Im Schatten des Sonnenkoenigs
2002-01
Alan R. Moon und Aaron Weissblum scheinen es sich in diesem Kartenspiel zur Aufgabe gemacht zu haben¸ aus 90 Spielkarten und 60 Chips ein möglichst Spiel mit möglichst komplexen Regeln zu basteln.
Die Geschichte zum Spiel ist ungewöhnlich¸ denn die Spieler begeben sich als Herzöge an den Hof von König Ludwig XIV. Dort gilt es¸ seine vorhandene Macht¸ Gold und Einfluß gewinnbringend einzusetzen¸ um am Ende der mächtigste Herzog zu sein und sich im Licht des Königs zu sonnen.
Jeder Spieler verfügt während des Spiels über drei Ressourcen: Gold¸ Macht (in Chip-Form) und einen Machtbereich (in Form von Eigenschafts-Spielkarten). Alle Elemente liegen offen aus¸ Handkarten gibt es nicht. Eigenschaftskarten gleicher Farbe werden übereinanderlappend in senkrechte Reihen gelegt und nur die jeweils oberste einer Reihe kann genutzt oder entwendet werden. Eigenschaftskarten sind entweder Kampfkraft¸ Macht¸ Reichtum¸ Etikette oder Intrige.
Zusätzlich zu den Eigenschaftskarten können im Spiel Auktionskarten (Einflu߸ Orden¸ Verschwörung¸ Diplomatie¸ Autorität¸ Herrschaft und Pension) ersteigert werden¸ die dem Spieler zusätzliche Vorteile bringen¸ wie der erhöhte Gewinn oder veringerte Verlust von Chips oder Karten. Der jeweilige Nutzen einer Auktionskarte ist aufgedruckt.
Während ein Spieler in seinem Zug auf der Suche nach neuen Eigenschaftskarten ist¸ können ihm Auktionskarten oder Sonderkarten in die Quere kommen. Während Auktionskarten an den Höchstbietenden Spieler versteigert werden¸ bewirken Sonderkarten¸ daß entsprechend der Verteilung bestimmter Eigenschaftskarten bei den Spielern¸ manche etwas unverhofft Verlieren oder Gewinnen. Z.B. verhilft der Kardinal dem aktuellen "Meister der Intrige" zu einer zusätzlichen Eigenschaftskarte oder Geld und/oder Macht. Die Sonderkarte Spielschulden hingegen erleichtert die Spieler¸ die ihren Einfluß nicht über genug Eigenschaften geltend machen¸ da hier die Anzahl aufgedeckter Siegel zählt¸ die auf einigen Eigenschaftskarten prangt.
Kompliziert ist bereits das Verteilen der Karten zu Spielbeginn. Es ist tatsächlich eine Tabelle erforderlich¸ denn je nach Spielerzahl bekommt jeder Spieler zwischen zwei und vier Karten. Bei sechs Spielern bekommt z.B. Spieler 1+2 je zwei Karten¸ Spieler 3+4 je drei Karten und Spieler 5+6 je 4 Karten. Bei ingesamt 2 Spielern werden hingegen zwei und drei Karten verteilt.
Der Zug eine Spielers gliedert sich in drei Phasen:
- Prüfung der Eigenschaften. Dies ist ein Vergleich der Menge an Eigenschaftskarten je Sorte. Übersteigt die Menge die jedes anderen Spielers¸ kann diese Eigenschaft zum eigenen Vorteil eingesetzt werden. Spielen 4 oder mehr Spieler mit¸ genügt bereits ein Gleichstand¸ um die Eigenschaft einsetzen zu können. Kampfkraft erlaubt z.B. zwei Machtchips aus den gegnerischen Lagern zu entfernen. Reichtum verhilft zu zusätzlichem Gold usw. Kurz gesagt gilt es sich selbst zu bereichern oder die lieben Mitspieler zu schädigen.
- Neue Karten aufdecken. Je Spielzug darf dem eigenen Machtbereich nurr eine neue Eigenschaftskarte hinzugefügt werden - allerdings darf man diese aus einer Auswahl aus bis zu drei gezogenen Karten wählen. Mit steigender Auswahl steigt die Chance eine passende Karte für den eigenen Machtbereich zu erwischen¸ jedoch steigt auch das Risiko eine Sonderkarte (Spielschulden sind z.B. übel!) oder Auktionen zu erwischen¸ die stets ausgespielt werden. Die Zahl zu ziehender Karten wird vorab angesagt. Es wird immer so lange gezogen bis die angesagte Zahl Eigenschaftskarten gezogen wurde.
- Goldaktion. Zum Schluß seines Zuges kann ein Spieler ein oder zwei Gold dazu nutzen eine Eigenschaftskarte mit der eines Mitspielers zu tauschen¸ eine gegnerische zu entfernen¸ eine zusätzliche für sich selbst zu ziehen - oder bei einem Mitspieler einen Machtchip zu entfernen.
"Ein kleines Kartenspiel mit hohem strategischem Anspruch!"¸ wie wahr. Ein solches Kartenspiel begegnet einem nicht oft. Leider bedeutet strategischer Anspruch nicht immer auch Spannung und so arbeitet jeder Spieler eifig an seiner Machtbasis bzw. schädigt die eines anderen Spielers¸ ohne das rechte Spannung aufkommen will.
Auch macht der sehr unterschiedliche Nutzen der Auktionskarten manche heißbegehrt¸ wogegen andere kaum ein Gebot bekommen. Hier macht das Spiel - ebenso wie bei der Endabrechnung - einen eher unausgereiften Eindruck. Spieler die eine oder mehrere der heftigen Auktionskarten besitzen¸ bestimmen schnell das Spiel für sich.
Aus einer guten Idee für ein strategisches Spiel wird - gerade auch bei vielen Spielern - eher ein Glücksspiel (Ziehen vom Zustapel) bei dem man sich die meiste Zeit eher machtlos und gespielt vorkommt. Am besten klappt es meiner Erfahrung nach noch mit drei Spielern.
Technisches
Das Spiel ist ansprechend produziert - allerdings sollte beim Regelstudium auch das mittlerweile im Internet verfügbare Errata gelesen werden. Die Spielkarten hätten durch eine zusätzliche Funktions-Symbolik ergänzt werden können¸ um so das leider oft erforderliche Nachschlagen vermindern zu können.
Fazit:
Die Autoren wollten ein anspruchsvolles Kartenspiel produzieren und haben es in meinen Augen mit den Regeldetails zu Lasten der Spielbarkeit übertrieben. Obwohl die Komplexität anfangs noch fasziniert¸ tritt die Ernüchterung nach den ersten Probespielen ein¸ die die oben beschriebenen Schwächen des Spiels deutlich werden lassen.
Dogio the Witch |