Der Lehrling des Zauberschmiedes
2000-01
Geschichten aus Tarkum
Der Lehrling des Zauberschmiedes
Leseprobe
Grimlor betrat zögernd das Refugium seines Meisters. Es konnte gefährlich sein, Tyrfing unangemeldet zu stören. Der alte, grauhaarige Zwerg saß in einem bequemen, mit unzähligen Schnitzereien verzierten Lehnstuhl hinter einem riesigen Arbeitstisch aus Granit. Er beugte sich über eine doppelköpfige Streitaxt, die vor ihm auf der Arbeitsfläche lag. Seine Augen waren geschlossen. Seine großen, schwieligen Hände beschrieben magische Gesten über der Waffe. Ein kaum wahrnehmbares Leuchten schien aus den fleischigen Fingern in das Metall der Waffe zu fließen.
‘Wenn ich ihn jetzt störe,' dachte Grimlor, ‘jagt er mich zum Teufel oder reißt mir gleich selbst den Kopf ab!' So wartete er geduldig auf ein Zeichen, das andeutete, daß der Zauberschmied diesen Teil seiner Arbeit abgeschlossen hatte.
Gedankenverloren blickte er sich in der geräumigen Höhle um. An der gegenüberliegenden Wand, hinter dem Arbeitstisch stand die große Esse. Aus ihr drang noch immer das dunkelrote Leuchten der glühenden Kohlen. Wie oft hatte er schon den riesigen Blasebalg betätigt, während sein Meister ein Werkstück schmiedete. Neben der Schmiede stand der Amboß des Meisters, ein großer, mit Runen übersäter Klotz aus einer Speziallegierung, die härter war als jedes Metall, das Grimlor kannte. Hinter dem Amboß hingen Tyrfings Schmiedehämmer in einem hölzernen Gestell, an der Wand. Sie waren aus der gleichen Legierung gefertigt, wie der Amboß und ebenfalls mit magischen Runen versehen. Daneben stand ein großes Holzfaß, das mit Eiswasser gefüllt war. In ihm wurden die Werkstücke nach jedem Arbeitsgang abgekühlt.
An der rechten Wand lehnte ein schweres Regal aus Eichenholz, das die Bibliothek des Meisters enthielt. Große, in Leder gebundene Bücher bildeten lange Reihen, deren Gewicht die Regalbretter nach unten bog. Die Werke befaßten sich größtenteils mit der Schmiedekunst und verwandten Wissensgebieten. Hier fand man Abhandlungen über Metallurgie, Erzabbau und -Schmelzung, Waffen- und Rüstungskunde, Schmiedetechniken und Werkzeuge zur Metallverarbeitung. Die Schätze der Sammlung standen auf den oberen beiden Regalbrettern. Hier befanden sich große, mit Metall beschlagene Folianten, die das gesamte Wissen der zwergischen Zauberschmiede enthielten. Einige dieser Bücher waren so alt, wie die Kunst der Zauberschmiede selbst, andere hatte sein Meister eigenhändig geschrieben. Bisher hatte Grimlor noch keinen Blick in diese Bücher werfen dürfen. Seine Grundausbildung war noch nicht abgeschlossen.
Neben dem Regal stand ein niedriger Schrank, in dem sich Tyrfings Bar befand. Die meisten Getränke waren für Grimlors Geschmack zu stark. Für Gäste standen hier aber auch Met und Wein bereit.
In der Wand zur Linken war der Durchgang zum Wohnraum des Meisters, einer Höhle, die Grimlor in den langen Jahren seiner Ausbildung nicht ein einziges Mal betreten hatte. Dieser Raum war Tyrfing heilig.
Grimlors Blick wanderte zurück zu dem großen Arbeitstisch. Er war aus einem einzigen, gewachsenen Granitblock gehauen. Die Runen, die in seine Oberfläche gemeißelt und mit Gold und Silber ausgelegt waren, funkelten im roten Schein der glühenden Esse. Einige dieser Runen kannte Grimlor schon, andere würde er erst kennenlernen, wenn seine Grundausbildung beendet sein würde und er seinem Meister einige Zeit als Geselle gedient hatte. Vor dem Arbeitstisch standen zwei hohe Lehnstühle aus Buchenholz. Sie waren, genau wie der Stuhl des Meisters, reich mit Schnitzereien verziert.
