Im Bann der Todesechsen
1995-11
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"Das Rawindra Quellenbuch weiß nach gründlichen Studium einerseits Inhaltlich zu Begeistern¸ aber andererseits kann es von der Art zu Schreiben her nicht mit vorher erschienenen Publikationen mithalten."
Erstmal ein kleiner Überblick. Das Buch ist in zwölf Abschnitte und zwei Listen¸ sowie ein umfang- und hilfreiches Glossar unterteilt.
« i » Wie üblich dient der erste Abschnitt dazu¸ dem Leser einen Ein- und Überblick in das Land und seine Strukturen zu gewähren. Diese Aufgabe wurde mit gewohnter Klasse erfüllt. Besonders hervorgehobene Textpassagen erleichtern den Überblick über Besonderheiten¸ die zu erklären im Haupttext zu umfangreich und langatmig werden würden. Zum Inhalt: Die rawindische Kultur entspricht der altindischen Kultur¸ jedoch natürlich mit Fantasy-Elementen versehen und durch eine Invasion von dämonischen Wesen (Sritra) abgerundet.
« i » Man erfährt Wissenswertes über Klima¸ Land und Menschen. Besonders die Erklärungen des Kastenwesens¸ sind dabei positiv hervorzuheben.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Glaubenswelt der Rawindi. Es erklärt das Zusammenspiel der Götter¸ ihrer Gegenspieler der Dämonen und die religiöse Weltanschauung der Rawindi. Die Rawindi sind nicht ein Volk¸ sondern ein Kulturkreis¸ so daß der Glaube der städtischen Bevölkerung von der der in der Wildnis lebenden Stämme abweicht. Der normale Rawindi (der Städtische) glaubt an Götter¸ die durch Priester (Herrschaft¸ Weisheit¸ Tod¸ Krieg Chaos und Fruchtbarkeit) irdisch vertreten werden. Daneben gibt es die weisen Männer des Volkes (Saddhu)¸ die am ehesten (aber nicht ganz) mit Schamanen zu vergleichen sind. Die primitiven Stämme (Sikkulandi und Pallawama) folgen dagegen einem schamanistischen Glauben.
Magie und Wissenschaft sind die Themen des dritten Kapitels. Hier wird im besonderen auf die verschiedenen Magieformen eingegangen - die der Priester¸ der Saddhu (welche durch Askese in langen Lehrübungen und Selbstkasteiungen magische Kräfte erhalten¸ die für sie jedoch nur Ausdruck ihres Sieges über ihr Selbst sind)¸ der Zauberer¸ der berüchtigten Hexen und Beschwörer¸ sowie die schamanistische Magie der Waldvölker und der Akimba (eines der Völker).
Die Kaste der Brahmanen¸ die die Priesterschaft und Zauberer stellt¸ fördert auch die anderen Wissenschaften¸ wobei besonders die Astrologie und die Mathematik bevorzugt werden.
Jetzt kommt ein Wermutstropfen. Ein sehr schwierig zu Lesender Abschnitt ist der Text über Wirtschaft und Handel. Der Artikel liefert zwar viele wertvolle Informationen¸ ist jedoch in einer langatmigen Form verfaßt¸ so daß das Lesen in einem Stück schwerfällt. Hier bekommt der geneigte Leser Informationen über den völlig von Ausländern beherrschten Handel (die Tabus und Vorschriften der Rawindi verhindern¸ daß es Allzuviele über die Landesgrenzen verschlägt). Man erfährt¸ wer womit handelt und wie Transport und Verkehr geregelt sind.
Wieder besser zu Lesen ist 'Rechte und Gebräuche'<. Da das Kastensystem den Hauptpfeiler aller sozialen Strukturen darstellt¸ orientieren sich auch viele der Gesetze daran. So ist es z.B. nur einer Kaste erlaubt¸ Waffen zu tragen (den Katria¸ der herrschenden Kaste)¸ Wissenschaft und Zauberei nur den Brahmanen. Handel und Handwerk den Schadruma. Ansonsten behandelt der Abschnitt Ernährung¸ Herrschaftsausübung¸ rituelle Reinheit¸ Musik¸ sowie Zeitvertreib und Vergnügungen.
Nun folgt der Abschnitt der Säbelrassler und "Hack & Slayer"... "Kampf und Krieg". Der Kampf wird den Katria und ausländischen Söldnern überlassen (interessant für uns Spieler). Eine Ausnahme bilden die kastenlosen Waldvölker¸ die Einwohner der Stadt Dhar¸ sowie Brahmanen¸ die sich dem Srikumara-Orden zum Kampf gegen die Sritra angeschlossen haben. Die Masse der Fußsoldaten kämpft mit Lanze und Bogen¸ gibt jedoch nur zur Unterstützung der schweren Truppen mit ihren Kriegselefanten und -Echsen. Als Kundschafter dienen die Waldvölker¸ die rawindische Reiterei ist Aufgrund des Mangels an guten Pferden unbedeutend. Stattdessen benutzt man die Elefanten als erhöhte Kampfplattformen für Bogenschützen und zum niedertrampeln des feindlichen Fußvolkes.
Sogar diese gewaltigen Tiere erscheinen jedoch lächerlich angesichts der 'Hauptwaffe' der Rawindi - Kriegsechsen. Hierzu zählt unter anderem der bereits aus der 'Welt der Abenteuer' berüchtigte Kravyad (*ächz*)¸ der von den Srikumara (Echsenfürsten) mit Hilfe eines Zaubers wie ein Vertrauter gebunden wird. Aufgrund ihrer Anatomie sind diese Bestien zum Glück auf das Klima Rawindras beschränkt.
