Virgo
2001-01
von Andreas Fischer
- 1. Segment - Mimenspiel
Nun war es endlich soweit. Seit seiner Ankunft, hier in Lakaa hatte er gespannt auf den Auftritt der Theatergruppe gewartet. Den ganzen Tag hatten die Schauspieler von morgens bis zum späten Nachmittag für ihr Stück geworben und gleich, gleich würde es beginnen.
Ein Barde singt:
Der Herr der Schreie, die Herrin der Wellen, die Meisterin von Kym, die Herrin der Rosen.
Lauscht den Tönen meiner Leier, edle Herr'n ich werde Eich, die Geschichte dieses Landes verzell'n. Vor Tausenden Jahren, die hier gewesen sind, da schuf Tromothan alles, selbst den Wind, Sie ehrte jeden Monat auf Ihre Weise, doch nie wurde sie zum Greise, nachdem die Schaffung war gescheh'n, konnte sie nicht mehr steh'n.
Ein Mann tritt auf, gekleidet mit einem prächtigen, glänzenden Plattenpanzer, einem Schild mit dem Wappen „de Justice" und einem funkelnden Zweihänder.
Hector: Ich bin Hector du Justice. Ich sorge für das Recht und die Ordnung hier in Foxen, denn ich kämpfe für ihren Namen und sie hat mich dafür gesegnet, seitdem bin ich einer ihrer Paladin.
Ein zweiter Mann betritt die Bühne, er trägt einen gebeulten Plattenpanzer, der zudem unzählige Blut- und Lehmspuren ausweist. Er trägt ein Bastardschwert, das schon erste Rosterscheinungen aufweist. Zudem hat er einen stark gebeulten Rucksack auf dem Rücken.
Altan: Mein Name ist Altan, Kristallprinz von Wolpa. Ich suche nach meiner Frau, der Magier Nanora. Sie ist verschollen, und ich gebe sie noch nicht auf. Ich suche tapfere Mitstreiter, die mir helfen, sie zu suchen.
Eine Frau tritt auf, sie trägt eine Robe, wie sie Magier tragen.
Nanora: Atlan, mein Ex-Mann, du brauchst mich nicht zu suchen, ich habe dich verlassen, um mein Leben Foxen zu widmen.
Altan: Dann wurdest Du zu einer Klerikerin?
Nanora: Nein, ich heiratete den Herrscher von Kaäl, denn auch er widmet sein Leben Foxen.
Altan: Mein Leben ist nichts mehr wert.
Hector: Edler Mann, was seid Ihr so betrübt? Ich wüsste was, dass Euch aufmuntert. Ein Abenteuer!
Altan: Ein Abenteuer sagst Du? Was für eins?
Hector: Ich und meine edlen Streiter suchen die Feste der Schreie.
Altan: Und was suchst Du da?
Hector: Den Gürtel des Tromothan! Er ging verlustig bei der Erschaffung dieses Kontinents. Er ist ein sehr mächtiges Artefakt und der Herr der Schreie soll ihn entweder besitzen oder wissen, wo er zu finden ist.
Altan: Und was willst Du damit?
Hector: Mein Gott ist schwach und der Gürtel würde ihn stärken.
Altan: Was springt für mich dabei heraus?
Hector: Was ihr wollt!
Altan: Auch ein Titan-Plattenpanzer, ein Titan-Schwert und ein 20l-Titanwassertank?
Hector: (schaut ihn verblüfft an) Wenn es irgendwo in der Feste rumliegt, bitte schön!
Altan: Alles klar, wann geht es los?
Hector: Bevor wir uns aufmachen, hier ist der Rest meiner mutigen Gruppe.
Ein kleinerer Mann als Hector betritt die Bühne, er ist gelb geschminkt und bekam künstliche Schlitzaugen verpasst. Er trägt ein Katana und ein Ninja-To.