Tyrfings rauhe Stimme riß Grimlor aus seinen Gedanken: "Was gibt es, Junge?" Der Meister hatte von seiner Arbeit aufgeblickt und schaute ihn mit seinen harten, eisgrauen Augen an. ‘Ein Blick unter dem man sich nackt fühlt,' dachte Grimlor, ‘der bis in die tiefsten, geheimen Abgründe der Seele vordringt.' Tyrfing war kein Mann, vor dem man Geheimnisse hatte.
"Ein Elf steht vor den Toren Silberheims. Er wünscht euch zu sprechen, Meister." Die Stirn des Zauberschmiedes runzelte sich zu einer Ansammlung tiefer Schründe und Falten. "Hat er gesagt, was er will?" Grimlor trat unruhig von einem Fuß auf den Anderen. "Er sagte, sein Name sei Kuthalion." Das Gesicht seines Meisters nahm einen überraschten Ausdruck an. "Beschreibe ihn!" Forderte er. Wie beschrieb man einen Elfen? Die sahen doch alle gleich aus! "Er ist groß und schlank, Meister. Er trägt die Kleidung eines Waldläufers: Leder in den Farben der Pflanzen und der Erde." Tyrfing grunzte unwillig. ‘Das paßt auf jeden Elfen, der je auf Tarkum gelebt hat! Beschreibe mir seine Waffen." Da brauchte Grimlor nicht lange zu überlegen. Als Schmied interessierte er sich von Berufswegen für Waffen. "Er trägt ein langes Schwert auf dem Rücken - größer als ein Langschwert, aber kürzer als ein Bihänder. In der Linken hält er einen Bogen aus weißem Holz. An der Hüfte hatte er einen Köcher befestigt. Die Pfeile darin tragen rote Federn." "Ja, das könnte er sein," murmelte der Zauberschmied gedankenverloren. "Führe ihn zu mir."
Damit war Grimlor entlassen. Er verließ die Gemächer seines Meisters und ging durch die dunklen Gänge Silberheims zur Eingangspforte. Die beiden Wächter standen immer noch zwischen dem Elfen und dem Tor. Sie hielten ihre Äxte bereit, versuchten aber gleichzeitig, nicht zu unfreundlich zu wirken.
‘Keine Chance,' dachte Grimlor. ‘Aber sie haben schon recht. Wenn der Elf wirklich ein Bekannter des Meisters ist, sollte man ihn nicht verärgern. Keiner zieht sich gerne Tyrfings Groll zu!' Er wandte sich den Wachen zu, die sichtlich erleichtert waren, daß sie nun der Verantwortung für den Elfen enthoben wurden. "Es ist in Ordnung, Alaric. Der Meister wünscht ihn zu sehen."
Zu dem Elfen sagte er: "Wenn Ihr mir bitte folgen wollt, mein Herr. Tyrfing erwartet euch." Die melodische Stimme des Elfen erklang und schien den Gesang der Vögel übertreffen zu wollen. "Geht nur voran, mein Freund. Ich wäre euch allerdings sehr verbunden, wenn Ihr eine Fackel entzünden würdet, damit ich in den dunklen Gängen Eurer Behausung etwas sehen kann." Daran hatte Grimlor nicht gedacht. Elfen konnten zwar gut in der Dunkelheit der Nacht sehen, aber in den finsteren Höhlen Silberheims, die kein Lichtstrahl erhellte, wäre er hilflos wie ein Blinder.
Er ging zu einer Truhe, die neben dem Eingang an der Wand stand. In ihr hatten die Zwerge Laternen, Feuerstein und Stahl verstaut, falls ein Besucher durch die lichtlosen Hallen Silberheims geführt werden sollte. Er entzündete eine Lampe und reichte sie dem Elfen. "Verzeiht meine Gedankenlosigkeit, mein Herr." Kuthalion sah ihm einen Moment prüfend ins Gesicht. Seine rehbraunen Augen schienen, genau wie die des Meisters, direkt in seine Seele zu blicken. Dann lächelte der Elf. "Ich habe es nicht als Beleidigung aufgefaßt." Grimlor nickte. Er ging voran und führte den Fremden zum Refugium seines Meisters.
