Aciel- oder auch Feuerbrand
1994-12
<TITLE> Midgard Digest Nr. 16 - Aciel- oder auch Feuerbrand
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Aciel- oder auch Feuerbrand
Aciel oder auch oft Feuerbrand genannt ist eine Droge, die von einigen
fanatischen Ritterorden verwandt wird. Sie ist in ihrer Wirkung in etwa
mit "Speed" zu vergleichen, doch dürften sowohl der Nutzeneffekt, wie
auch die negativen Nachwirkungen, wesentlich gravierender ausfallen.
Der positive Effekt besteht darin, das der Benutzer schon nach
kürzester Zeit ein enormes Wohlbehagen empfindet; Schmerz und
Erschöpfung fallen von ihm ab, wie ein zweite, überflüssig gewordene
Haut; er fühlt sich wie neugeboren - unglaublich stark und frisch,
einfach unbesiegbar. Die Wirklichkeit ist natürlich, wie nur so oft
bei Drogen, eine andere, denn an Verwundungen, Schmerzen und
Erschöpfung hat sich prinzipiell nichts geändert, nur spürt der
Betreffende nichts mehr davon. Kommt der Benutzer bei seinem
geplanten Vorhaben nicht um, so könnte es sich dabei nur um einen sehr
kurzen Glückszustand handeln, denn nach etwa 12 Stunden setzen die
Nebenwirkungen von Aciel ein: Der Betreffende kriegt sehr hohes Fieber und
fühlt sich als würde er von einem gierigen Feuer verzehrt, das im
Inneren seines Körpers tobt - daher auch der so bezeichnende Name
Feuerbrand. Diese Zeit der Qual dauert etwa sechs Stunden an und sollte
der Benutzer diese Zeitspanne überleben, ist er über den Berg und sein
Leben gerettet; bisherige Erfahrungen mit der Droge zeigen jedoch ein
anderes Bild - nur die stärksten der Starken haben überhaupt eine Chance,
diesen Überlebenskampf zu gewinnen. Ich möchte nochmals betonen, das aus
oben angeführten Gründen, Aciel nicht zum normalen Gebrauch gedacht,
sondern lediglich für fanatische Ordenskrieger und sonstige
durchgeknallte bestimmt ist, die Aciel einnehmen, um ein "glorreiches" Ende
in einer hoffnungslosen Schlacht zu finden. Zudem ist Aciel eine sehr
seltene und damit teure Droge, die sich meist nur im Besitz von
obenerwähnten Ritterorden befindet und dort als "Ehrenbeigabe" für die
tapferstenÄnhänger dient. Spieltechnische Angaben:
- Abzüge aufgrund von AP-Verlusten werden ignoriert
- Abzüge aufgrund von LP-Verlusten werden ignoriert
- Folgen kritischer bzw.lebensgefährlicher Verletzungen werden
ignoriert, soweit sie nicht behindernd wirken oder sofort tödlich
sind (wie z.B. ein abgetrenntes Bein bzw. ein abgeschlagener Kopf )
- nach der Einnahme steht dem Spieler ein Gifttoleranz-Prüfwurf mit
einem WM +30 zu, bei dessen gelingen er die Nebenwirkungen
überlebt.
Im Klartext heißt das, das man diese Kämpfer nur töten kann, indem
man ihnen alle APs und alle LPs auf die ein oder andere Art
raubt oder aber 12 Stunden Zeit zum Warten hat. Was nun folgt, ist ein
kleines Beispiel aus einer meiner Spielrunden, in der Aciel zum Einsatz
kam:
....plötzlich war da etwas; etwas das die Taubheit seiner Sinne
durchdrang - eine Berührung. Fulgar öffnete mit großer Mühe seine
blutverkrusteten Augenlider, doch sein erster Eindruck war verschwommen
und wage. "Fulgar, ......Fulgar!", drang eine Stimme, die ihm hätte
bekannt sein sollen durch den Nebel, der noch immer seinen Verstand
umhüllte; Fulgar - sein Ich krallte sich, an diesen ebenfalls bekannten
Laut, drehte und wendete ihn, bis Es ihn erkannte als den eigenen Namen.
Sein Blick klärte sich langsam, aber düster blieb es trotzdem; der
weiße Fleck, der vor seinen Auge auf und ab zu tanzen schien, nahm
langsam aber sicher die Form eines Gesichtes an - eines Gesichtes, das ihm
bekannt war; es war das eines Freundes. "Shandaron, bist du das?", drang
es krächzend aus seiner Kehle. "Du siehst schlimm aus", antwortete sein
Gegenüber, ohne seine Frage direkt zu beantworten - aber das brauchte er
auch nun nicht mehr. Fulgar kannte den Ordenskrieger schon lange und er
war über die Zeit hinweg, zu einem seiner besten Freunde geworden;
unzählige Male hatte der eine dem anderen das Leben gerettet und
umgekehrt und eine Freundschaft war entstanden, die nur der Tod noch
lösen konnte. Tod - ein Gedanke, der ihm durch den Kopf schoß.
