7 Samurai gegen das Boese
2001-01
Fluch oder Segen? Da flatterte mir ein nettes Päckchen vom Absender "Vivendi Universal Interactive" ins Haus und ich öffnete sehnsüchtig Pandoras Box. Denn was dort drin enthalten war¸ sollte meinen (nach weglegen der Diablo 2-Erweiterung Lord of Destruction) sorgsam zurecht gerückten Tagesrhytmus wieder völlig über den Haufen werfen.
Schuld daran war der Inhalt der sich als Throne of Darkness entpuppte¸ was man mir bereits auf der Spielemesse ans Herz gelegt hatte. "Ans Herz gelegt" paßt auch zum Zustand¸ der mich nach der ersten Installation erwischte... "Genial¸ wie Diablo!" rauschte durch meinen Kopf und schon war ich infiziert.
Die Story von T.o.D. ist ähnlich simpel wie beim Diablo-Original. Im mittelalterlich-mystischen Japan läßt sich ein sterbenskranker Shogun mit bösen Mächten ein. Der Preis für Unsterblichkeit und ein unbesiegbares Heer aus Untoten und Dämonen¸ ist das Leben seiner Untergebenen¸ die als Verbrauchmaterial und Nahrungsquelle herhalten müssen.
Die vier Daimyos¸ die bereits seit langem das Land für den Shogun regieren¸ sehen sich nun vor die Aufgabe gestellt¸ den dunklen Kriegsherren zu vernichten¸ der das Land in Elend und Verderben stürzt. Jedem Daimyo stehen die 7 Samurai seines Clans zu Verfügung¸ die in verschiedenen Bereichen spezialisierte Kämpfer sind.
Bei Spielbeginn darf man sich einen der vier Clans aussuchen. Der Daimyo dieses Clans dient fortan als Rat- und Auftraggeber. Ihm unterstehen 7 Samurai (natürlich alles Männer...) die er gegen die bösen Mächte ins Feld steckt. Auf deren Entwicklung hat der Spieler aber leider keinen Einfluß - dies gehört aber zum Spielkonzept.
Zum Samurai-Team gehören je ein Anführer (hohes Charisma für Verhandlungen)¸ Berserker (kann auch zwei Schwerter führen)¸ Bogenschütze (hohe Geschicklichkeit)¸ Kraftprotz (Stangenwaffen)¸ Ninja (kleine Wurfwaffen¸ wie z.B. Wurfsterne oder Schwerter)¸ Schwertmeister¸ Zauberer (grenzenlose Magie)¸ die auch in einem netten Intro-Film eingeführt werden (Anime-Stil¸ d.h. bewußt keine zu realistisch wirkenden Skins).
Im Spiel stehen einem immer *alle* 7 Samurai zu Verfügung. Allerdings muß man sich immer für 1 bis 4 Spielfiguren entscheiden¸ die gleichzeitig gegen den Feind antreten können. Davon übernimmt der Spieler eine - und der Rest wird vom Rechner gespielt. Die KI ist sehr clever und kann darüber hinaus für jeden Charakter "programmiert" werden. Dazu existiert ein Rolleneditor mit dem sich einstellen läßt in welcher Reihenfolge ein Samurai mit Nahkamp-¸ Distanzwaffe oder Zauberei angreifen soll und ob er dabei Aggressiv¸ Neutral oder Defensiv vorgehen soll. Auch eine von 16 Kampfformationen läßt sich einstellen.
Man kann natürlich auch jeweils nur einen Charakter durch das Spiel führen und den Rest zum Daimyo schicken¸ wo er sich in Meditation erholt und neue Körper- und Magiekräfte ansammelt. Dieser "Single-Modus" ist gerade für Diablo-Fans sehr übersichtlich - man dürfte jedoch recht schnell feststellen¸ daß im Team vieles leichter geht...
Ein Zauberer z.B. kann sich anfangs kaum lange gegen die rüden Gegner behaupten uund sollte von starken Begleitern gedeckt werden. Anfangs helfen vor allem die kampfstarken Nahkampfeinheiten¸ bald jedoch überwiegt der Sinn einer guten Mischung aus Nahkämpfern und Bogenschützen. Später wird man fast nur noch auf Fernkämpfer setzen. Wenn man schließlich den Zauberer richtig entwickelt hat¸ entfaltet er in Gebäuden auch als Solist seine zerstörerische Macht - ich sage nur "Tanz mit den Drachen¸ Baby!" :-).
Eine wesentliche Aufgabe des Spielers ist daher nicht nur die Pflege "seines" Charakters¸ sondern die Betreuung ("Coaching") aller Samurai gleichzeitig. Man wird sie später garantiert noch alle brauchen! Im Spiel bedeutet "Coaching" vor allem¸ schwächelnde Charaktere zum Daimyo zu schicken und dafür ausgeruhte Samurai ins Spiel zu bringen.
Entwicklung
Darüber hinaus gilt es natürlich¸ alle Charaktere gut auszustatten und in regelmäigen Abständen neue Entwicklungspunkte zu verteilen. Jeder Charaketr bekommt pro Stufe 6 Attribute-Punkte und je einen Zauberpunkt pro Element (Feuer¸ Wasser¸ Erde¸ Blitz).
Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch das "Opfer"-System. Bei T.o.D. kann man keine Gegenstände "verkaufen"¸ sondern übergibt diese entweder dem Schmied oder dem Priester¸ die (nach ihrer Befreiung) ebenfalls beim Daimyo sitzen und auf Aufträge warten.
Dem Schmied muß man alle nicht-magischen Gegenstände übergeben¸ damit er sie als Rohstoffe für eigene Anfertigungen nutzen kann - je mehr¸ desto besser die Auswahl.