Alte Freunde
Grimlor öffnete die Türe. Der Zauberschmied saß noch immer in seinem Lehnstuhl. Die Streitaxt hatte er beiseite gelegt. Er nickte Grimlor knapp zu und deutete auf die beiden Stühle vor seinem Arbeitstisch. Der Lehrling trat zur Seite und winkte den Elfen herein. Als der Fremde die Höhle betrat, erhob sich Tyrfing und kam um den Arbeitstisch herum. Freude glänzte in den Augen des alten Zwerges. Auch der Elf schien glücklich, den Zauberschmied zu sehen. Sie gingen aufeinander zu und umarmten sich. Es war ein komischer Anblick. Der Zwerg ging dem Elfen nur knapp bis zur Brust, war aber doppelt so breit. Es schien, als würde er Kuthalion mit seiner Bärenumarmung in der Mitte durchbrechen. Grimlor verkniff sich ein Grinsen.
Schließlich lösten sich die beiden ungleichen Freunde wieder voneinander. Tyrfing wies auf einen der Lehnstühle vor seinem Arbeitstisch und winkte Grimlor, auf dem anderen Platz zu nehmen. Bisher war kein Wort zwischen ihm und dem Elfen gewechselt worden. Als seine Gäste sich gesetzt hatten, ging der Zauberschmied zu seinem Schrank und holte drei Becher und eine Karaffe aus dunklem Glas heraus - eine Aufgabe, die normalerweise Grimlor zugefallen wäre. Er stellte die Becher auf dem Arbeitstisch ab und füllte sie mit einer goldgelben Flüssigkeit. Nun nahm auch Tyrfing wieder Platz, prostete dem Elfen und Grimlor zu und nahm einen tiefen Schluck.
Als die Flüssigkeit Grimlors Gaumen benetzte, riß er verwundert die Augen auf. Sie war leicht ölig und würzig, gleichzeitig schmeckte sie blumig und mild. Elfenwein - ein Schatz außerhalb des Elfenreiches Elgaroth.
Der Elf schloß die Augen und gab sich ganz dem seltenen Genuß hin. "Ah! Ich sehe, du weißt immer noch, wie man einen Gast bewirtet." Der Zauberschmied lächelte - etwas, das man noch seltener erlebte, als den Geschmack von Elfenwein. "Willst du jetzt Förmlichkeiten austauschen, oder sagst du mir, was Dich nach all den Jahren bewogen hat, meine bescheidene Behausung aufzusuchen?" Jetzt lächelte auch Kuthalion. "Du hast dich nicht verändert, wie ich sehe. Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich habe dich vermißt, mein Freund." Der alte Zwerg schaute sein Gegenüber nachdenklich an. "Was ist Dein Problem, Spitzohr?" Das Lächeln des Elfen verwandelte sich in ein breites Grinsen. "Ich brauche Deine Hilfe, Spielzeugmacher."
Grimlor wurde blaß. Er erwartete, daß sein Meister aufsprang und diesem unverschämten Kerl den Schädel einschlug. Statt dessen lachte der Zauberschmied - ein Geräusch, das Grimlor noch nie gehört hatte. "Das habe ich vermißt, mein Freund. Du weißt, daß ich alles tun werde, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen."
Grimlor entspannte sich. Die beiden Freunde wandten sich ihm zu und bemerkten seinen verdutzten Gesichtsausdruck. Dann brachen sie in schallendes Gelächter aus. Grimlor rutschte verlegen auf seinem Stuhl hin und her. Schließlich hatte sein Meister Erbarmen mit ihm.
