Papa Caldron erzaehlt...
1997-04
Papa Caldron erzählt...
Mit wachsender Entfernung verjüngte sich die Silhouette von Rundal immer weiter¸ bis wir schließlich ein Waldgebiet erreichten und das hinter uns Liegende aus den Augen verloren. Unser Wagen¸ den wir inzwischen auch mit einer Plane gegen Regen schützen konnten¸ fuhr am Ende des Trosses mit. Der Vormann wußte aus Erfahrung¸ das Wagenzüge meist an ihrem Anfang oder - noch wahrscheinlicher - an ihrem Ende angegriffen wurden. Aus diesem Grund füllten auch die Wagen der bewaffneten Begleiter diese Stellen.
Der Vormann beäugte uns mißtrauisch. Ein Fremder¸ Nichtmenschliche und ein Wilder. Irgendwie schien ihm das nicht ganz geheuer - wer konnte es ihm übelnehmen ? Die Stimmung übertrug sich ein wenig auf die anderen Mitreisenden.
Hielten die Kaufleute ohnehin reichlich Abstand zu den Begleitern¸ so blieben auch die Anderen¸ ausschließlich menschlichen Begleiter auf Abstand. Der gute Aspekt dabei war¸ daß auf diese Weise Safran mehr Zeit blieb¸ mir landestypisches Wissen zu vermitteln und unsere Gruppe mehr und mehr zusammenwuchs.
Am dritten Tag brach einer der mittleren Handelswagen in eine Grube ein. Wie sich später rausstellte¸ war die Abdeckung der Grube so konstruiert gewesen¸ das unbeladene Wagen sie gefahrlos überqueren konnten - ein beladener Wagen dagegen zu schwer war und einbrechen mußte. Der Schaden an dem Wagen war groß - eines der vorderen Räder samt Achse waren zerbrochen.
Als einige der Begleiter mit dem Umladen der Waren auf die anderen Wagen begannen¸ brachen plötzlich bewaffnete Reiter aus dem Dickicht. Trotz unserer Alarmbereitschaft¸ wurden wir überrascht. Pfeile durchschnitten die Luft und die Ersten unseres Trosses fielen getroffen zu Boden. Schmerzensschreie gelten¸ als wir zu den Waffen griffen¸ um den nahenden Reitersturm aufzuhalten.
Jeweils vier Mann waren zum Schutz eines Handelswagens eingeteilt. So begaben wir uns rasch zurück zum Ende des Trosses und mußten - kaum bei dem uns zugeteilten Wagen angekommen - auch schon den ersten Angreifer abwehren. Während Glomor einem Pferd¸ mit einem flachen Schlag auf die Brust¸ die Luft nahm und durch das Bäumen des Pferdes den Reiter zu Boden schickte¸ kletterte Safran mit seinem Stab auf den Wagen. Ich stürzte mich auf den Gefallenen¸ derweil Glomor axtschwingend und Wingar mit seinem Schwert¸ den nächsten Angreifern entgegenstanden. Noch lange sollten mir die Schreie der Toten in den Ohren hallen. Diese Worte des Schmerzes und der Angst vor dem nahen Tod. Nicht das ich niemals vorher das Flüstern des Todes vernommen hätte¸ doch in dieser noch fremden Sprache¸ war es gänzlich neu für mich und hatte etwas grausiges.
Als ich meine Dolche am Gras abwischte¸ sah ich wie sich Safrans Stab in einem Leuchten in einen glänzenden Langbogen verwandelte¸ dessen Pfeile aus purem Licht zu sein schienen. Safran stand stolz¸ mit wehendem Haar¸ dort oben auf dem Wagen und sandte seine hellen Geschosse gegen die Feinde. Barbar und Zwerg hinterließen eine blutige Spur und wandten sich schließlich auch gegen die Beddrohung der anderen Wagen. Ich selbst hielt die Stellung und Safran den Rücken frei¸ doch kein weiterer Angreifer kam zu mir durch.
Immer noch surrten die Pfeile der feindlichen Bogenschützen und trafen die Leute des Handelszuges. Auch die Angriffe der Reiterei blieben nicht ohne Folgen¸ aber die Verluste der Angreifer waren größer und bald kam ihr Signal zum Rückzug.
Fast ebenso rasch wie sie gekommen waren¸ verschwanden sie wieder im Dickicht. Verwundete versuchten sich ebenfalls ins Unterholz zu schleppen¸ wurden jedoch von erbarmungslosen Verfolgern gemordet. Bald war wieder Ruhe um uns herum - eine unruhige Stille - und wir harrten fast bewegungslos aus. Schließlich wurde uns bewußt¸ daß der Spuk vorbei war und der Anblick des Schlachtfeldes brachte mich zum Erbrechen.
Nachdem Safran einige Wunden - unter anderem auch bei Wingar - geheilt hatte¸ kam er zu mir. "Nimm diese Kräuter Caldron aus Aran. Sie werden Dir helfen¸ den bitteren Geschmack zu vertreiben." Ich zerkaute das Blattkraut und spülte es mit Wasser herunter. Der blumige Geschmack konnte wohl meine Kehle reinigen - meine Seele erreichte er nicht.
Den eigenen Gefallenen wurde ein Grab geschaufelt. Einer der Händler entpuppte sich als Laienprediger und übernahm das Gebet - egal welcher Religion der Tote angehörte. Ich dankte Alaman für seine Gunst und noch mehr dafür¸ nicht in dieser Schande gegangen zu sein. Bis zum Abend starben noch drei weitere der Schwerverletzten und füllten den Verlust auf 12 Mann und ein Weib.
Safran hatte nach dem Kampf seine Hilfe dezent angeboten¸ wurde jedoch von fast allen Seiten nur mit Ablehnung gestraft. So reinigte er unsere Wunden¸ band sie und übernahm danach den Wagen. Wir hatten so Zeit uns auszuruhen¸ denn die Fahrt ging weiter¸ sobald die Waren aus der Grube geborgen und der hintere Teil des Zuges die Grube passiert hatte.
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Dogio the Witch |