Auf der Suche nach einer guten Kampagne ...
1994-11
<TITLE> Midgard Digest Nr. 11 - Kampagnen
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Auf der Suche nach einer guten Kampagne ...
[Hier mal 5 Ideen, die in den News gebracht wurden. Leider habe ich nicht mehr alle E-Mail-Adressen. Wär gut wenn sich die Personen nochmal melden würden. Ich reiche dann die Adressen nach. - Dogio]
Typ: Es lebe die Heimat
Aber ernsthaft: Ich befürchte, es gibt mehr Ideen, als man hier aufschreiben kann. In erster Linie hängt es sicherlich von der Motivation der Spieler und der Zusammensetzung der Abenteurergruppe ab, was man machen könnte. Sind es eher Helden, die eine Queste durchleben wollen (um Haus, Hof, Stadt, Staat oder Welt zu retten) oder mehr die zwielichtigen Abenteurer, die sich durch's Leben schlagen wollen, nicht ohne ihren Teil von Macht und Reichtum abzubekommen. Oder sind sie eher kaufmännisch interessiert und planen neue Märkte jenseits der bekannten Welt zu entdecken?
"Da ich aber außer Rollenspielen noch andere Hobbys und Pflichten habe, möchte ich nach Möglichkeit nicht alles selbst Erfinden müssen."
Das ist natürlich schlecht, denn gerade das Ausdenken und Land und Leuten macht doch sehr viel Spaß (finde ich jedenfalls). Daher kann ich natürlich die folgenden Vorschläge eigentlich gar nicht machen:
Die Spielercharaktere kommen aus einem Dorf, irgendwo in der Provinz kurz vor der unerforschten Einöde. Die Gruppe muß erfahren, daß ein oder mehrere Charaktere auserwählt sind einen Dämon zu töten, als sie unvermittelt von Schergen dieses Dämons angegriffen werden. Es ist nun Sache der Spieler, mehr über diese Prophezeiung zu erfahren... dazu muß beispielsweise Hinweisen über Schriften oder Kalendern nachgegangen werden, aus denen mehr über das Schicksal und die Prophezeiung erfahren werden kann und ein Plan, wann und wie der Dämon zu besiegen ist, muß gemacht werden. (Eine (entfernt) ähnliche Geschichte erzählt z.B. der 4. Earthdawn-Roman)
Reich kann man werden, wenn man neue Märkte entdeckt. Dies ist ein Reiseabenteuer. Die SC beschließen zu Pferd/Fuß oder Schiff in entferntes, vielleicht sagenhaftes Land zu erreichen, um von dort die kostbarsten Handelsgüter zu "beschaffen". Vielleicht machen sie sich ja auch auf, um die versunkene Stadt irgendwo im Meer oder die goldene Stadt im Dschungel zu finden und auszuplündern. Einzelne Abenteuer können während der Reise stattfinden. Vielleicht verlieren die SC ihre Pferde an Banditen oder das Schiff, beschädigt durch einen Sturm, landet auf einer unbekannten Insel. Aus einfachen Problemen wie Schwierigkeiten bei der Verständigung können ebenso kurze Abenteuer entstehen wie durch krasses Fehlverhalten aufgrund anderer Sitten und Gebräuche. Vielleicht will ein anderer Händler verhindern, das die SC diese Reise machen, vielleicht arbeiten sie (von Anfang an oder zwischendurch) für verschiedene Herrscher. Diese Art von Abenteuer profitiert natürlich von einer gehörigen Portion "Sense of Wonder". (Orientieren kann man sich an diversen Abenteuerromanen, Marco Polos Reiseberichten, oder denen von Frances Drake.)
Eine andere Art von Kampagne kann auch sein, die Spieler und die SC erleben zu lassen, was ihnen in ihrer Heimat(stadt) alles passieren kann. Vielleicht arbeiten sie am Hofe ihres Fürsten, sind seine Waldhüter, dienen im Tempel der Stadt oder sind einfach engagierte Bürger/Bewohner der Siedlung. Angefangen von ihrer Einstellung und einer entsprechenden Probe kann es vorkommen, das sie einen Verbrecher oder Tempelschänder jagen müssen, eine Botschaft überbringen oder abholen, vielleicht eine Palastintrige aufdecken können, einen Angriff auf die Stadt abwehren, die Aufsicht am Markttag führen oder Streitigkeiten zwischen den Dörfern außerhalb der Stadt schlichten müssen. Vielleicht werden die umliegenden Wälder ja von einigen Vogelfreien bewohnt, die die Gegend unsicher machen. Die Stadt sollte allerding in einer turbulenten, interessanten Gegend der Spielwelt liegen. (Literatur: Schon schwerer, einfach mal was über das leben in der Antike oder im Mittelalter lesen...)
