Das war der FeenCon'96
1996-11
Das war der FeenCon'96 |
(Mann stelle sich an dieser Stelle Düsternis¸ Regen und eine unheilvolle Erzählerstimme vor. Danke)
Jedes Jahr¸ wenn der FeenCon naht und seine düsteren Schatten nicht mehr zu übersehen sind¸ die Zeit knapp und die Tage kurz werden - oder umgekehrt¸ hoffen alle Beteiligten¸ daß die Götter des Chaos (Abt. Cons und Messen)¸ vorüberziehen und uns armselige Spieler in Ruhe lassen.
Denkste.
28. Juni
Während sich das Voraus- und Aufbaukommando in der Bonn-Bad Godesberger Stadthalle versammelte¸ spielte sich im großen Saal nach eine Tanzveranstaltung ab. Eine Tatsache¸ vor der wir nach Vollendung standen. Die Händler mußten ihren Kram in Nebenräume abstellen¸ und mit dem Aufbau von Infostand und anderen wichtigen Sachen war Essig. Einzige Entschädigung waren die seltsamen Blicke¸ die die Besucher (im kleinen Schwarzen oder im Smoking) den Händlern von LARP-Zubehör zuwarfen¸ die vor der Halle ihre Sommerkollektion an Latexwaffen vorführten. (Es wurden Überlegungen angestellt¸ das Stück "Der Raub der Sabinerinnen" in einer zeitgenössischen Neuinszenierung aufzuführen.)
Als besondere Dreingabe mußten wir feststellen¸ daß wieder Laufen und Brüllen als Kommunikationswege herhalten mußten¸ denn die Spezialisten¸ von denen wir die Walkie-Talkies (ihr wißt schon¸ die Dinger¸ mit denen man so wichtig aussieht) leihen wollten¸ hatten ihr Ladegerät gehimmelt¸ und Ersatz war nicht zu kriegen. Also zurück zum Trommeln.
29.Juni
Die erste freudige Nachricht¸ gleich morgens¸ ist die¸ daß das Aufbauen¸ welches in der Nacht von Angestellten der Halle erledigt werden sollte¸ ...nicht geklappt hatte¸ und zwar wegen Kartenunkundigkeit eben dieser Angestellten.
Dafür waren die Zelte vom THW rechtzeitig da und mußten aufgebaut werden.
Kabel verlegen¸ Computer aufbauen¸ Wasser schleppen¸ Infozettel suchen¸ Tische umbauen¸ Stände zuweisen¸ mit Händlern Armdrücken¸ seltsame Musik hören (so lange bis der CD-Shop stand und das Essener Ethnopopjazzrockgejammer ablöste)¸
Infozettel finden¸ Stände umbauen¸ Bestuhlung für Zelte suchen¸ Infozettel verteilen¸
Vereine einweisen¸ Bestuhlung finden¸ Träger suchen¸ Träger finden¸ Träger peitschen¸ kurz bei "Second Games Galore" stöbern (mea culpa)¸ Kurfürstensaal suchen lassen¸ Ausstellung auf der Bühne aufbauen (na¸ habt ihr auch alle dieses oberscharfe Bild gesehen; har har har)¸ hin- und herwetzen¸ festellen¸ was fehlt ('ne Menge) und so weiter und so fort.
Um zehn Uhr öffneten sich die Schleusen. Und sie kamen. In Horden. Zuhauf.
Traditonsgemäß kamen die Kartenspieler in den Keller¸ was anscheinend für alle Beteiligten eine gute Lösung darstellte. Auch das schwarze Brett füllte sich schnell mit Zetteln für Rundenangebote¸ ob Brett- oder Rollenspiel.
So geegen 11 Uhr war es schon gut gefüllt¸ und so um 13 Uhr war man eigentlich schon ganz froh¸ das nicht noch mehr kamen. Und dann lief alles ganz einfach weiter. Lediglich irgendein Händler zeigte sich irritiert durch die Tatsache¸ daß es aufgrund einer Absprache mit dem Restaurantpächter kein Bier gab - und das schon mittags.
Die Shadow-AG tobte ihre Doomsday-Fantasien in den Räumen hinter der Bühne aus und teilte sich die Räumlichkeiten mit einer Gruppe von Star-Trek-Spielleitern¸ die hier mit der nächsten Generation das bekannte Universum retteten.
Auf der Bühne hatte sich die Windgeflüster-Redaktion mit einem Infostand (mit Kwiz) und einer Künstlerausstellung breitgemacht. Hier wurden Fragen zur Windgeflüster beantwortet¸ und Zeichner stellten sich und ihre Arbeiten vor. Und zusätzlich zeigte sie noch jedem¸ den es interessierte (und wehe¸ wenn nicht)¸ die neue Windgeflüster¸ diesmal mit dem witzigsten Titelbild seit bestimmt zehn Ausgaben (anscheinend ein Blick in Krimsus Kinderstube).
Nebenan hatte ein Airbrushkünstler sein Lager aufgeschlagen und besprühte Leinwand¸ T-Shirts und auch die ein oder andere nackte¸ weibliche Haut (Neid umschleicht mich).
