zum Roden neuer Felder reicht. Die letzten Zeiten waren friedlich¸ die Steuern sind daher entsprechend niedrig und genug junge Arbeitskräfte sind auch vorhanden. Zudem kommen Besucher nur selten ins Dorf.
Vor einem Monat wurde jedoch eine größere Gruppe Doppelgänger in der Umgebung ausgehoben. Da Gründlichkeit nicht gerade eine der Stärken der säubernden Party war¸ ließ sie einen Haufen der Monster entkommen. Von diesem Vorfall ist noch nichts bekannt¸ da die Gruppe vor der großen Prahlerei ihre Wunden auskuriert. Obwohl Doppelgänger im allgemeinen eher gutsituierte Opfer bevorzugen¸ versucht diese entwurzelte Gruppe nun¸ mit aller Macht im Dorf Fuß zu fassen.
Zeitlinie:
Ziel der Doppelgänger ist es¸ das Dorf als Brückenkopf für den Umzug in die nächste Stadt zu nutzen¸ oder sollte es möglich sein¸ alle oberen Postitionen zu besetzen und im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Hierunter fallen z.B. der Lehnsherr¸ ein niedriger Adliger¸ der in einem Kleinstherrenhaus im Dorf lebt (dies sagt schon alles über seinen Stand) und allebesser angesehenen Leute des Dorfes. (s.u.)
Ein Achtjähriger beobachtet jedoch beim Herumtollen im Wald¸ wie die Doppelgänger seinen Vater¸ das erste Opfer¸ kopieren und töten. Der Sohn kommt zeitgleich mit unseren Helden schreiend im Dorf an und berichtet von bösen¸ gestaltwandelnden Geistern¸ die seinen Vater getötet haben. Als kurz darauf der Doppelgänger in Form des Vaters erscheint¸ bricht der Junge nach einem hysterischen Anfall und mehreren Fluchtversuchen zusammen¸ und wird in die Obhut des "Vaters" gegeben. In der Nacht werden Sohn und Mutter ersetzt. So werden nach und nach weitere Bauern ausgetauscht¸ bis es den Doppelgängern gelingt¸ über einen Vertrauten an den Adligen zu kommen und diesen zu ersetzen. Kurz darauf wird eine Jagd eröffnet¸ bei deren Verlauf auch der eine oder andere ausgetauischt wird. Schließlich wird das restliche Dorf in einem Streich ausgetauscht.
Die Helden:
Nach dem Auftritt des Achtjährigen sollten sie genug gehört haben¸ um eine Weile die Umgebung des Dorfes zu erkunden. Wer weiß schon¸ was an der Geschichte des Jungen wahr ist und was er vielleicht entdeckt haben mag. Heilkundige oder Priester¸ die dem Jungen helfen wollen¸ seine Erlebnisse zu verarbeiten¸ werden mit unverhohlener Feindseligkeit vom Vater verwiesen und sollten sich so ihre Gedanken machen.
Auf Erkundung können die Helden zumindest Spuren einer größeren Gruppe Humanoider ausmachen¸ vielleicht sogar Spuren des Kampfes. Sollten sie keine Anstalten machen¸ etwas zu unteernehmen¸ kann ein besorgter Dörfler sie um Hilfe bitten. Sonst kann Spott über den Heldenmut bei einigen Charakteren sicherlich Wunder bewirken.
