Wirtschaftsgefuege
1996-02
Spätmittelalterliches Wirtschaftsgefüge
Hallo Rollenspieler!
Mir spukt schon seit längerem im Kopf herum¸ daß es für das Erschaffen oder Anreichern einer Rollenspiel-Welt doch sehr interessant sein könnte¸ sich über das Wirtschaftsgefüge dieser Welt mal etwas ausführlichere Gedanken zu machen.
Beginnen wir mit einer Fantasy-Welt:
Typischerweise gibt es in einer Fantasy-Welt in Eisen und Leder gerüstete Kämpfer¸ die mit stählernen Waffen aufeinander einschlagen und - so sie überlebt haben - im Wirtshaus mit Bier oder Wein aus Tonkrügen darauf anstoßen.
Allein diese paar Sachen erfordern bereits eine erstaunliche Infrastruktur:
Für Eisen/Stahl muß Eisenerz gewonnen werden¸ das dann mindestens mit Holzkohle (die auch erstmal erzeugt werden muß) verhüttet werden muß. Der Ton für die Krüge muß irgendwo gegraben werden.
Für das Wirtshaus muß auf jeden Fall Holz geschlagen und zubehauen werden; besteht das Wirtshaus zu einem wesentlichen Teil aus Stein¸ muß es einen Steinbruch geben - oder eine Ziegelei¸ für die wieder Ton benötigt wird.
Leder¸ Bier und Wein beruhen auf landwirtschaftlichen Grundprodukten¸ die aber ab einer bestimmten Produktionsmenge auch von entsprechenden Spezialisten verarbeitet werden müssen.
Bisher habe ich derartige Überlegungen unter Fantasy-Rollenspielern eigentlich nur im Hinblick auf die Landwirtschaft gesehen; etwa die Bauernhof-Seiten von Viola Krings im WWW.
Ein umfassenderes Konzept kenne ich bisher nur aus einem Computerspiel: Die Siedler. Da es bei diesem Spiel allerdings im wesentlichen darum geht¸ das ganze Gefüge zu kontrollieren¸ ist es natürlich stark vereinfacht worden; für's Rollenspiel wäre dagegen ein detailreiches Konzept besser.
Ich will den Spielleiter nun nicht zum Volkswirtschaftsmanager mutieren lassen; im Gegenteil¸ meine Idee wäre eine Art Sourcebook¸ aus dem sich der Spielleiter bei Bedarf das nötige herausnehmen kann.
Zum Beispiel:
Eine Stadt ist seit längerem durch marodierende Horden / Monster / was auch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Daß man sich Gedanken um die Lebensmittel machen mu߸ dürfte jedem klar sein - aber wo zeigen sich noch Mängel?
Oder:
Die Charaktere werden durch Magie / ein Schiffsunglück / sonstwas in eine technisch unterentwickelte Kultur verschlagen und wollen nun die Rolle des "Yankee aus Connecticut an König Artus Hof" spielen; sind überhaupt die nötigen Voraussetzungen da und verfügen die Charaktere wohl über alle nötigen Kenntnisse (z. B. der Schmied kann zwar Stahl verarbeiten¸ aber was weiß er wohl über Verhüttung - und hat er eine Ahnung¸ wie man Holzkohle macht?)
Natürlich kann man solche Dinge auch einfach ignorieren oder mit irgendwelchen Fertigkeitswürfen abhandeln; das sei jeder Spielgruppe natürlich unbenommen. Aber vielleicht ergeben sich aus dem Wissen um das Wirtschaftsgefüge ja auch ein paar neue Ideen¸ um die Handlung anzureichern ...
Wenn sich also hier jemand daran beteiligen möchte¸ "Bausteine" für so ein Wirtschaftsgefüge zu sammeln¸ würde mich das sehrr freuen.
Gute Idee!
Deinem Subject entnehme ich¸ daß Du nicht nur von einer Fantasywelt redest¸ sondern wohl auch über die konkrete Spätmittelalterliche Geschichte (als Vorbild für die meisten Fantasywelten).
Neben dem rein produktionstechnischen Kram¸ den Du in Deinem Posting angesprochen hast (Bierkrüge¸ Lebensmittel¸ Holzkohle) gibt es aber gerade ein im Spätmittelalter sehr wichtiges Gebiet: Finanzwirtschaft!
Das Spätmittelalter zeichnet sich nämlich vor allem durch ein aufstrebendes Bürgertum aus¸ das sich eben gerade auf dem Feld des Handels und auch der Finanzen hervortut. Z.B. ist von den Fuggern bekannt¸ daß sie teilweise die deutschen Kaiser ziemlich im Griff hatten¸ weil diese enorme Schulden bei ihnen hatten. Ähnliche Beispiele gibts wohl auch aus Italien¸ etc.
Man darf nicht den Fehler machen und die Komplexität von historischen Wirtschaftsgefügen unterstützen. Im alten Rom z.B. gab es ausgedehnte Manufaktur-Infrastrukturen¸ etc. also Sachen¸ die dann im Spätmittelalter auch wieder in Mode kamen.
Auf jeden Fall finde ich das Thema total spannend! Ich hab auch mal einen NSC als Erfinder der Versicherungswirtschaft auf einer Fantasywelt angesiedelt. Er wurde natürlich sehr schnell zum reichsten Mann der Welt Wer sich das mal angucken will:
Grüße¸ Benni
Hallo zusammen¸
das mit dem "Volkswirtschaftsbuch für Fantasy-Welten" mag ja ganz interessant sein¸ aber ich habe wenig Hoffnung¸ daß man so etwas in einem vernünftigen Rahmen schaffen kann. Allein schon Deine Beispiele zeigen¸ wie unterschiedlich die Fragestellungen sein können. Das bringt man vielleicht für eine bestimmte Spielwelt oder sogar nur für ein bestimmtes Land hin¸ aber allgemein? Dafür sind schon die Ausgangsbedingungen auf den unterschiedlichen Welten viel zu unterschiedlich.
Ciao¸ Rene
Halli¸ Hallo¸
Wir könnten es im ersten Schritt rein schematisch aufbauen¸ um mal einen Überblick zu bekommen¸ was alles für Fragen aufkommen können.
Beispiel:
- Kneipe
-
- Bau: braucht Maurer¸ Tischler...
- Betrieb:
- braucht Bauern (Getreide fürs Bier und Essen)
braucht Töpfer und ggf. Glasmacher- Tischler
- braucht Holzfäller für Rohmaterial
- braucht Schmied für die Werkzeugherstellung
- Schmied
- braucht Maurer (oder Nachbarn) für die Esse
- braucht Schreiner (für Werkzeugstiele)
- braucht Bergleute (für das Erz)
- etc.
Ich denke allerdings¸ das das sehr schnell ein Riesenprojekt werden kann mit sehr vielen Kreuzbezügen. Ciao 4 Now
U.we Willie
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