Hiro: Ich bin Hilo Sakamo, Bushi und Velteidel des Lechtes. Gemeinsam mit meinem Fleund Hectol welden will die Feste del Schleie auseinandelnehmen.
Altan: Schleie? War nicht von der Feste der Schreie die Rede?
Hiro: Oh, ihl macht Euch über mich lustig. Ein Japanel hat seinen Stolz, den habt ihl soeben geklängt. Veldeigt euch! (er zieht sein Katana)
Hector: Wartet damit bitte bis zum Ende des Abenteuers, dann könnt Ihr Euch so oft duellieren, wie ihr wollt.
Ein Mann ganz in dunkel gekleidet, mit einem gehetzten Gang kommt auf die Bühne.
Hector: Ah, unser Scout ist auch schon da!
Hiayu: Nicht Scout, nennt mich Führer. Ich , Hiayu, werde Euch führen.
Ein Blitz auf der Bühne, dicker Qualm quillt hervor. Als sich der Rauch lichtet, steht dort ein Mannin einer dunklen Robe.
Nanora: Ah, unser Spezialist für Flüche bannen ist auch dabei.
Der Schwarzmagier nickt.
Nanora: Darf ich vorstellen: Terminus, der Beschwörer. Ein Lichtblick am sonst kahlen Magierhimmel.
Hector: So lasst uns denn losziehen...
Ein Mann kommt aus dem Zuschauerraum zur Bühne gerannt. Er schwingt eine Ochsenherde.
Mann: Hab' ich dich! (er springt auf die Bühne und erschlägt den Dieb Hiayu. So schnell wie er gekommen ist, ist er auch schon wieder verschwunden.
Auf der Bühne liegt Hiayu, mit zerschmetterten Kopf. Hector schaut rechts zum Vorhang.
Hector: Das steht aber nicht im Drehbuch!
Ein alter Mann kommt hervorgestürzt.
Dryganus: Fronzio, Fronzio, was ist geschehen?
Der Alte kniet sich neben Hiayu und fühlt seinen Puls.
Dryganus: Mein Bruder ist tot! Ich biete eine alte Schatzkarte demjenigen, der mir den Kopf seines Mörders bringt.
2. Segment - Abend
Er saß immer noch auf der hölzernen Bank. Die Theaterleute und die Stadtwachen waren längst verschwunden und auch eine Abenteurergruppe hatte sich flugs zusammengefunden, um den Mörder zu suchen.
Wie lange er nur so dagesessen hatte, wusste er nicht mehr, aber ihr Erscheinen lenkte ihn wenigstens ab. Sie war ein fröhliches Lied am summen, das er aus seiner Kindheit kannte. Man hatte es ihm früher immer vorgesungen, jetzt wusste er nur noch den Refrain. „Ja, in Wolpa ist was los, für uns alle klein und groß". Überhaupt, sie schien ein nettes, fröhliches Wesen zu sein, mit spitzen Ohren. Für eine Elf war sie aber zu groß, womöglich eine Halbelf. Mit langen, braunen Haaren, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren sowie hellen, freundlichen Augen.
„Und?" ihre Stimme klang sehr sanft und äußerst melodisch. „Warum sitzt Ihr hier so vermummt herum? So kalt ist es heute doch nicht."
Sollte er ihr antworten oder schweigen? Sie war doch so nett zu ihm. „ich bin traurig..." verriet er ihr.
„Wegen dem Theaterzwischenfall?"
„Nicht nur..." druckste er herum.
„Oh, ihr habt ein Geheimnis." Ihre Stimme glich einem freudigen Lächeln. „Uns Barden gefallen Geheimnisse, lasst es mich erraten. Ihr seit eine hochgestellte Persönlichkeit und inkognito hier?"
Er schüttelte verneinend den Kopf, „ Es ist kein Geheimnis, ich..."
Sollte er es wagen oder nicht? Seine Hände wollten schon seine Kapuze abstreifen, als er doch innehielt. „Lauft Ihr auch nicht weg? Bitte, versprecht es mir!" bat er sie eindringlich.