Wie wäre es, einen Kreuzzug zu unternehmen, dem Ruf der Kirche zu folgen und zusammen mit seinem Fürsten (oder König, wenn man selber Fürst ist) das heilige Land von den Heiden zu befreien, die eigene Seele zu retten und die Taschen aufzufüllen? Schon die Überfahrt von England oder Deutschland nach Italien und von dort weiter in heilige Land ist ein Abenteuer für sich. Aber vielleicht ist es auch interessant, die eigene Heimat gegen barbarischen Christenmenschen aus dem Norden zu verteidigen, Heim und Hof zu bewahren und den (Wahren) Gläubigen die Heilige Stadt mit ihren Moscheen zu erhalten? Kann es angehen, das diese wilden Christenhunde die Kultur und Zivilisation des Orients vernichten wollen? (Eher historisch und demzurfolge massig Literatur in jeder Bibliothek vorhanden)
Vielleicht ich ja die eine oder andere Anregung dabei, tschüß.
Stefan Matthias Aust
Typ: Christlich & Die liebe Zukunft
Anmerkung: Sollten überzeugte Katholen oder Papstanhänger jetzt mitlesen.. besser nicht weiterlesen ...
Also, die Gruppe wird von einem klassischen mysteriösen Fremden um Hilfe gebeten. Sie sollen in eine fremde Welt teleportieren in der ein mächtiger, finsterer Kleriker mit seiner Macht jegliche Magie unterdrückt. Dieser residiert in einer Stadt namens Rom. Der Gruppe muß es mit Hilfe ihrer fremden Magie gelingen diese Kleriker zu besiegen.
Aus der Tatsache, daß ein Haufen streitlustiger, mittelalterlich anmutender Gestalten durch das Rom des zwanzigsten Jahrhunderts tobt sollten sich Abenteuer genug ergeben. Wir haben so circa 10 bis 12 Abende daran gespielt.
Sollte Dir der Plot mit Papst angreifen und so zu geschmacklos sein, laß Dir einen anderen Grund einfallen, das 20. Jh. ist ein recht vergnüglicher Ort für eine desorientierte Abenteurergruppe.
Ansonsten viel Spaß beim Spielen,
hajo
Typ: Alltagsprobleme
Einer meiner Spieler hat einen kleinen Landsitz geerbt. Zuerst mußte er sich mit dem Problem von Geistern, schlechtgelaunten Druiden, die die Burg nicht wünschen, da sie auf einem steht, ... herumschlagen. (Ist in einen alten Spielewelt-Ausgabe ausgearbeitet).
Damit habe ich eine gute Basis für diverse Abenteuer.
Der Spieler muß dafür sorgen, daß er seine Burg reparieren kann, muß sich Geld organisieren, um eine Mühle zu Bauen, da sein Dorf sonst hungert, wird in den Krieg geschickt, wird vom König mit einem Auftrag betraut, muß die Burg gegen Angreifer verteidigen, ....
Dieses Szenario bietet auch eine Vielzahl an Möglichkeiten dem Spieler sein Geld wieder abzunehmen Ohne ihm auszurauben (Er ist verpflichtet ein Teures Turnier zu veranstalten, muß Burg in Schuß halten) - wenn er nicht darauf einsteigt, muß er die Konsequenzen tragen - er wird geächtet, abgesetzt, überfallen, ...
Ein weiterer Interessanter Punkt ist: Der Erbe muß sich auch um ein gutes Verhältnis zu den Mitspielern bemühen. Falls er größenwahnsinnig wird, werden diese ihn wahrscheinlich verlassen bzw. es ergibt sich schon daraus ein Interessantes Szenario, daß die anderen Mitspieler eine besondere Position erreichen wollen (Vielleicht wird der Erbe auch noch gestürzt, ...). Damit hat man als Spielleiter auch ein Abenteuer, daß man nicht einmal vorbereiten muß .
Ich hoffe, daß an der Idee irgendetwas brauchbares zu finden ist.