Im Prinzip Business as usual. Daher erspare ich mir (und Euch) das Übliche und komme lieber zu besonderen Highlights.
In der Abteilung Tabletops fiel natürlich Smurfquest besonders auf¸ ein Spiel¸ das sich um unsere blauen Freunde¸ die Schlümpfe¸ drehte¸ die sich ein lustiges Gefecht lieferten ("Oh Gott¸ Papa Schlumpf ist gefallen¸ macht einen Moralcheck. - Ich hasse Moralchecks").
Beinahe wäre die Tombola ins Wasser gefallen¸ weil keine Lose da waren. Aber wo waren die Lose? In einem Autokofferraum. Wo war das Auto? In der Werkstatt. Und die Werkstatt? War zu. Nicht schlecht¸ mein Freund aus Herne¸ nicht schlecht.
Der Stand für LARP-Zubehör hatte nicht nur Hardware¸ sondern auch Trinkware¸ nämlich einige Sorten Met im Angebot¸ der wohl auch ganz gut wegging. Eine Form von Met(a)magie?
Battletech wurde gleich von zwei Vereinen angeboten¸ so das jeder Stahlritter das richtige Betätigungsfeld fand¸ und die CarWars-Zentrale Deutschland führte neue Methoden vor¸ den Manta tieferzulegen.
An Rollenspielen wurde so ziemlich alles gespielt. Einige Exoten wie "Boot Hill" und "Albedo" habe ich gesehen¸ und 'n Rudel blasser Leute zeigte an¸ das das Spiel der Blutsauger zumindest das Spiel mit den repräsentativsten Spielern ist.
Da wieder einige Leute nicht gehört hatten¸ daß die Halle nachts geschlossen wird und nur begrenzte Schlafplätze zur Verfügung standen¸ stieg die Zahl der "Zeltwachen" von fünf auf dreissig.
[Als eine dieser Zeltwachen¸ muß ich sagen¸ daß die freie DSA-Runde zwischen 24:00 Uhr und Morgengrauen¸ sehr viel Spaß gemacht hat -Dogio]
Und was war die Nacht aufregend¸ mal ganz abgesehen von den Vampire-Liferollenspielern¸ die nur einen Spaziergänger irritierten. Aber mal ganz ehrlich: wer seinen Hund in Bonn um ein Uhr nachts Gassi führt¸ hat nichts besseres verdient. Denn...
Gegen zwölf Aufregung im Lager: ein Polizeibulli trifft ein. Erster und zweiter Vorsitzender fürchten das Schlimmste. Aber es wird lediglich ein einigermaßen betrunkenes obdachloses Pärchen ausgeladen¸ komplett mit Kasten Bier und Kofferradio. Weitere Höhepunkte im Bonner Nachtleben: ein Diplomat¸ der um zwei in der Nacht dringend in der Halfpipe Skateboard fahren mußte¸ und seinen BMW dabei zur Beleuchtung und -schallung nutzte; und ein paar Battletecher¸ die eine Hochzeit in einem der Nebensäle mit einer Disco verwechselten¸ und kurz vor Betreten noch von der Security gestoppt werden konnte¸ die auch schon den ersten Fall sauber erledigt hatten [Danke -Dogio].
Ansonsten war's ruhig.
Am nächsten Morgen Frühstück bei McDoof¸ und wieder war eine große Anzahl zerknittert aussehender Gestalten anwesend¸ deren T-Shirts von der Anhänglichkeit an diverse HardRock-Gruppen oder Spiele kündeten¸ und deren Kleingeld meist mit Würfeln aller Art gemischt war. Ein ermunterndes Morgenmenu¸ bestehend aus Dingen¸ bei denen ich mich immer frage¸ warum lediglich über den Rinderwahnsinn geredet wird. Aber in Deutschland kriegt man Sonntagsmorgen ja nicht mal Brötchen.
Dann ging der Irrsinn weiter.
Der Sonntag unterschied sich nicht sehr vom Samstag.
Ich erfuhr noch¸ das am Vortag jemand einen Vortrag über "Rollenspiele in den Medien" gehalten hatte¸ den ich natürlich verpaßt hatte. Eine neue Fee für '97 mußte ausgewählt werden¸ nachdem die 96er nicht unbedingt die Gnade des Publikums gefunden hatte.
Dann wurde das beste Gewand gekürt¸ was natürlich nur mein Zweiter¸ Meister Budde mitbekam¸ und ich nicht. Überhaupt: Gewandungen. Einige erlesenen Stücke waren dabei. Der selbstgestrickte Kettenpanzer im Ensemble mit Helm und trendigen Nasenschutz¸ der selbstgewürgte Tigerschurz¸ es war einfach eine echte Modenschau. Allerdings war¸ wohl wegen der doch eher kühlen Witterung¸ die Abteilung "Weniger Stoff ist mehr" geradezu gänzlich verschwunden.
[Es sei hier angemerkt¸ daß ein Mitglied der RV-Krefeld den 1.Platz gemacht hat -Dogio]
Dazwischen waren da die Aufrufe¸ zum Infostand zu kommen¸ um den neuen Mitgliedsausweis der Gilde abzuholen¸ sofern Mitglied. Ich hoffe¸ Ihr habt jetzt alle einen. An diesem Sonntag bekam die Gilde übrigens auch ihr 600. Mitglied¸ was uns irgendwie als positives Zeichen vorkam.