„Warum sollte ich? Ihr seid doch kein Monster, oder?" meinte sie scherzhaft.
Flehend lasteten seien Augen auf ihr. „Meinetwegen, ich verspreche es Euch!"
„Gut! Ihr habt es mir versprochen!" meinte er leise, dann langsam, sehr langsam zog er den vermummenden Stoff aus seinem Gesicht.
Sie musste schwer schlucken, es kostete ihr wirklich viel Überwindung weiter zu lächeln und nicht lautschreiend wegzulaufen.
Mit einem versteinerten Lächeln starrte sie ihn stumm an, sein Anblick raubte ihr die Worte.
„Ich hätte es nicht tun sollen!" in seiner Stimme lag tiefe Trauer und Einsamkeit.
„Nein..." wiedersprach sie ihm, noch auf der Suche nach einer festen Stimme,. „es war mutig von Euch... Je länger ich Euch anschaue, um so weniger schlimm finde ich Euren Anblick!" In Wirklichkeit war sie aber von ihren Worten nicht überzeugt. Sein Äußeres beschwor einerseits in ihr Übelkeit, auf der anderen Seite hatte er ihr Mitleid geweckt.
„Wie ist Euer Name?"
„Virgo... einfach nur Virgo!"
„Ihr habt keinen Nachnamen?"
„Nein, meine Mutter kenne ich nicht. Ich wurde im Wald aufgelesen..."
„Ihr habt noch eine sehr junge Stimme..."
„Ich bin auf der Suche nach Illithienwachs..." lenkte Virgo ab.
„Warum? Verzeiht meine Neugier, aber so sind wir nun mal..."
„Ihr Barden!" fügte Virgo mit lachender Stimme hinzu..
Wie schade, dachte sie verbittert, dass man sein Lachen nie sehen wird.
3. Segment - Gerede
Bis spät in die Nacht saßen Virgo und Rouvine, die Bardin, auf der hölzernen Bank und unterhielten sich. Der junge Virgo hatte sich zum ersten Mal in seinem Leben geöffnet und ihr alles, wirklich alles, anvertraut. Er erzählte ihr von seiner Ausbildung, seinem Unfall und von Valerian, seiner großen Liebe.
Rouvine war sehr froh darüber, dass es richtig dunkel wurde. Noch nie war ihre Fassung so sehr versucht worden, wie heute. Je länger sie ihn angeschaut hatte, um so schrecklicher wurde seine Fratze des Entsetzens.
„Ihr solltet nach Asten zurückkehren, zu Eurem Meister!"
„Das geht nicht, Rouvine. Valerians Vater würde mich umbringen!" entgegnete Virgo ängstlich.
„Wer den Mut hat, einer wildfremden Person sein wahres Gesicht zu zeigen, der wird sich doch nicht von einer leeren Drohung einschüchtern lassen, oder?"
„Er kennt meinen Meister..."
„Euer Meister würde Euch verraten?"
„Nun..." druckste Virgo herum, „ da ist noch etwas anderes..."
Rouvine sagte nichts, ihre Augen waren immer noch auf den bemitleidenswerten Virgo gerichtet, dessen Gesicht jetzt in ein mildes Schwarz getaucht war.
Er sprach aber nicht weiter, schweigend saßen sie da und lauschten dem fröhlichen Gesang einer Nachtigall.
„Was ich nicht verstehe, Virgo... Warum verhüllt Ihr Euch, wenn Ihr schon einfache Illusionssprüche beherrscht?"Obwohl sie ihm nicht ins Gesicht sehen konnte, spürte sie seinen traurigen Blick auf sich lasten.
„Mein Buch... man hat es mir gestohlen!"
„Oh, das ist wirklich bitter!" stimmte Rouvine ihm zu. „Wo werdet Ihr die Nacht verbringen?"