Nein, .....er war nicht Tod, er hatte nur Schmerzen - gräßliche Schmerzen
in der Brustgegend. Kaum war dieser Gedankengang zuende gedacht, entwich
Fulgar ein Stöhnen, das diesen Schmerzen Ausdruck verlieh. "Keine
Lorbeeren, Shandaron!", preßte Fulgar kurz darauf zwischen
zusammengebissenen Zähnen hindurch. "Was ist passiert?", drang die
wohlklingende Stimme Shandarons zu ihm herab. Nun zum ersten Mal nahm
Fulgar seine Umgebung war; er lag auf der Seite; unter ihm der harte,
kalte Stein. Unweit von der Stelle an der er lag, hörte er das Rauschen
von Wasser; er blickte mühsam in die Richtung des Geräusches und
bemerkte erst jetzt, das es dunkel war und die Sterne am Himmel standen;
er lag auf einer Brücke - na ja, eigentlich war es keine Brücke mehr,
denn keine zwei Pferdelängen vor ihm brach sie abrupt ab und gab den
Blick auf schnell dahin - fließendes Wasser frei, das sich keine zwei
Meter tiefer, unter ihr entlangschlang. Mit diesem Eindruck vor Augen
kamen seine Erinnerungen zurück: sie waren alle zusammen auf ihrem Zimmer
gewesen - ....hier in Tidford, ....in der Gaststätte "Zur Rose und zum
Dorn". Sie - .....das waren Ethal, der alte Druide, der zwielichtige
Gordan, Grigor, der Seemann und Kyle, der etwas arrogant wirkende
Adelssprößling, ....und natürlich er selbst! ..... Shanderon war nicht
da gewesen - er wollte in den Tempel, um zu seinem Gott zu beten;.....da
war dieses Geräusch auf dem Gang gewesen - dieses Geräusch von schweren
Stiefeln auf hölzernen Dielen. "Da waren diese Soldaten, " brachte Fulgar
seinen Gedanken zu Ende. "Sie drangen in unser Zimmer ein - .....faselten
irgendwas von Hochverrat;" ein weiteres schmerzerfülltes Stöhnen drang
über seine aufgesprungen Lippen, als er versuchte, sich beim Sprechen in
eine bequemere Lage zu wälzen; sofort stützte ihn der Freund und half
ihm in die gewünschte Position. "Da war irgend ne abgekartete Sache im
Gange, .....dieser Gräfton hatte da bestimmt seine Finger im Spiel, "
fügte Fulgar hinzu, bevor Shanderon nachfragen konnte. "Ich sprang durchs
Fenster, um zu entkommen!" Ein Kratzen im Hals reizte ihn zum Husten und der
darauffolgende, stechende Schmerz nahm ihm für kurze Zeit den Atem.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", drang die besorgte Stimme seines
Freundes an sein Ohr. Nachdem er den Schmerz in die hinterste Ecke sein
Verstandes zurückgedrängt hatte, begann er von neuem zu reden, die Frage
seines Freundes ignorierend. "Die haben mich verfolgt, konnten mich aber
nicht kriegen - ......die anderen wurden wahrscheinlich gefangengenommen, "
beendete er nüchtern seine Erzählung. Shandaron nickte verstehend. "Es
ist vorbei, nicht?!", brach es dann urplötzlich aus Fulgar heraus; kurz
darauf, schüttelte ihn ein weiterer Hustenanfall und in Folge dessen
verzehrte sich abermals sein Gesicht vor Schmerz. "Vielleicht noch nicht
ganz", erwiderte Shandaron sichtlich betroffen und um die eigene Fassung
ringend. Fulgar blickte erwartungsvoll zu seinem Freund auf, während ihm
Tränen das schmutzige Gesicht hinabrannten; sein Freund hatte sich seinem
Rucksack gewidmet, in dem er herum - kramte, und dann schließlich ein
Tonflasche in den Händen hielt. "Was ist das, Shandaron&?", fragte Fulgar
mit zittriger Stimme, den Blick auf das kleine, braune Fläschchen
gerichtet. "Etwas, das uns helfen wird, die Sache zünde zu bringen, "
erklärte Shanderon ruhig; "Du und ich, wir beide!". Ein Schimmer von
Hoffnung zeigte sich auf Fulgar`s zerschundenem Gesicht - "Ja, vielleicht
soll es so sein!?", erwiderte er gefaßt. Ein verkrampftes Lächeln
erkämpfte sich den Platz auf seinem Gesicht und er nahm dankbar die
Tonflasche an, die Shanderon ihm reichte......
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