Andy
Typ: Bodyguard & Puzzle
Ein weitere Idee, die bei uns gut ankam, ist die Verfolgung nach einem Gegenstand oder einer Person, die die Gruppe beschützen soll. Man kann vorgefertigte Sachen oder auch ganz spontane Kurzabenteuer mit dem eigentlichen Auftrag verbinden. Es sollte so sein, daß jedes Teilabenteuer die Gruppe auch in ihrem eigentlichen Auftrag weiterbringt. So könnten einige Personen nur Informationen herausrücken, wenn man ihnen einen Gefallen tut. Oder man bringt sie natürlich einfach um.
Außerdem kann eine historische Geschichte oder ein Buch die Vorlage zu einer Kampagne bilden (Wir hatten mal die ersten Expeditionen nach Lahsa nachgestellt, es war zwar langwierig, aber interessanterweise hat die Gruppe fast genau so wie das historische Vorbild (ein russischer Oberst) gehandelt).
Als weitere Idee habe ich von einer Geschichte gehört (Midgard Modul, glaube ich), in der die Gruppe mit einem Mal an einem Ort ist und nicht weiß, wie sie dahin gekommen ist. Sie muß nun Sinn und Zweck dieses Ortes erkunden und herausfinden warum sie unter Gedächtnisschwund leidet und wie sie dort hingekommen ist, wo sie ist.
Ein alter Hut ist die Geschichte mit dem mächtigen magischen Gegenstand, der in mehrere Teile zerfallen ist und über das ganze Land verstreut wurde. Nun will ihn irgendeiner unbedingt wiederhaben. Monstermäßige Reisen und Abenteuer folgen, damit die Gruppe die Einzelteile finden und zusammenfügen kann, ob sie ihn abgibt ist ihre Sache, aber da gibt es ja Mittel und Methoden...
Schließlich kann man einem Charakter auch noch mithilfe seiner Jugendgeschichte eine Kampagne anhängen. Er sucht zum Beispiel seinen long lost Brother (`a la Airwolf) den er in seiner Kindheit verloren hat und von dem er nicht glaubt, daß er tot ist. Durch Zufall erhält er in irgendeiner Form Hinweise auf seinen Bruder (Brief, Bild ...etc.) und nun spannt der SC seine Gruppe ein, ihm bei der Suche zu helfen (könnte unter Umständen was kosten) und dabei kann man ja auch viel erleben.
So ich hoffe das reicht,
Ciao
Volker
Typ: "Die harte Welt" oder "No magic please"
Vorgeschichte:
Im Jahre 2100 wird es zur traurigen Gewißheit, daß in etwa 50 Jahren ein
gewaltiger Komet auf die Erde stürzen und diese vernichten wird. Ergo
beginnt die Menschheit mit der Sicherung ihrer Art: Ein gigantisches Raumschiff
wird gebaut, daß eine künstliche Landschaft enthält, die 10.000
Menschen Platz bietet. Dieses Raumschiff startet in Richtung Betelgeuse.
2158 wird die Erde dann zerstört, und die Weltraumreisenden sind allein...
Es dauert nicht lange, bis an Bord alles automatisiert ist. Die Menschen
sitzen herum, grübeln über die Zerstörung ihrer Heimatwelt nach und
geraten langsam in eine gleichzeitig depressive und aggressive Stimmung...
Die Kampagne:
Die Spielercharaktere sind einfache Menschen in einer Welt irgendwo
zwischen Steinzeit und Mittelalter. In meiner Kampagne waren es ein Schmied,
ein Jäger, eine Heilerin und ein Schäfer, denkbar sind auch Barden (ohne
Magie!!), andere Handwerker, Bauern oder Fischer. Es gibt keine Magie in der
Welt, keine Religionen, außer der Anbetung eines einzigen Mannes, der der
Priester genannt wird und von dem man angsterfüllt munkelt, er trage einen
Stab des Todes. Für das geistliche Wohl der normalen Bevölkerung sind die
Heiler zuständig, die die einzigen Intellektuellen in dieser Welt darstellen.
Nur die Heiler können lesen und schreiben, außerdem sind sie in der Lage,
aus den Pflanzen der Umgegend Heiltränke, Aufputschmittel, Gifte und andere
Drogen herzustellen.
Die Charaktere leben in einem kleinen Dorf. In meiner Welt hieß das Dorf Gorn und besaß etwa 30 Einwohner, die in Holzhütten wohnen. Ich empfehle, viele der NPCs schon im Voraus mit Namen zu versehen, einen Charakter im Sinne gewisser Verhaltensweisen oder Beziehungen können sie im Laufe des Spieles erhalten.