Langsam schob Virgo seine Kapuze wieder tief ins Gesicht, „ich habe noch ein paar Silberstücke... solange werde ich mir ein warmes Strohlager suchen"
„Und wenn Ihr kein Geld mehr habt?" bohrte Rouvine weiter.
„Ich hoffe, dass mich die Schaustellergruppe aufnimmt... vielleicht kann ich ja den Schauspieler von vorhin ersetzen?"
„Virgo? Ihr habt doch wohl nicht etwa..."
Virgo schwieg betreten.
„Virgo? Habt Ihr...?"
„NEIN! Ich habe ihn nicht ermorden lassen, wirklich nicht!" begann Virgo mit hektischer Stimme, „ aber ... aber ich glaube den Mörder zu kennen."
Rouvines freundliche Gesinnung geriet ein wenig ins Schwanken, sie geriet in ein Wechselbad der Gefühle. Nachdem sie nun Sympathie für Virgo empfand, mischte sich nun wieder Unbehagen hinzu.
„Habt Ihr der Stadtwache Euren Verdacht mitgeteilt?"
„Natürlich nicht! Die hätten mich doch sofort mitgenommen und eingekerkert, sozusagen als vorbeugende Maßnahme, damit sich niemand vor mir zu Tode erschreckt."
Dem konnte Rouvine nichts erwidern, die nun einkehrende Stille hinterließ ein gespanntes Gefühl in ihr. Sie wollte Virgo helfen, wollte aber auch, dass dieser Mörder gefasst würde.
„Ich habe eine Idee!" meinte sie endlich.
„Und welche?"
„Ihr nennt mir den Namen desjenigen, den Ihr verdächtigt und ich werde es der Stadtwache mitteilen, was haltet Ihr davon?"
„Nicht sonderlich viel" meinte Virgo niedergeschlagen.
„Und warum nicht?"
„Weil ich glaube, dass es Valerians Vater war!"
4. Segment - Illithenwachs
Trotz Virgos Bedenken und Befürchtungen war er nach Asten zurückgekehrt, Rouvine hatte ihn letztendlich dazu überreden können, weil sie ihm einen guten Grund genannt hatte. Er hatte vergessen, dass Valerians Vater damals nur seine Illusionsgestalt gesehen hatte und nicht ihn, und damit brauchte er nicht um sein Leben fürchten, solange Valerian schwieg.
Außerdem wollte Rouvine ein gutes Wort bei seinem Meister einlegen und auch Valerians Vater auf den Zahn fühlen.
Asten eine Stadt zu nennen, wäre vermessen gewesen. Mit den paar Dutzend Hütten war es nichts weiter als ein kleines Dorf, das an einem großen Wald lag, der es mit Holz und Nahrung versorgte.
Als Rouvine und Virgo das Dorf betraten, schien es ausgestorben zu sein. Die staubige Straße war wie leergefegt und die einfachen Hütten aus Holz machten einen verlassenen Eindruck.
„Merkwürdig!" befand Rouvine, die sich neugierig umschaute.
„Es ist Mittagszeit! Da ruht das Dorf, dies hat der Dorfschulze eingeführt!" erklärte Virgo.
„Und warum?"
„Das weiß ich nicht?"
„Wo wohnt Euer Meister?"
„Etwas abseits des Dorfes. Hier entlang.!" Sie verließen die Hauptstraße und steuerten auf ein baufälliges Haus am Rande des Dorfes zu.
„Hier wohnt Ihr?"
„Ja" meinte Virgo und öffnete die Tür mit einem leisen Zauberspruch.
„Virgo? Bist Du es?" schallte es ihm wütend entgegen.
Rouvine zuckte gehörig zusammen. Die Stimme klang scharf, gereizt und gehörte einer Frau.
„Ja, Meister..." murmelte Virgo kleinlaut und zog Rouvine mit ins Haus.
„Wo warst Du all die Monate gewesen?" grollte die Stimme weiter.