"Entschuldige, mein Junge. Die Freude des Wiedersehens hat mich meine guten Manieren vergessen lassen. Kuthalion, darf ich dir meinen Lehrling vorstellen: Grimlor, Sohn des Walathor aus dem Clan Hammerfaust. Ich hoffe er wird eines Tages mein Erbe als Zauberschmied antreten. Grimlor, dies ist Kuthalion, ein alter Klingengefährte aus der Zeit, als ich noch durch Tarkum gezogen bin, um Abenteuer zu erleben."
Die Beiden nickten sich freundlich zu. "Nun, Kuthalion," fuhr Tyrfing fort, "erzähle uns endlich, wo dich der Schuh drückt. Muß ich wieder mal einen Drachen für dich erschlagen?" Bei diesen Worten verschluckte sich Grimlor an seinem Elfenwein. Er hustete krampfhaft und prustete dabei einige Tropfen des unbezahlbaren Getränkes auf den Arbeitstisch. Dort, wo die Flüssigkeit auf die Runen traf, verdampfte sie zischend. "Vorsicht, Junge," rügte der Zauberschmied. "Dem Tisch macht das nichts aus, aber der Wein ist nun wirklich zu kostbar, um ihn durch die Gegend zu spucken!" Der Lehrling würgte schwer. "Entschuldigt, Meister," konnte er zwischen zwei Hustenanfällen hervorbringen.
Der Elf lächelte verständnisvoll. "Mir scheint, du hast Deinem Lehrling nicht sehr viel von Deiner Vergangenheit erzählt, alter Freund." Der alte Zwerg sah Kuthalion vorwurfsvoll an. "Er soll die Kunst der Zauberschmiede erlernen, nicht das Geschichten Erzählen! Er wird bei mir lernen, Ehrfurcht vor dem Wissen und der Macht seiner Zunft zu haben. Dabei soll er sich nicht von Ammenmärchen über die Heldentaten seines Meisters ablenken lassen!"
Tyrfing füllte ihre Becher aufs neue, wobei er Grimlor ermahnend anstarrte. "Wir warten immer noch auf Deine Geschichte, Kuthalion," brummte er.
Das Verhängnis der Elfen
Kuthalion versuchte, es sich in dem Stuhl, der für seine Körpermaße viel zu niedrig, dafür aber viel zu breit war, bequem zu machen. "Ich muß eine wenig ausholen, damit Ihr die Zusammenhänge versteht. Es begann vor drei Monaten. Plötzlich fingen die Pflanzen im Elfenwald zu welken an. Auch die Tiere wurden krank. Es war ein langsamer Vorgang, der an wenigen, kleinen Stellen begann, sich von dort aus aber unaufhörlich ausbreitete. Mittlerweile dürfte etwa ein Viertel des Waldes davon betroffen sein. Du kannst dir vorstellen, wie sehr mein Volk darunter leidet."
Der Zauberschmied nickte. "Nichts ist den Elfen wichtiger, als ihre Wälder."
"Wir haben lange nach einer Ursache für diese Krankheit gesucht," fuhr der Elf fort. "Schließlich fanden wir auf einer kleinen, abgelegenen Lichtung einen Obelisken, der in einem Kreis von sieben Kinderkopf großen, schwarzen Steinen stand. Einer unserer Elfenjäger wollte den Obelisken untersuchen. Als er den Steinkreis betrat, stürzte er zu Boden und wälzte sich unter unsäglichen Schmerzen. Wir konnten ihn nicht retten. Unsere Magier und Gelehrten untersuchten daraufhin den Steinkreis, fanden aber keine Möglichkeit, ihn zu durchdringen oder zu zerstören."
Grimlor grinste. "Das wird dann wohl Eure Aufgabe sein, Meister." Der alte Zwerg sah ihn durchdringend an. "Es ist weder sehr höflich, noch sehr weise, jemanden bei seiner Erzählung zu unterbrechen," brummte er. Dann wandte er sich wieder seinem Gast zu. "Entschuldige das Ungestüm der Jugend, alter Freund. Fahre bitte fort." Der Elf nickte.
"Von außerhalb des Steinkreises konnten wir eine Inschrift auf dem Obelisken erkennen. Neben uns unbekannten, magischen Runen standen dort auch einige Worte in der Elfenschrift. Ich habe dir eine Abschrift davon mitgebracht."
