DSA: Reise zum Horizont
2000-01
Da mein DSA-Rezensent Frank Reiss derzeit zeitlich nicht zum Schreiben der Rezension in der Lage ist *seufz*¸ hat mir erfreulicherweise der Chefredakteur des E. eine seiner Rezensionen zur Verfügung gestellt.
Die Reise beginnt mit einem Anschlag: "Güldenlandexpedition geplant! Gesucht werden noch für dieses Frühjahr unerschrockene Kämpen von untadeligem Gebaren zur avesgefälligen Erkundung der unbekannten Gestade jenseits des Meeres der Sieben Winde."
Einige der erfolgreichsten Abenteuer des Schwarzen Auges sind Seefahrerabenteuer¸ darunter die legendäre Weltumsegelung Phileasson Foggwulfs und die schon etwas ältere Südmeerkampagne¸ die derzeit ihrer Neuauflage harrt. Die Reise zum Horizont reiht sich bewusst in diese Reihe ein und bildet¸ obwohl es kein direktes Nachfolgeabenteuer geben wird¸ den Auftakt zur Myranorkampagne.
Die Helden heuern zu Beginn des Abenteuers auf einem der drei Schiffe an¸ die im Auftrag des Horasreiches (beziehungsweise des Mittelreiches - man kooperiert hier) und unter der Führung der erfahrenen Güldenlandfahrerin Harika das Güldenland ansteuern sollen (und dort einen ganz besonderen Auftrage haben¸ den die Helden jedoch - zumindest jetzt noch nicht - erfüllen werden). Natürlich gibt es eine Menge Gefahren zu überwinden¸ die auf der Reise (aber auch in deren Vorfeld) lauern¸ bevor man am Ende einen Haufen Abenteuerpunkte einheimsen kann. In der Tat kann ich mich spontan an kein Abenteuer erinnern¸ das ebenso viele Erfahrungspunkte vergibt wie Reise zum Horizont.
Fast das gesamte erste Drittel des knapp 90seitigen Abenteuers spielt noch auf dem aventurischen Kontinent. Und es gibt in der Tat eine Menge aventurische Gegner¸ die die Güldenlandfahrt verhindern wollen und durchaus harte Geschütze auffahren - in der Tat scheitert die Expedition wegen der heftigen Attacken ihrer Gegner beinahe. Der erste Teil dient aber ebenso dazu¸ in aventurischen Quellen Nachforschungen über das Ziel der Fahrt anzustellen und - letztlich - Abschied zu nehmen von Aventurien¸ denn die Reise zum Horizont ist gleichzeitig (zumindest vorerst) eine Reise ohne Wiederkehr.
Das zweite Drittel spielt auf dem Meer der Sieben Winde. Erst auf See erhalten die Helden ihren eigentlichen Auftrag und müssen auf der 3.000-Meilen Reise gegen Geisterschiffe¸ Seemonster und Stürme bestehen. Eine Gruppe von Verfolgern stellt ebenso eine Gefahr dar wie die Spione und Attentäter auf dem Schiff. Die Autoren Thomas Finn und Anton Weste lassen kein Klischee einer Seereise aus¸ bleiben jedoch nicht dabei¸ sich auf die klassischen Seefahrerthemen zu beschränken.
Während der Reise gibt es Gelegenheit zu diversen Agenten- oder Detektivintermezzi¸ deren Ausgestaltung jedoch dem Meister überlassen bleibt.
Schließlich - soviel sei verraten - erreicht man nach 76 Tagen auf See das langersehnte Ziel¸ und für die Helden ist die Zeit gekommen¸ ihren Auftrag zu erfüllen. Mehr sei hier nicht verraten¸ bis auf dass der Schluss zum Abenteuer passt wie er besser nicht passen könnte¸ und die Heldengruppe möchte ich sehen¸ die am Ende der Reise zum Horizont zusammenpackt und nicht sofort weiterspielen möchte!
Den Rest des Bandes nimmt der Anhhang ein¸ der besonders umfangreich geraten ist. Personen¸ Schiffe und Besatzung sowie Artefakte des Abenteuers werden ausführlich beschrieben. Der Umfang des Anhangs mag berechtigt sein¸ da die Schiffe und ihre Besatzung für 76 Tage nahezu die einzige Umwelt der Helden sein werden¸ allerdings bedeutet das auch viel Vorbereitungsarbeit des Meisters¸ der ständig bereit sein muss¸ drei Schiffe und ihre Besatzung zu beschreiben.
Überhaupt ist Reise zum Horizont nicht einfach zu leiten: Zwar sind die Ereignisse auf der Reise chronologisch und übersichtlich angeordnet¸ allerdings haben die Autoren aus Platzgründen auf eine genaue Ausformulierung verzichtet¸ sodass der Meister mehr ein Erzähler ist.
Diesen Schwierigkeiten zum Trotz ist Reise zum Horizont der Start für eine Güldenlandkampagne und darf eigentlich in keinem Schrank fehlen¸ in dem schon die Myranor-Box steht. Wie¸ nix zu meckern? In der Tat lassen Finn/Weste (diese Namen wird man in Zukunft wohl öfter zusammen hören) kaum Raum für Kritik. Das einzige¸ was mir ein wenig zu unausgearbeitet vorkommt¸ ist die Stimmung in der Mannschaft: Gleich zu Beginn der Reise werden sie mit Dingen konfrontiert¸ mit denen sie bisher wahrscheinlich wenig zu tun hatten; Mord und Verrat suchen die Schiffe heim¸ ohne dass dies eine wirklich extreme Spannung innerhalb der allzu homogen wirkenden Mannschaft wirkt. Ein bisschen mehr Raubeinigkeit wäre meiner Ansicht nach "seemännischer".
Trotzdem: Wer das Güldenland entdecken will¸ kommt an Reise zum Horizont nicht vorbei. Wer jedoch nicht vorhat¸ das Güldenland zu entdecken¸ der sollte dem Anschlag vom Anfang möglichst entgehen...
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