„Im Lakaa sagte man mir, dass es in Wolpa Illithenwachs zu kaufen gibt!" log Virgo.
Aus dem Nichts des Raumes erschien eine, in eine dunkelrote Robe gehüllte, Gestalt, „und ? Hast du welches?"
Während Virgo seine Geschichte vorbrachte, warum er kein Illithenwachs dabei hatte, sah Rouvine sich neugierig um.
Das Haus sah innen genauso aus, wie es von außen wirkte, ungepflegt und schmierig. Der Boden war übersät mit seltsamen Abfällen, die sich teilweise zu bewegen schien.
„und wen hast Du mir da mitgebracht?"
„Ja, äh dies ist Rouvine. Eine Bardin aus Lakaa..."
„... und ich bin auf der Suche nach Greiffedern!" fügte Rouvine lächeln hinzu.
„Virgo, an die Arbeit!" Die Bardin sucht meine Hilfe, nicht Deine!"
Mit einer hastigen Dankesgeste zog Virgo sich zurück.
„Und Barden Lautenschmied, was führt Euch wirklich zu mir?"
„Ihr kennt mich? Woher?"
„Schöne Gesichter mit hellen, freundlichen Liedern, vergisst man nicht so schnell!", die Stimme der Magier klang neidisch. „Seit Ihr immer noch unterwegs um Geheimnisse zu lüften?"
„Ja, ihr ward damals das beste Medium weit und breit und ich wundere mich, dass Ihr Euch nun der Illusion verschreibt."
„Woher wusstet Ihr, dass ich jetzt hier wohne?"
„Weil Ihr wohl die einzige seid, die nach Illithenwachs sucht, dem Reagenz mit dem Ihr Sehen könnt. Und ratet mal, was ich dabei habe..." grinste Rouvine.
5. Segment - Eklat
Virgo traf Rouvine erst am nächsten Morgen wieder, er war auf dem Weg zum Krämer, neue Besen kaufen, während Rouvine reisefertig wirkte.
„Gute Morgen, edle Bardin. Ihr geht?" grüßte er sie freundlich.
„Hm... Virgo..." Rouvine betrachtete ihn abschätzig.
„Was habt Ihr?" Virgo war von Rouvines ablehnende Haltung überrascht.
„Man hat gestern Abend Valerians Vater festgenommen!"
„Das ist ja mal eine tolle Nachricht!" platzte er freudig heraus. Noch bevor er weiterjubeln konnte, stoppte ihn Rouvines unfreundlicher Blick.
„Euer Plan ist also aufgegangen, Glückwunsch!"
Virgos Stimme wurde unsicher, „Plan? Glückwunsch?"
„Ja, spielt nur weiter Eure Rolle... vielleicht solltet Ihr doch besser nach Lakaa zurückkehren und Euch den Schauspielern anschließen! Für die Rolle des namenlosen Schrecken seid Ihr wie geschaffen." Sie schaute Virgo fest in die Augen, fast schien es ihm, als ob sie sich auf seine Fratze konzentrierte, dann huschte ein gehässiges Lächeln über ihre wohlgeformten Lippen.
Virgo stand stumm da, Rouvine abschätzige Art tat ihm wirklich weh. „Ich wollte das alles doch gar nicht, ehrlich..."
Rouvine sagte nicht, sie stand nur da, gemein lächelnd und schien auf einmal äußerst zufrieden.
„Was grinst Ihr so hinterhältig?"
Rouvine wandte sich zum Gehen, „zu schade nur, dass ich keine Beweise habe. Wollt Ihr wirklich einen Unschuldigen für Eure Tat sterben lassen?"
„Ihr werdet mich nicht verraten?" In Virgos Stimme klang ein wenig Hoffnung mit.
„Habe ich handfeste Beweise?" Nein! Was mit bleibt, ist die Genugtuung, dass Ihr mehr gestraft seid, als Euch eigentlich bewusst ist!" Sie wandte sich von Virgo ab und ging zum Dorfausgang.