Hinweise:
Die wartenden Doppelgänger brauchen Nahrung zum Überleben. Wenn ausdauernde Helden tagelang den Wald durchstreifen¸ werden sie zwangsläufig auf Spuren von Doppelgängern auf Jagd treffen. Eine Versorgung aus dem Dorf kommt langsam auf die Beine. Den Doppelgängern ist natürlich bewußt¸ daß sie damit ihr Lager verraten können und gehen entsprechend vorsichtig zu Werke. Ganz verborgen wird dies wohl aber nicht bleiben. Je mehr Leute ausgetauscht werden¸ desto weniger Bauern gehen auch ihrer Arbeit nach. Die meisten Doppelgänger schlagen in den Häusern die Zeit tot und warten auf die Gelegenheit¸ einen bessergestellten Bauern¸ möglichst mit eigenen Arbeitern übernehmen zu können. Dies äußert sich dann in brachliegenden Feldern¸ ungemolkenen Kühen¸ die sich entsprechend bemerkbar machen¸ hungernden Schweinen und leeren Straßen¸ nicht zuletzt in einem aussterbendem Dorf. Mit ihrer Verwandlung übernehmen die Doppelgänger nicht das Wissen der Opfer; Unkenntnis über Verwandtschaften¸ Feiern¸ etc. sind die Folge. Das soziale Leben des Dorfes stirbt entsprechend aus. Von Nachbarn oder Helden angesprochen¸ versuchen Doppelgänger¸ sich mit haltlosen Begründungen herauszureden. Schon nach einigen Fragen ist den meisten offensichtlich¸ daß diese "Bauern" von Landwirtschaft keinen blaßen Schimmer haben. Für die Helden beginnt damit ein Wettlauf gegen die Zeit¸ denn die potentiellen Helfer¸ denen das komische Verhalten auffällt und die dieses aufgreifen (Du bist gar nicht mehr der Alte)¸ sind die nächsten Opfer. Dabei sollte man allerings nicht die Intelligenz und Lernfähigkeit der Doppelgänger vergessen. Ihnen ist bewußt¸ daß sie sich nicht an die Spitze morden können¸ ohne daß dies auffällt. Daher sind sie versucht¸ möglichst früh hochgestellte Bauern zu ersetzen¸ auch wenn dies länger dauert. Und wem zwei Patzer im Gespräch unterlaufen¸ wird demnächst mehr zuhören und lernen. Je stärker die Helden sind¸ desto mehr "soziale" Vorteile (Stand¸ Vorwissen¸ Vertrauen der Bewohner) sollten die Doppelgänger gegenüber den Helden genießen. Hier bringt die bloße Kraft die Helden nur schwer weiter. Bei einem Aufstand der Bauern in Verbindung mit der Schlagkraft der Helden¸ kann auch eine Gruppe der Doppler nicht mithalten.
Sollte den Spielern überhaupt nichts auffallen¸ kann ihnen über einen Reisenden¸ der notgedrungen im Dorf übernachten müss¸ Gerüchte über die Doppelgänger zugespielt werden. Am nächsten Tag sollte sich die Haltung des Reisenden radikal ändern¸ da er mit Sicherheit ausgetauscht ist. Dies ist aber schon der Wink mit der Zaunreihe.
Anzumerken ist noch¸ daß die Doppelgänger das Dorf nicht um jeden Preis erobern wollen¸ Überleben ist die Devise.
Das Dorf:
Das "alte" Dorf ist von einem aufgeschütteten Erdwall mit aufgepflanzter Palisade umgeben¸ das traurige Relikt alter Feindseligkeiten. Das Dorf ist längst über den Wall ausgeufert. Etwa die Hälfte der Häuser befinden sich im Ring¸ darunter auch das Haus des Adeligen. Im Dorf findet man die zwei leerstehenden Hütten kürzlich Verstorbener. Insgesamt besteht das Dorf aus 20 Großfamilien mit je 15 Familienmitgliedern¸ wobei zumindest noch ein Mitglied aller Generationen am Leben ist. Mitten durch das Dorf fließt ein kleiner Flu߸ Ursprung der Siedlung¸ und sichert die Trinkwasserversorgung. Das Wehr zum Schutz vor Booten ist schon längst verfault. Einige Berufe sollten im Dorf nicht fehlen. Neben den Bauern gibt es zumindest noch einen Müller¸ einen Schmied¸ mehrere Angestellte des Lehnsherren¸ darunter ein Verwalter¸ Kammerfrau und Stallbursche. Die ärztliche Versorgung übernehmen heilkundige Dörfler.
Doppelgänger:
Von System zu System unterschiedlich¸ sollten doch zumindest einige Grundzüge dieser Wesen vorgestellt werden.
Es handelt sich hierbei um humanoide¸ haarlose Wesen mit grauer Haut. Ihre Haut ist so hart¸ das sie auch gegen Waffen einen guten Schutz bietet. Mit ein¸ zwei Schwerthieben sind sie selten zu töten. Ihr wahrer Körper ist von abgemagerter¸ konturarmen Gestalt¸ die Knochen und Sehnen sind deutlich unter der Haut zu sehen. Neben möglichen Resistenzen gegen geistige Angriffe ist ihr herausstechendstes Merkmal ihre Fähigkeit zu Verwandlung. Sie können ihre Größe meist zwischen 1¸ 20 und 1¸ 80 verändern (Leute im Mittelalter sind deutlich kleiner als heute!)¸ das Aussehen anderer kopieren und auch "Kleidung" mit Farbe und Textur ausbilden. Sie sind äußerst gerissen und überlegen sich genau¸ wann sie wo zuschlagen. Nur selten trifft man sie alleine an¸ dann sind es erfahrene und starke Doppelgänger. Nach ihrem Tod nehmen sie ihre wahre Gestalt an. Doppelgänger sollen angeblich künstliche Geschöpfe sein¸ Kinder sind bis heute unbekannt. Sehr kleine Doppelgänger müssen daher ihre Rolle übernehmen.