Mit diesen Worten griff Kuthalion in sein Wams und zog eine Pergamentrolle heraus, die er dem Zauberschmied übergab. Nachdem der alte Zwerg sie studiert hatte, reichte er sie an seinen Lehrling weiter. Grimlor fiel es schwer, die geschwungene Elfenhandschrift zu lesen. Dort stand geschrieben:
Meinen Gruß, Bewohner des Waldes von Elgaroth!
Ihr habt es gewagt, Euch meinen Truppen entgegen zu stellen, und meinen Eroberungsfeldzug zu behindern. Ein solcher Akt blasphemischen Ungehorsams darf nicht ungesühnt hingenommen werden.
Lange habe ich überlegt, welche Strafe euch wohl am empfindlichsten treffen würde. Schließlich kam ich zu der Überzeugung, daß der Tod Eures Waldes das Schlimmste wäre, was Euch zustoßen könnte. Es hat mich einiges an Zeit und Mühen gekostet, das vor euch stehende Meisterwerk der schwarzen Magie zu erschaffen. Doch ich bin überzeugt, daß es der Mühe lohnt! Ich werde euch durch meinen magischen Spiegel beobachten und mich an Eurer Qual weiden!
Möge sie lange währen!
Wenn Eure Heimat in Fäulnis und Verwesung liegt, werde ich meine Truppen entsenden, um Eurem kümmerlichen Dasein ein gnädiges Ende zu bereiten. Dann wird die Rasse der Elfen endgültig aus der Geschichte Tarkums getilgt werden, und Eure dummen Ideale werden mit Euren Knochen im fauligen Boden Elgaroths verrotten.
Draka von Karthul
"Mir scheint, dieser Draka hat etwas gegen das Volk der Elfen," meinte Grimlor schließlich. "Draka ist eine Frau," erklärte Kuthalion. "Sie hat einst das Volk der Orks mit ihrer schwarzen Magie verhext und wollte ganz Tarkum unter ihre Herrschaft zwingen. Die Elfen haben die Orkarmeen in der entscheidenden Schlacht geschlagen - mit Hilfe Deines Meisters und einiger Anderer. Es scheint mir, daß sie einen Weg gefunden hat, Rache zu nehmen."
Tyrfing leerte seinen Becher und schenkte ihnen nach. "Erzähle weiter, Kuthalion," forderte er den Elfen auf.
"Wir wissen, wo Karthul, Drakas Burg, steht. Der hohe Rat beschloß, einen Trupp Elfenjäger unter Führung meines Sohnes Anarion auszusenden. Sie sollten versuchen, Draka mit allen Mitteln zu zwingen, ihren Bann von dem Wald zu nehmen. Bis heute ist keiner der Männer zurückgekehrt. Mein Sohn ist entweder tot, oder er befindet sich in den Klauen der Hexe!"
Der Zauberschmied nickte langsam. "Mich wundert, daß Du nicht längst losgezogen bist, um ihn zu befreien." Der Elf schüttelte den Kopf. "Es geht hier um den Fortbestand des Elfenvolkes. So schmerzlich der Verlust meines Sohnes für mich ist, ist es doch wichtiger, daß der Obelisk unschädlich gemacht wird. Er zerstört die Pflanzen und tötet die Tiere. Damit beraubt er uns unseres Lebensraumes. Erst wenn der Wald gerettet ist, kann ich mich um das Schicksal meines Sohnes kümmern."
Der alte Zwerg seufzte schwer. "Es schmerzt mich tief, dich so leiden zu sehen, alter Freund. Hast du schon jemand anderen um Hilfe gebeten?" Der Elf schüttelte verneinend den Kopf. "Mein erster Gedanke galt dir. Wenn du den Obelisken nicht unschädlich machen kannst, kann es niemand! Danach werde ich mich auf die Suche nach meinem Sohn begeben. Ich habe einen Boten nach Medraut und Oldret geschickt, um sie für meine Sache zu gewinnen." Tyrfing lächelte beim Klang der vertrauten Namen. „Und nach Harkan," fügte Kuthalion vorsichtig hinzu. Sofort schwand das Lächeln von den Zügen des Zauberschmiedes. "Ich weiß nicht, wie dieser alte Possenreißer Dir nützlich sein sollte," brummte er. „Meiner Hilfe kannst du jedenfalls sicher sein. Wir werden morgen, nach dem Frühstück nach Elgaroth aufbrechen."