Alle Krieger (auch Söldner) werden großzügig besoldet und erhalten Sonderzuwendungen (Land¸ Geld und sonstige Auszeichnungen). Ist der Soldat zum Invaliden geworden oder gefallen¸ übernimmt der Staat sogar die Versorgung seiner Familie. Eine Seestreitmacht ist praktisch nicht vorhanden. Städte werden nach westlichen Gesichtspunkten nur unzureichend befestigt¸ da die Katria einander auf offenem Felde entgegentreten¸ um die anderen Kasten aus dem Krieg herauszuhalten.
Ausnahme bilden die Festungen des Srikumara-Ordens¸ die strenger nach militärischen Gesichtpunkten ausgelegt sind. Entwickeltes Belagerungsgerät kennen die Rawindi kaum.
Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den gefürchteten Sritra¸ den Dämonenechsen¸ die nach dem Krieg der Magier in Rawindra Einzug gehalten haben. Er erklärt Religion¸ Gesellschaftsform und gegenwärtige Lage der Sritra¸ sowie die magisch begabten Raitya und andere Grahas (Echsenmenschen).
Das Kapitel 'Rawindra heute' vermittelt einen Eindruck der aktuellen Situation des Landes und liefert Kartenmaterial.
Die 'Serendib' ist ein Kontinent¸ der zwischen Lamaran und Rawindra liegt. Durch diese Lage erfordert Serendib einen eigenen Abschnitt¸ da sich rawindische und scharidische Kultur mischen.
Nun kommt das worauf wir wohl alle gewartet haben... 'Rawindische Abenteurer'. Als neue Typen werden 'Srikumara' und 'Saddhu' eingeführt. Erstere sind praktisch Ordenskrieger¸ während die Saddhu große Ähnlichkeit mit Schamanen haben.
Es folgen vierzehn neue Fertigkeiten (teilweise liebevoll beschrieben). Ein paar Beispiele. Thaumaturgen werden sich über 'Augensalbe herstellen'¸ 'Körperbemalungen' und 'Kriegsbemalungen' freuen¸ die ihre Möglichkeiten enorm erhöhen. Dabei handelt es sich um diverse auf den Körper auftragbare Siegel¸ die die Wirkung von Talismanen¸ Rüstungen und augenbezogenen Zaubern haben. Ein Dorn im Auge ist die Mächtigkeit¸ mit der Askese eingeführt wird. Ein Meister der Askese leidet wesentlich weniger unter Verletzungen (Verringerung der LP/AP-Verluste). Hier werden vor allem Zauberer den Kämpfern bevorzugt¸ da Letztere aufgrund ihres Lebenswandels wohl kaum in der Lage sind¸ die Voraussetzungen für Askese zu erfüllen. Hierzu kann man nur sagen: 'Krieger paß auf¸ ich komme !'
Unter den Waffen der Rawindi sind besonders der auch als Verteidigungswaffe gebräuchliche Katar (ein Dolch mit zwei ausspreizbaren Klingen)¸ der Aginkha (ein 'gewichtiger' Pfeil mit durchschlagender Wirkung)¸ der Dhauram (eine besonders vom Elefanten aus benutzte Wurfscheibe)¸ sowie die von den Sritra eingesetzten Ma'khirr (ein gewelltes Schwert) und der Xss'bo (eine schwere Armbrust).
Interessant ist daß alle Rawindi ihre Waffen so stark verziert herstellen lassen¸ daß ihr Wert das vielfache des normalen erreicht. Die Waffen dienen hierbei auch als Statussymbol des Besitzers. Rüstungen sind nur selten schwer¸ da diese im rawindischen Klima sonst kaum zu tragen wären. Erwähnenswert ist das auch Elefanten und Kriegsechsen gerüstet werden.
Nun zu einem bemerkenswert positiven Punkt des Quellenbuches: Eine Aufzählung von Persönlichkeiten des Landes (unter anderem der bereits namentlich aus dem Grundregelwerk bekannten Agadur¸ Bor und Kor)¸ die dem Leser einen guten Eindruck von den Mächtigen Rawindras liefert. Es folgen Beispiele für rawindische Spielfiguren¸ wobei negativ zu bemerken ist¸ daß diese als ausformulierte Charaktere und nicht wie aus anderen Quellbüchern bekannt¸ als Archetypen angegeben sind.
Nun zum magischen Bereich¸ den 'Zaubersprüchen & Zauberwerk' Rawindras. Es ist positiv anzumerken¸ daß statt den neuesten Killersprüchen eher atmosphärisch dichte Sprüche abgedruckt wurden¸ die stimmig in die Beschreibung¸ vor allem die des Glaubens der Rawindi hineinpassen. Einzig mächtig ist die Mandalamagie der Saddhu¸ die jedoch philosophisch gut ausformuliert und somit nicht störend sind¸ sondern vielmehr den positiven Höhepunkt dieser Regeln darstellen.
Unter Zauberwerk findet man landestypische Artefakte und eine Auswahl von Lotusformen¸ deren Wirkungen & Nebenwirkungen beschrieben werden.
Das letzte Kapitel 'Bestiarium' behandelt die verschiedenen rawindischen Tier- und Monsterarten. Besonderer Schwerpunkt sind hier die Kriegsechsen und Grahas¸ sowie Dämonen. Abgeschlossen wird das Regelwerk von einer Preistafel und dem schon oben erwähnten Glossar.
Insgesamt ist das Regelwerk gut¸ fällt aber leicht hinter KanThaiPan zurück. Alles in allem genügend gelungener Stoff für Abenteuer im fernen Osten Midgards...
Mit freundlichen Grüßen¸