Der "Mayhem"-Stand¸ der noch Samstags erklärte¸ er könne eventuell Sonntags nicht noch mal aufmachen¸ mangels Ware¸ hatte sich dann doch noch Nachschub besorgt (zur Freude aller Warhammer-Spielenden); und zwischen Fantasy Encounter und dem¸ ich glaube¸ Chessex-Stand flogen einige Plastikinnerein und -koronarmuskeln hin und her¸ zum Unwillen von Magic World¸ die sich in der Tiefflugschneise für Körperteile befanden.
Leider war das Wetter nicht so ganz mit uns¸ so das diesmal weniger Spieler als das letzte Mal sich im Park verlustierten; aber dafür wurde '95 über die Hitze lamentiert¸ was mal wieder zeigt¸ das man es niemand recht machen kann. Ach was.
Da wir so viele Sachen zur Versteigerung eingereicht bekommen hatten¸ daß wir sie gar nicht in einer Auktion verarbeiten konnten¸ entschied man sich dafür¸ Samstag- und Sonntagsabends eine Versteigerung zu veranstalten.
Nachdem uns Sandfox allen klargemacht hatte¸ wie der Hase bzw. Fox laufen würde¸ zog "The Thing" vom Leder und alle anderen ab. Jeweils zwei Stunden Ein-Mann-Show ohne jede Gnade¸ eine Apocalypse des Verscherbelns.
Versteigert wurde jede Menge Kram¸ auch jede Menge Müll¸ wie z. B. die Kiste mit fast zweitausend Magic-Karten (jawohl¸ zweitausend)¸ die ein uns allen bekannter Ladeninhaber ersteigerte und in einem Encounter der altpapiernen Art in der Gegend verstreute. Thank you so much¸ Holger.
Und trotz aller Unkenrufe wurden auch wieder Überraschungstüten verramscht. Absoluter Inhaltsrenner: die Anleitung zur Einkommenssteuererklärung '93 - ein Bestseller.
Die Presse war diesmal so gut wie gar nicht vertreten¸ was auch nicht weiter störte¸ denn bei dem Gedanken an die Fragen des letzten Jahres wird mir heute noch schlecht.
Dieser FeenCon schien¸ so glaube ich¸ ganz gut angekommen zu sein. Eins wurde allerdings auch klar: der nächste FeenCon muß wieder aus mehr Programmpunkten als Rollenspielrunden bestehen. Für 1997 müssen einige Highlights her (an denen wir jetzt schon arbeiten)¸ und wir müssen auf Teufel komm raus einige Ehrengäste besorgen. Einen Teil des finanziellen Erfolg (den ich hier nicht verschweigen will¸ auf den der FeenCon aber ehrlich gesagt auch hätte verzichten können) verdanken wir der Tatsache¸ daß ums Verrecken kein Ehrengast¸ der uns zugesagt hatte¸ schlußendlich erschien. Von einigen Firmen bzw. deren deutschen Vertretungen fühlte ich mich ziemlich verschaukelt. Entweder kamen zuerst schwammige Zusagen und dann nichts mehr¸ oder wir wurden an die deutschen Lizenznehmer verwiesen¸ die dann gar nichts auf die Reihe brachten. Uns eine Lehre¸ wieder erneut penetrant nachzufragen.
Noch eins in der Umweltfrage: Ehrlich gesagt war das Müllaufkommen dieses Jahr zum Kotzen. Ich spreche nicht vom Müll allgemein¸ sondern von dem Müll¸ der es nicht bis zur blauen Tüte schaffte¸ denn wenn Getränkedosen¸ Zigarettenschachteln und leere Chipstüten in einer Entfernung von unter zwei Metern zu einer Mülltüte liegen¸ kann man schon mal den Hals kriegen. Und die Cardgamer tun ihrem Hobby keinen Gefallen¸ wenn überall¸ wirklich überall¸ leere Kartentütchen rumfliegen¸ und das in Massen. Wenn dann draußen in den Zelten einige Primaten ihre Kippen auf dem Rasen austreten¸ oder ein Oberorc Erdnüsse frißt und die Schalen auf demselben Rasen verteilt¸ ist das eine Unverschämtheit. Denn die Mitarbeiter¸ die am Sonntagabend ihren Moralcheck geschafft haben¸ und nicht wegliefen¸ hatten auch ohne diese Wildschweine genug zu tun¸ und schließlich wollt IHR ja auch vielleicht noch mal wieder kommen¸ gelle?
Und wieder ist ein FeenCon vorbei. Und wieder fragen wir uns¸ warum machen wir es immer wieder? Und wieder lautet die Antwort: "Weil es irgendwie¸ irgendwo Spaß gemacht hat."
Überhaupt verlief der eigentliche Con richtiggehend ruhig und zivilisiert¸ und ehrlich gesagt¸ freue ich mich sehr auf den FeenCon '97 in Bonn-Bad Godesberg.