Exorzismus
1996-04
Unlängst las ich das Interview eines Generalvikars der Erzdiözese Wien mit einer österreichischen Tageszeitung. Da der gute Mann keinen Zweifel an der Existenz des Teufels hegte¸ empfand er es ebenso keineswegs für ungewöhnlich¸ zu proklamieren¸ daß es auch heute noch Exorzismus gibt. Ohne nun persönlich werten zu wollen¸ hier eine kurze Nachhilfe in diesen Dingen - vielleicht am passendsten für MIDGARD 1880!
- Noch heute verwenden katholische Priester ein Ritenverzeichnis des Exorzismus¸ um Besessene vom Satan zu befreien. Zitat aus dem schmalen Brevier "Agape Satana" (Genfer Ariston-Verlag): "Höre also und fürchte¸ Satan¸ du Feind des Glaubens¸ du Feind des Menschengeschlechtes¸ du Wurzel der Übel¸ du Zündstoff aller Laster. Weiche also¸ im Namen des Vaters¸ des Sohnes und des Heiligen Geistes."
- Ebenso ist auch das "Rituale Romanum" zur Teufelsaustreibung noch in Gebrauch. Zitat aus dem (Anm.: ebenfalls) schmalen Brevier¸ in dem genaue Handlungsanweisungen für den Exorzisten stehen: "Alsdann beschütze man sich selbst und den Besessenen mit dem Kreuzzeichen¸ lege den äußeren Teil der Stola um dessen Hals und¸ nachdem man die rechte Hand auf dessen Haupt gelegt hat¸ spreche man fest und mit großem Vertrauen das Folgende: Seht das Kreuz des Herrn¸ flieht¸ ihr feindlichen Mächte... Ich beschwöre dich¸ du überaus unreiner Geist; jeder Angriff feindlicher Heerscharen¸ jede Gaukelei möge im Namen unseres Herrn Jesu Christus von diesem Geschöpf Gottes entfliehen..."
- Früher wurde für alle Geisteskrankheiten der Teufel verantwortlich gemacht. Heute ist's umgekehrt. Aber es könnte durchaus auch heute noch unter den Kranken Besessene geben¸ sagt der Herr Generalvikar und warnt: Ein Priester muß sich da aber ganz genau vergewissern. Sichere Anzeichen für Besessenheit seien: Menschen sprechen in einer Sprache¸ die sie nie gelernt haben¸ sprechen mit fremder Stimme und wissen Dinge¸ die sie einfach nicht wissen können. Da merkt man¸ daß eine höhere Intelligenz im Spiel sein muß (Anm.: Mir rinnt es kalt über den Buckel!).
Der Teufel könne nach Ansicht des Generalvikars in jeden einfahren. Auch durchaus anständige Menschen seien davor nicht gefeit.
- Zweiter Experte: Sadhu¸ kahlgeschorener Tempelpräsident der Wiener Hare-Krishna-Vereinigung. Für Sadhu ist dämonische Besessenheit ebenfalls ein durchaus ernst zu nehmendes Thema. Viele Menschen¸ mehr als wir glauben¸ sind von Geistern begleitet. Es sind feinstoffliche Wesen von Verstorbenen¸ die ihr Karma¸ also ihre vom Schicksal bestimmte Lebensspanne¸ nicht erfüllt haben¸ z.B. Selbstmörder. Die restliche Zeit bis zu ihrem vorbestimmten natürlichen Tod müßten sie als Geister verbringen¸ die aber die gleichen sinnlichen Bedürfnisse hätten wie die Lebenden. Diese Geister sind unglücklich über den Verlust ihres Körpers und können in einen Menschen fahren¸ sobald dieser eine Schwäche zeigt.
Sadhu verrät uns auch einen Tip¸ wie man vermeiden kann¸ Geister auf sich aufmerksam zu machen: In der Dämmerung und um Mitternacht sollte man weder Haare noch Fingernägel schneiden. Diese menschlichen "Abfälle" können Geister anziehen! (Anm.: Da hab ich ja bisher Glück gehabt!)
Sadhu setzt übrigens bei der Vertreibung von Geistern auf indische Veden-Gesänge...
Der Teufel ist die Anmaßung des Geistes¸ der Glaube ohne ein Lächeln¸ die Wahrheit¸ die niemals vom Zweifel erfaßt wird. (Umberto Eco in "Der Name der Rose")
Robert Eibl |