Die Welt ist übrigens nicht rund, sondern zylinderförmig. Die Menschen leben im Innern des Zylinders, und die Sonne rutscht in der Zentralachse des Zylinders hin und her. Die Spieler werden sich hierzu ihre Gendanken machen, für die Charaktere ist das ganz normal!!
Unumstrittener Chef des Dorfes ist der Krieger LeGrand. Er ist der, der das Schwert hat, keiner würde an seiner Macht zweifeln. Es gibt in jedem Dorf nur einen Krieger, und der regiert. Das Schwert ist gleichzeitig tödliche Waffe und Statussymbol. Selbstverständlich haben die Charaktere Keine Schwerter. Sie haben auch keine Rüstungen, außer vielleicht Leder. Wenn sie unbedingt Waffen haben wollen (kann sinnvoll sein, z.B. zum Jagen) dann haben sie Dinge, die ihrem Beruf entsprechen: Ein Jäger einen Speer (Es gibt keine Fernkampfwaffen), ein Schmied einen Hammer usw.
Um es kurz zu machen: Man hat auf diese Weise eine herrliche Bühne für wirklich gutes Rollenspiel. Mit hinreichend lebendigen NPCs und guten Spielern (ich hatte sehr gute können sich die herrlichsten Situationen ergeben. Da die Charaktere nicht auf Magie oder überlegene Waffen zurückgreifen können, müssen sie ganz anders agieren als in einer "normalen" Fantasywelt.
Im Laufe der Kampagne werden die Charaktere dann immer mehr vom Wesen ihrer Welt merken:
- Es gibt noch andere Dörfer, außer ihrem.
- Es gibt eine Hauptstadt, in der ein Ritter (mit einer Metallrüstung, die aufgrund der Metallknappheit dieser Welt ein Vermögen wert ist) die Krieger regiert.
- Es gibt auch noch weitere Ritter (insgesamt 5), die wiederum dem Lord und dem Priester unterstehen. Diese beiden besitzen Todesstrahlen.
- Es gibt noch weitere Völker, nämlich Schwarze, die im Mittelteil des Zylinders leben, und Gelbe, die am anderen Ende wohnen. Diese Gelben haben japanische Namen und fast die gleiche Struktur wie die Weißen: Der Lord heißt bei ihnen Shogun, die Ritter Daimyo und die Krieger Samurai. Über die Kultur der Schwarzen habe ich mir wenig Gedanken gemacht, außer daß es dort einen Amazonenstamm gibt, wo die Frauen die Macht haben. Im Land der Spielercharaktere gelten Frauen als schwach und unterlegen.
- Im Lande der Schwarzen gibt es eine gewaltige Leiter, die direkt in den Himmel führt. Eine weitere Leiter führt an der Stirnwand des Zylinders, wo der Lord wohnt, spiralförmig hinauf.
- Erklimmt man eine Leiter, gelangt man in eine merkwürdige Außenwelt, wo alles aus Metall ist (ein Vermögen!!!) und Skelette in komischen Anzügen, wie auch der Priester einen hat, herumliegen. Naja, die Charaktere sind dann halt auf der Kommandoebene des Schiffes und finden alles mögliche Zeug... Als letztes finden sie eine Krankenstation und darin einige gläserne Bottiche mit Leuten drin, von denen sie einen retten können, der ihnen dann die Geschichte der Erde erzählt.
Aber bis dahin kann enorm viel passieren. Wir hatten zwischendurch einen Mord, der aufgeklärt werden mußte, einen Krieg mit den Amazonen, den die Charaktere verhindert haben, ein Ritterturnier, bei dem der Schmied zum Krieger gemacht wurde, anschließend einige Abenteuer in seinem neuen Dorf, daß er als Krieger regierte (Im Wald in der Gegend wohnten Kannibalen) usw. usf.
Als System kann ich RuneQuest empfehlen, da es hier möglich ist, Charaktere zu spielen, die einfach nur Handwerker o.äh. sind. Mit einem stufenbasierten System zu spielen halte ich für extrem schwierig, aber es sollte mit hinreichend Improvisation zu machen sein. Sehr gut zu machen ist diese Welt wahrscheinlich auch ohne Regeln und Würfel, da es eh hauptsächlich auf das Rollenspiel ankommt.
Christian Schotmann