Virgo schaute ihr fragend hinterher, dann entschloß er sich doch dazu ihr nachzulaufen. Am nahegelegenen Waldesrand hatte er sie endlich eingeholt.
„Und?" meinte Rouvine knapp.
„Ich liebe Valerian, damals als ich in ihrer Familie aufgenommen wurde, hatte ich mich unsterblich in sie verliebt. Ihr Vater hatte mich einst im Wald gefunden... anfangs war es herrlich in der Waldläufer-Familie, bis zu dem Tag, wo sich die Magier für mich interessierte. Hätte sie mich nicht auf die wackelige Leiter geschickt, dann hätte sich auch nicht die umstürzende Säure über mein Gesicht ergossen und mich entstellt... und Valerian würde mich noch anschauen..."
„Und dann kam Fronzio mit seiner Truppe in die Stadt..." fügte Rouvine hinzu.
„Ja, Valerian verliebte sich in ihn, nun er wollte nichts von ihr!"
„Daraufhin seid ihr als Fronzio aufgetreten und habt sie geschwängert!"
„Woher wisst Ihr?"
„Ich traf Valerian gestern Abend und wir Barden sind auch nicht blind! Zudem interessierte sich Fronzio immer nur für schöne Jungs!"
„Tja, die Schauspieler fuhren weiter, also brauchte ich einen neue Tarnung um Valerian nahe zu sein."
„Den Elf!"
„Ja, aber ihr Vater hat sich nicht täuschen lassen. Wollte ich mit Valerian glücklich werden, dann musste ihr Vater verschwinden. Also machte ich mich auf die Suche nach Fronzio, als sich eine günstige Gelegenheit bot."
„Euer Meister schickte Euch in die Welt nach Illithenwachs zu suchen!"
„In Lakaa konnte ich nach einem halben Jahr des Suchens zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, in der Gestalt von Valerians Vater tötete ich Fronzio, meinen Nebenbuhler. Alles war perfekt, bis..."
„Bis..."
„Mir mein Zauberbuch abhanden kam. Auf meiner Flucht habe ich es wohl verloren..."
„Und dann habe ich Euch kennengelernt?"
„Ja, so war es . Was ich tat, habe ich nur aus Liebe getan!"
Rouvine lachte trocken auf, „Mord aus Liebe! Ha... da Euch das Gericht nicht strafen wird, werde ich es nun tun!"
„Bin ich nicht gestraft genug? Schaut mich doch an!"
„Ihr seid nicht entstellt, auf Euch lastet nur ein mächtiger Illusionszauber... nur wer macht sich bei Eurem Anblick die Mühe, zu hinterfragen, ob es nur eine Illusion ist. Es ist doch viel einfacher vor Euch wegzulaufen, oder?
„Bitte?" Virgo verschlug es die Sprache. Alles hatte er erwartet, nur nicht dies. „Aber warum?"
„Nun, ihr seid ein bildhübscher Junge und Euer Meister ist eine Frau. Sie liebt Euch! Außerdem wollte sie einen aufmerksamen Lehrling und Euch nicht an Valerian verlieren. Ihr wärt doch mit Ihr davongelaufen und da hat sie Euch auf die Leiter geschickt. Es gibt viele Magier, die so vorgehen! Eigentlich müsste ich Euch wieder bemitleiden, doch bei Mördern... Lebt wohl, Virgo! Stellt Euch, bevor es zu spät ist!"
Virgo erwiderte nicht, wortlos betastete er sein Gesicht. Immer wieder strichen seine Finger über seine verätzte... nein, je mehr er daran zweifelte, um so glatter wurde seine Haut, seine Hände streiften über unversehrte Gesichtshaut. Es stimmte, Rouvine hatte recht. „Aber, woher..."
„Wir Barden sind eben neugierig!" erwiderte Rouvine schnippisch und ließ, den nun doppelt gestraften, Virgo alleine zurück.
Andreas Fischer
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