Firuns Atem (1)
2000-01
Eine der größten Stärken des Rollenspiels DSA: Das Schwarze Auge sind seine Regionalbeschreibungen¸ egal ob sie nun als Box oder wie im vorliegenden Fall als Softcover publiziert werden. Insgesamt ist die Phantasiewelt Dere¸ und insbesondere ihr meistbespielter Kontinent Aventurien bereits in weiten Teilen hervorragend ausgearbeitet.
Die Regionalbeschreibung Firuns Atem¸ deckt nun eine weitere (im wahrsten Sinne des Wortes) weisse Stelle der Aventurien-Karte ab und zwar den äußersten Norden. Hier stößt man auf Gegenden¸ in denen immer - oder zumindest den Großteil des Jahres - winterliches Wetter herrscht.
Hier oben herrscht der Eisgott Firun in seinem Reich¸ der im aventurischen Pantheon eine distanzierte Sonderrolle einnimmt. In diesen Gefilden hat man nicht nur gegen Unbillen wie Schneetreiben¸ Tiefsttemperaturen¸ Lawinen und verborgene Spalten zu kämpfen¸ sondern auch gegen die eingeborenen Raubtiere¸ Monster und Firnelfen - die sich an die rauhen Klimabedingungen angepaßt haben.
Der Band beginnt mit einem generellen Rundumschlag über Jahreszeiten¸ die Tücken des Sechsten Elements: Eis und die menschliche Kultur. Bereits hier wird der Sondertypus des Schneegeoden¸ eines Lebensverachtenden Zwergendruiden¸ eingeführt der sich zwar kaum als Spielerfigur anbietet¸ aber auch als NSC für allerlei Unterhaltung sorgen kann.
Sehr mythisch wird es dann schon beim nächsten Abschnitt Die Zitadelle des Eises¸ ein Bauwerk in dem angeblich Firun selbst als Quelle aller Kälte hausen soll.
Das Kapitel Ein wenig weiße Theorie gibt für den Spielleiter sehr interessante Einblicke in die Wechselwirkung zwischen Kälte samt Nebenerscheinungen und den Abenteurern. Das beginnt mit möglichen Tieftemperaturen und deren Benamung¸ den Tücken verschiedener Schnee- und Eissorten¸ am Boden¸ zu Wasser oder in der Luft.
Götter und Glaube liefert einige Sagen über den Gott Firun und seine Wilde Jagd - insgesamt aber kaum befriedigende Informationen¸ die man durch andere Publikationen ergänzen sollte.
Phänomene des Nordens informiert über Nordlicht¸ die lange finstere Firunsnacht und die wunderlichen Tsa-Oasen.
Das Kapitel Firuns grimmes Reich behandelt die verschiedenen Regionen und geht dabei ausführlich auf regionale Besonderheiten ein. Irfins Ozean¸ das nördliche Weltmeer¸ bietet beispielsweise Waale¸ Eisberge und eine stets aufregende Seefahrt. Das Yetiland wo man auch das Tal der Donnerwanderer findet. Das nahezu unpassierbare Gebirge Die Nebelzinnen mit seinen weißen Orks und dem legendären Vulkanglas Obsidian. Die Grimmsfrostöde¸ eine Eiswüste. Wider erwarten ist die unwirtliche Öde stellenweise recht belebt¸ denn in ihr kann man das legendäre Theriak und zahlreiche für Alchimisten interessante Mineralien finden kann¸ weshalb man durchaus mal auf kleinere Ansiedlungen oder Suchtrupps stoßen kann¸ die sich mit der Förderung beschäftigen. Eine sehr umfassend beschriebene Region. zu guter letzt regt Unter Fels und Eis den Spielleiter an¸ daß sich auch das Unterreich durchaus für eine Vielzahl von Abenteuern eignet. Eine Karte mit dem kompletten Reich gibt es am Bandende¸ diese wird natürlich erstklassig durch die drei beigelegten großformatigen¸ farbigen Relief-Landkarten ergänzt.
Im Kapitel Siedlungen im Norden zwei wichtige¸ bzw. typische Ansiedlungen dieser Region beschrieben. So findet man z.B. mit Glyndhaven eine kleinere Stadt¸ die sich mit der Förderung von Bernstein beschäftigt. Reelia ist eine kleine Ansiedlung mit kleinen Geheimnissen¸ wie das um die legendäre Gefrorene Flamme oder den Bärenkult.
Schätze und Handel beschreibt kurz die wichtigsten Handelsgüter¸ wie z.B. Bernstein¸ Bergkristall¸ Obsidian¸ Pelze und Gold - sicherlich genügend Gründe für eine Nordfahrt.
Sprenkel der Zivilisation erläutert die eher geringen Versuche einer Kolonialisierung und des Handels durch die südlichen Reiche.
Richtig interessant wird der Band mit Völker des hohen Nordens¸ denn die bislang veröffentlichten Informationen über Firnelfen halten sich in Grenzen. Leider halten sich auch in diesem Band die Informationen in Grenzen. Wirklich interessant ist der Abschnitt über die Refugien der halbgöttlichen Pardona am Bandende. Hier wiederholen sich auch (sinnvollerweise) einige Informationen aus der Kampagne Die Phileasson-Saga. Außerdem findet man ausführliche Informationen über Yetis¸ Fjarninger (Eisbarbaren)¸ Schneegoblins¸ Nachtalben¸ Affenmenschen¸ Wilde Zwerge und Weiße Orks.
Wer mehr über das namensgebende Schwarze Auge-Artfakt und andere Besonderheiten erfahren möchte¸ ist im Kapitel Die großen Mysterien des Eisreichs genau richtig. Hier findet der geneigte Spielleiter zahlreiche Schmankerl um Anreize für Abenteurer zu schaffen.
Den Rest des Bandes bilden die Persönlichkeiten¸ spärliche aber nicht weniger aufregende Flora und Fauna¸ und das Kapitel Überleben im Eis (für jeden Expeditionsteilnehmer SEHR zu empfehlen!).
Im Anhang erhält der Spielleiter spezielle Regeln zum Spiel in Eis und Schnee¸ den neuen Heldentyp Der Fjarninger und (natürlich) Armalion-Spielwerte für die NSC-Typen.
Technisches:
Firuns Atem bietet eine Vielzahl gut aufbereiteter Texte mit interessanten Informationen die sich direkt im Spiel umsetzen lassen. Die Inhaltsangabe am Bandanfang reicht aus um die 96 Seiten zu bändigen - einen alphabetischen gibt es nicht.
Die Illustrationen sind größtenteils ordentlich und passend zu den Texten¸ muten jedoch stilistisch ein wenig altbacken an. Die drei Relief-Landkarten sind hervorragend¸ und decken sich mit denen aus dem gerade erschienenen Karten-Set Von Thorwal nach Frigorn.
Fazit:
Zwar ist der Preis von 40 DM für 98 Buchseiten recht deftig¸ wird aber durch die beiliegenden Relief-Karten wieder relativiert. Die Lektüre von Firuns Atem hat mir sehr viel Spaß bereitet¸ zumal ich vor kurzem erst an einer solchen "Nord"-Kampagne teilgenommen habe und zahlreiche interessante Anregungen gefunden habe¸ die das Spiel noch mal wesentlich bereichert hätten. Schade daß FanPro keine komplette Neuillustration vorgenommen hat und statt dessen teils sehr alte Illustrationen recycled hat¸ andere - obwohl offensichtlich neu gezeichnete - Illustrationen muten ebenfalls sehr altbacken an.
Mir hat dieser Band insgesamt gut gefallen und ich kann ihn weiter empfehlen.
Dogio the Witch |