Die magischen Gegenstände opfert man dagegen (über den Priester) den Göttern¸ wofür diese weitere Zauber-Entwicklungspunkte bereitstellen. Man wählt dazu den Magiebereich mit einem magischen Gegenstand und bekommt dafür eine Prozentzahl gutgeschrieben¸ die zwischen 1% und 200% (und mehr) liegen kann. Je 100% gibt es einen Zauberpunkt.
Fertigkeiten
Waffenfertigkeiten wie bei Diablo gibt es hier nicht¸ dafür beherrscht aber jeder Charakter Magie. Darunter gibt es dann auch permanente oder zeitlich befristete Zauber¸ die dann von der eigenen Magiekraft zehren. Die Zauber unterscheiden sich grob in Schutz- Angriffs-¸ Verbesserungs- und Verschlechterungszauber. Die qualitativ beste Auswahl hat natürlich der Zauberer. Aber auch andere Charaktere verfügen über interessante (gleiche) Zauber¸ die jedoch in ihrer möglichen Stufe stärker begrenzt sind.
Grandiose Sprüche (80 Arten!) sind z.B. die Drachen (quasi eigenständiger Geschützturm)¸ die Kanjis (spontaner kräftiger Zauber gegen alle Gegner)¸ und Magie- und Blutegel (entziehen dem Gegner beim Schlag Lebens- oder Magiekraft).
Jeder Zauber verbraucht Magiekraft¸ die sich langsam wieder aufbaut oder mit Tränken schnell wieder auffrischen läßt.
Magische Waffen & Rüstungen
Über die Kreation magischer Gegenstände bei T.o.D. könnte man ein eigenes Buch schreiben. Fast jeder Gegenstand hat "Schächte" in die der Schmied ein oder mehrere magische Utensilien einbauen kann. Dies sind meist Körperteile gefallener Feinde¸ Edelsteine usw.¸ die dem gegenstand unterschiedliche Kräfte verleihen. Die Utensilien kann man in drei Gruppen teilen: Waffenmaterialen¸ Rüstungsmaterialien und Verstärker. So kann man fröhlich Sachen sammeln und dann tolle Artefakte basteln. Allerdings hat das auch seinen (Geld-) Preis¸ denn der Schmied arbeitet nie umsonst.
Findet man magische Gegenstände¸ so müssen diese stets Identifiziert und manchmal auch von einem Fluch Gereinigt werden¸ was der Priester gerne (für Geld) übernimmt.
Gameplay
Die Handlung und technische Umsetzung entspricht sehr stark dem Diablo 2-Vorbild. Kein Wunder¸ ist ja auch die gleiche Engine¸ halt nur mit anderem japanischen Outfit und anderer Geschichte.
Das bedeutet¸ daß sich die Monster Diablo-typisch bewegen und die eigenen Samurai beharken. Dies bedeutet aber natürlich auch¸ daß die KI's die gleichen Fehler machen und man mit den gleichen Tricks arbeiten kann¸ wie bei Diablo 2...
Die Questen (Aufträge) bekommt man durch den Daimyo (strategisch) oder durch Eigenarten der Charaktere (drei Einzelspieler-Kampagnen). Da gilt es beispielsweise die geknechtete Bevölkerung zu befreien oder die Nachschubwege des Feindes zu versperren. Anders als bei Diablo 2 gibt es keine räumlich getrennten "Akte". Alle Queste bilden einen Zug querfeldein durch das Land und man kann jederzeit (durch Portale) zwischen allen bereits erreichten Stationen hin und her wechseln.
Wenn man auf seinem Weg nichts ausläßt¸ wird T.o.D. "Profi-Spieler" maximal 100 Stunden im Alleingang beschäftigen. Wer wei߸ wo es lang geht und auf die "Höhlen am Wegesrand" (bzw. alle unnötigen Questen) verzichtet¸ kann das Spiel vermutlich auch in 40-60 Stunden schaffen - vor allem¸ wenn man sich dabei auf nur vier Charaktere (3 Fernkämpfer und den Zauberer) konzentriert. Das ist aber jetzt eher ein Tip für Munchkins...
Technisches
Throne of Darkness ist graphisch genauso gut oder schlecht wie Diablo. Die Hintergründe sind ordentlich¸ die Monster¸ Zaubereien¸ Licht- und Nebeleffekte sehr schön. Die Auflösung ist mit 800 x 600 nicht wirklich atemberaubend¸ aber ausreichend - und für heute vereitete Hardware (P3-500) sehr gut lauffähig. Der Stereo-Sound (bzw. Raumklang) ist okay¸ wenig aufdringlich - und paßt sich der zu erwartenden Action an.
Es bleibt mir nicht erspart zu sagen¸ daß ein ungepatchtes T.o.D. kaum Freude bereitet - das Spiel schmiert häufiger einfach so ab und als Krönung werden länger gespielte Spielstände nicht mehr erkannt... Mit dem aktuellen Patch (Sierra-Webseite oder auf aktuellen CDs in Spielezeitschriften...) lassen sich aber zumindest die meisten Fehler beseitigen¸ wenn man auch vor Abstürzen nicht völlig sicher ist. Aber so war das ja ach schon bei Diablo... und dieses Spiel ist Diablo in ALLEN Dingen sehr ähnlich.
Das Game ist natürlich Multiplayer-fähig! D.h. man kann die Computer verschiedener Spieler über Internet/Modem/LAN miteinander verknüpfen und gemeinsam spielen (maximal 35 Spieler gleichzeitig!). Sierra stellt seinen Server kostenlos als T.o.D.-Game-Server zu Verfügung.
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Dogio the Witch |