"Meister," begann Grimlor mit rauher Stimme und wunderte sich gleichzeitig, woher er den Mut nahm, seine Bitte vorzutragen. "Darf ich euch begleiten?" Wieder durchbohrten ihn die eisgrauen Augen des Zauberschmiedes. "Das ist kein Spiel, mein Junge. Ich würde es nicht einmal als Abenteuer bezeichnen. Die Chancen, daß wir es schaffen, Karthul zu betreten stehen nicht gut. Die Chance, lebend wieder heraus zu kommen, ist noch viel geringer. Außerdem mußt du Deine Studien hier fortsetzen."
Der Lehrling schluckte schwer. "Meister, wie könnte ich hier alleine und ohne Eure Anleitung studieren? Meine Grundausbildung ist noch nicht abgeschlossen. Außerdem, was wäre, wenn euch etwas geschieht? Ihr seid der letzte der Zauberschmiede. Es gäbe niemanden mehr, der die Kunst der Zunft lehren könnte!" Der alte Zwerg lächelte seinen Schüler an. "Es wäre viel schlimmer für die Zunft, wenn dir etwas geschähe, mein Junge. Du bist sehr talentiert und die Magie ist stark in dir - eine seltene Gabe bei unserem Volk. Deine Grundausbildung ist fast beendet. Selbst, wenn mir etwas zustoßen sollte, könntest du Deine Ausbildung mit Hilfe dieser Bücher abschließen." Er deutete auf die oberen Reihen seines Regals "Wer weiß, ob ich in der Lage wäre, einen weiteren Lehrling zu finden und auszubilden. Du bist die Zukunft der Gilde, nicht ich. Es ist wahrscheinlicher, daß die Kunst der Zunft verlorengeht, wenn dir etwas geschähe, als wenn ich stürbe."
Kuthalion lehnte sich in seinem Stuhl vor und schaute dem alten Zwerg in die Augen. "Wo könnte der Junge sicherer sein, als unter Deinem Schutz, alter Freund. Außerdem bin ich gerne bereit, meinen Teil zu tun, um das Wohlergehen Deines Schülers zu gewährleisten."
Grimlor lächelte den Elfen dankbar an. Sein Meister lächelte nicht. Seine Stirn hatte sich wieder in Falten gelegt und seine Augen funkelten streng. "Das gibt mir eine Kämpfertruppe. Ein junger Zwerg, so grün, daß ihm kaum ein Bart gewachsen ist, ein Elfenkrieger, der sich vor Sorge um seinen Sohn und sein Volk verzehrt, und ein Zwergengreis, dem seine Axt zu schwer geworden ist." Kuthalion zwinkerte Grimlor zu. "Damit ist es entschieden, junger Freund. Packe Deine Sachen. Morgen, in aller Frühe reisen wir nach Elgaroth!"
Liebe Leserinnen und Leser, Dies war die Leseprobe meines bald erscheinenden Romans. Wenn Ihr jetzt gespannt seid, wie die Geschichte weitergeht, und mehr über Grimlor, Tyrfing und Kuthalion lesen wollt, würde ich mich sehr darüber freuen. Der Roman erscheint im Oktober, wahrscheinlich zur Spielemesse. Sobald ich ein genaues Datum, die ISBN-Nummer bzw. Bezugsadressen weiß, werden diese Informationen hier oder auf meiner Homepage bekanntgegeben. Wer mir gerne seine Meinung zur Leseprobe oder auch zum ganzen Buch mitteilen möchte, ist herzlich willkommen. Ich freue mich immer, wenn man mich auf Fehler hinweist. Nur so kann ich versuchen, sie demnächst zu vermeiden. Vielen Dank für Euer Interesse und hoffentlich bis bald |
Bernd 'Tyrfing' Spilker www.Tarkum.de |